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Versucht lieber nicht, aus dem ESC Profit zu schlagen

Obwohl es ziemlich verlockend scheint, solltet ihr lieber nicht auf die Idee kommen, ESC-Touristen abzuzocken.
Titelbild von search ticket via photopin

Mit dem Eurovision Song Contest steht uns rund um den 23. Mai wahrscheinlich der riesigste Tourismus-Tsunami der letzten Jahre und eine Cordoba-eske Welle an Österreich-Liebesbekundungen bevor, die der Stadt ziemlich viel Geld in den Rachen und dem Rest der Wiener wahrscheinlich unangenehm viel Glitzer, Körperflüssigkeiten und durchschnittliche bis schlechte Musik ins Leben spülen wird.

Völlig entgehen wird dem ESC-Wahn wohl niemand von uns (außer ihr haltet euch äußerst streng an diesen gut gemeinten Guide), und wenn man schon von lila-farbenen Bims und aufgedrehten Party-Pilgern zwangsbeglückt wird, wollen es sich einige Ansässige bestimmt nicht nehmen lassen, auch ein kleines Stück vom Kuchen zu bekommen. Denn schließlich haben wir doch alle einen Beitrag zur neuen Toleranz Europas—und viel wichtiger, der Tatsache, dass uns der ESC dieses Jahr guten Grund gibt, tagelang aus Patriotismus durchzusaufen—geleistet, richtig?

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Wenn ihr aus dem ESC Profit machen wollt, solltet ihr aufpassen, denn die Grenze zur Kleinkriminalität verschwimmt hier schneller, als ihr denkt. Wir sagen euch, was ihr machen könnt, ohne straffällig zu werden—was zugegebenermaßen nicht viel ist—und was ihr lieber nicht machen solltet, wenn ihr euren Gewinn nicht sofort in eure eigene Kaution oder eine Verwaltungsstrafe investieren wollt. Und wenn ihr wirklich darüber nachdenkt, euch an Conchitas Verdienst und dem riesigsten Kommerz-Event meiner Lebzeiten zu bereichern, stellt euch die Frage: Wollt ihr die Louis Vuitton-Taschen-Verkäufer der großen Völkerverständigungs-Extravaganza sein? Also sagt nicht, wir hätten euch nicht gewarnt.

EURE WOHNUNG AUF AIRBNB VERMIETEN

Dass manche von uns ihre Wohnungen mittlerweile gewerbsmäßig auf Airbnb anbieten und sie extra dafür einrichten, als stammen sie direkt aus einem Interior-Tumblr, ist kein Geheimnis mehr. Wenn ihr das vorhabt und für die Zeit des ESC euer kleines, verdrecktes Kabinett ausmisten und vermieten wollt, tut euch keinen Zwang an. Solange euch die Wohnung entweder gehört oder ihr kein Untermietverbot in eurem Mietvertrag stehen habt, könnt ihr euch in der Grauzone Airbnb frei bewegen und Touristen in eurer ansonsten eher grindigen Wohnung unterbringen. Zumindest passiert das in der Praxis genau so, aber bitte beruft euch vor Gericht nicht darauf, dass wir gesagt haben, das wäre OK so!

Lasst also gerne nette Touristen in eurer Abstellkammer wohnen, in die ihr sonst euren Müll stopft, aber seid keine Arschlöcher. Zockt sie nicht ab und lasst sie zu einem fairen Preis bei euch hausen, denn immerhin sind sie ESC-Fans und damit eigentlich schon arm genug dran. Erfreut euch einfach an den paar Euros, die ihr euren Gästen mit gutem Gewissen abknöpfen könnt und übertreibt es nicht mit dem Untervermieten, denn sonst steht im schlimmsten Fall irgendwann der Steuerfahnder vor der Tür.

