Illustration: Lia Kantrowitz
Vor E-Mail-Affären, Militäranschlägen und der Versteigerung von Monica Lewinsky Kleidern reichten weitaus nichtigere Anlässe, um Hillary Clinton zum Zentrum eines Skandals zu machen. In dem Buch The Choice: How Bill Clinton Won von 1996 schrieb der Autor Bob Woodward, der noch nie um einen guten Aufreger verlegen war, dass die ehemalige First Lady während der Amtszeit ihres Mannes von Zeit zu Zeit mit Eleanor Roosevelt und Mahatma Gandhi tratschte – allerdings nicht mit Jesus, das wäre "zu persönlich" gewesen.
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Natürlich ließen die reißerischen Interpretationen nicht lange auf sich warten und schon bald hieß es, dass Clinton Séancen im Weißen Haus abhalte. Bedauerlicherweise war der ganze Spaß schnell beendet, nachdem sich die amerikanische Psychologin Jean Houston klarstellte, dass Clintons Gespräche nichts weiter als "imaginative Übungen" wären, die ihr beim Schreiben ihres Buchs halfen. Während Clintons Kontakte ins Jenseits also eine Fiktion blieben, waren einige andere First Ladys dem Okkulten weniger abgeneigt. Ob sie mit den Toten sprachen oder sich ihre Zukunft aus der Hand ablesen ließen – der Spiritualismus hatte auf viele First Ladys eine große Anziehungskraft. Irgendwie muss sich der Stress, den das Leben im Weißen Haus mit sich bringt, ja bewältigen lassen.Mehr lesen: Spuk-Austreibung auf Anruf – die Geisterjägerin von Solingen
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Natürlich ist es möglich, dass manche First Ladys ihre spirituellen Praktiken besser unter Verschluss hielten als andere. Bekannt ist allerdings, dass fünf von ihnen – Jane Pierce, Mary Todd Lincoln, Edith Wilson, Florence Harding und Nancy Reagan – ein moderates bis intensives Interesse am Okkulten hatten, sagt Pat Kruder. Er ist Geschäftsführer der National First Ladies' Library in Canton im US-Bundesstaat Ohio. Auf dieser Liste könnten aber genauso gut auch Grace Coolidge, Eleanor Roosevelt, Lady Bird Johnson und Jackie Kennedy stehen, die alle behaupteten, dass sie während ihrer Zeit im Weißen Haus den Geist von Lincoln gesehen oder seine Präsenz gespürt hätten. Im Gegensatz zu den anderen holten sie sich aber keine Astrologen oder andere Medien ins Haus. Auf die Frage, warum die First Ladys der Faszination für das Okkulte erlagen, sagt Krider: "Menschen suchen verzweifelt nach Hilfe, nach Antworten und greifen manchmal auch zu extremen Maßnahmen."
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"Gott, hilf mir nun, in meiner Verbitterung meine Fehler zu korrigieren, wenn oh! es doch zu spät für dich ist, davon zu profitieren – und nun an diesem Sabbatabend wirst du vor mir in meiner Fantasie erscheinen und ich werde nah bei dir sitzen, vielleicht mit deiner Hand in meiner oder du wirst dich auf dem Sofa an mich lehnen oder ein Weilchen auf meinem Schoß sitzen, wie du es am Sonntagabend immer getan hast", schrieb Pierce.Entschlossen ihren Sohn zu erreichen, lud Pierce die Fox-Schwestern, die New Yorker Schlüsselfiguren in der Bewegung des modernen Spiritualismus, zu Séancen ins Weiße Haus ein. Angeblich ließen sie die Séancen eine Zeit lang zur Ruhe kommen. Doch das Ganze hielt nie lange an. Auf der Webseite des Weißen Hauses heißt es, dass das Paar zum Ende der Amtszeit ihres Mannes, "für ihre Gesundheit längere Auslandsreisen machte. Sie trug Bennys Bibel auf den Reisen immer bei sich. Ihre Anstrengungen blieben allerdings erfolglos. Also gingen sie zurück in ihre Heimat in New Hampshire, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1863 im Kreis ihrer engsten Familie und Freunde lebte. Sie wurde nahe Benny begraben."Angeblich ließen sie die Séancen eine Zeit lang zur Ruhe kommen. Doch das Ganze hielt nie lange an.
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Dieser Glaube an das Übernatürliche setzte die Frauen natürlich auch öffentlicher Kritik aus. In einem weiteren Artikel über Harding und ihre beste Freundin, der 1986 in der Washington Post erschien, spricht derselbe Autor von der "verdächtigen Obsession" der First Lady für das Okkulte.Gegen Ende der Amtszeit von Ronald Reagan sprach der Pressesprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, mit der New York Times über Reagans Vorliebe für die Astrologie. Kurz zuvor hatte der ehemalige Stabschefs des Weißen Hauses, Donald T. Regan, in seinen Memoiren über die spirituellen Gewohnheiten des Paars gesprochen. "Es stimmt, dass sich Misses Reagan für Astrologie interessiert", sagte Fitzwater. "Das war vor allem in der Zeit nach dem Mordanschlag im März 1981 der Fall. Sie war sehr besorgt um das Wohlergehen ihres Mannes und die Astrologie hat dabei eine Rolle gespielt.""Sie war sehr besorgt um das Wohlergehen ihres Mannes und die Astrologie hat dabei eine Rolle gespielt."
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Obwohl Clintons "imaginative Übungen" wohl kaum als spirituelle oder okkulte Praktik bezeichnet werden können, wurden auch ihre imaginären Gespräche mit Roosevelt zum Gespött. "[Die Öffentlichkeit] glaubt, dass der Präsident und die First Lady primär traditionelle Glaubensvorstellungen haben sollten", sagt Krider. "Viele nehmen an, dass der Glaube [an das Okkulte] als unchristlich betrachtet würde."Wenn man aber einen Moment innehält und versucht, in Nancy Reagan eine ganz normale Ehefrau zu sehen, die entsetzt auf die Möglichkeit reagierte, dass ihr Mann sterben könnte – und man in ihr nicht die Frau sieht, die sich in den 1980er-Jahren zurückgelehnt und zugesehen hat, wie die USA durch die AIDS-Epidemie getroffen wurden –, dann kann man mit Kriders abschließendem Worten vielleicht sogar ein wenig sympathisieren: "First Ladys sind genau wie du und ich. Sie haben Probleme im Leben und sind verzweifelt auf der Suche nach Antworten."Folgt Broadly bei Facebook, Twitter und Instagram.Mehr lesen: Wie Anti-Trump-Hexen und 4Chan-Magier um die Zukunft der USA kämpfen