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MERCHANDISE FAKEN

Wer von euch Füchsen auf die schlaue Idee kommt, ESC-Fanartikel zu faken, der verletzt Marken-, Urheber-, Patent- und sonstige gewerbliche Schutzrechte. Also hört sofort auf, Bilder von Conchita und den Makemakes auf Fruit of The Loom-Shirts zu bügeln oder Logos auf Mützen zu sticken, denn was wie eine lukrative Einnahmequelle aussieht, ist illegal. Das weiß ich spätestens seit dem Miley Cyrus-Konzert in der Stadthalle, nach dem der Merch-Verkäufer, der mir gerade ein Shirt angepriesen hat, auf dem Miley ihr Spiegelbild ableckt, beim Näherkommen eines Securitys sein ausgebreitetes Tuch, auf dem er alle Shirts geschlichtet hatte, in einer halben Sekunde zusammengefaltet hat und damit abgehauen ist, wie ein ziemlich gestresster Feivel der Mauswanderer.

Allein der Aufwand, der mit gefälschtem Merchandise verbunden ist, steht in keiner Relation mit dem Gewinn oder den Risiken, also lebt lieber ein Monat lang ein wenig sparsamer und macht so euren Kontostand ein bisschen erträglicher, anstatt euch den Weg in die Kleinkriminalität mit unerträglich dicken Baumwollshirts zu bahnen.

SICH ALS FREMDENFÜHRER AUSGEBEN

Entgegen manch eurer Vermutungen ist auch Fremdenführer ein echter Beruf, den man erlernen muss und den man nur mit Konzession ausführen darf. Wenn ihr aber trotzdem so tun wollt, als wärt ihr Fremdenführer, um die gutgläubigen Song Contest-Touristen auszunehmen, seid euch lieber der Tatsache bewusst, dass euch bald das Marktamt wegen eines Verstoßes gegen die Gewerbeordnung auf den Fersen sein wird.

Außerdem würdet ihr sowieso spätestens dann auffliegen, wenn ihr den Touristen erklärt, dass Wien seit Conchitas Sieg der toleranteste Ort der Welt ist. Denn auch wenn sie, verblendet von ESC-Pre-, Public Viewing- und Afterpartys durch das ESC-Zauberland taumeln, wird ihnen auffallen, dass Wien nicht das weltoffene Paradies ist, das es gerne wäre.

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TICKETS WEITERVERKAUFEN

Schon kurz nach dem Verkaufsstart für den ESC in Wien sind Tickets auf willhaben aufgetaucht, die zum doppelten Preis verkauft wurden. Grundsätzlich darf man Tickets weiter verkaufen, wenn man verhindert ist, das ESC-Spektakel zu besuchen.

Wenn man Tickets aber gezielt gewerbsmäßig um ein Vielfaches weiterverkauft, um Geld zu verdienen, macht man sich strafbar und zieht den ewigen Zorn des ORF auf sich. Der ORF behält sich nämlich laut dieser Aussendung rechtliche Schritte gegen euch Banausen vor, die ihr ein ESC-Finalticket für 16.316 Euro verkaufen wollt, also lasst es lieber bleiben. Denn wer will sich schon mit jemandem anlegen, der für Verbrechen wie Die Große Chance oder die Vorstadtweiber verantwortlich ist?

BIER VERKAUFEN

Bierverkäufer sind die guten Seelen einer jeden Großveranstaltung und machen sogar das räudige Inselfest ein bisschen erträglicher, indem sie einem kühles Dosenbier zu humanen Preisen verkaufen. Wenn ihr aber Bier verkaufen wollt, um euch einen kleinen Notgroschen zu verdienen, mit dem ihr wiederum euren eigenen, absurd hohen Bierkonsum finanziert, müsstet ihr eigentlich ein Gewerbe anmelden, um euch nicht angreifbar zu machen.

Verbringt euren Tag also lieber nicht damit, euch mit einer kiloschweren Kühltasche durch schwitzende und triefende Warteschlangen zu drängen, sondern trinkt die paar Bier lieber selbst, um den ESC-Wahnsinn zumindest für ein paar Stunden zu vergessen. Ist besser fürs Karma, euer Gewissen und steigert die Wahrscheinlichkeit, dass ihr die ESC-Zeit ohne bleibende Schäden übersteht.

Verena auf Twitter: @verenabgnr


Titelfoto von: search ticket via photopin (license)