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Anonymous gibt mit Ausruf des #TrollingDay gegen IS eigene Ratlosigkeit zu

Am Freitag sollen wir uns alle in sozialen Netzwerken über den IS und seine Anhänger lustig machen. Die #OpISIS von Anonymous wirkt immer hilfloser.

Anonymous hat für Freitag, den 11 Dezember, offiziell den „ISIS Trolling Day" ausgerufen. Das lose Hackerkollektiv fordert seine Follower dazu auf, an diesem Tag auf Facebook, Twitter und Instagram Bilder und Memes zu posten, die den IS und seine Anhänger verspotten. Das Ganze solle dann mit den beleidigenden Hashtags #Daesh und #Daeshbags versehen werden.

Join in on #TrollingDay, 11 December. Let's troll those #Daeshbags. pic.twitter.com/qgTlhdqLzE
— Anonymous (@GroupAnon) December 7, 2015

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Noch vor drei Wochen, wenige Tage nach den Anschlägen von Paris, war Anonymous' Rhetorik eine ganz andere. Da sprach man nicht vom Trollen, sondern vom „totalen Cyberkrieg" gegen den IS. Schon damals hatten andere Hacker kritisiert, die Anonymous-Aktionen von #OpParis seien nichts weiter als ein Schrei nach Aufmerksamkeit, jedoch wenig hilfreich, im schlimmsten Falle sogar kontraproduktiv im Kampf gegen den IS.

„Postet Fotos von Ziegen, taggt sie mit den Namen von IS-Mitgliedern und schreibt, dass sie über ihre Frauen reden."

Und so beschränkt sich der Erfolg von #OpParis und #OpISIS bis heute auf das Melden einiger tausend dem IS nahe stehenden Twitter-Accounts (welche Twitter dann selbst gesperrt hat), das Ersetzen einer aus dem Clearnet gespiegelten Darknet-Präsenz des IS durch Potenzmittelwerbung und das Anschwärzen mehrerer unschuldiger Personen als IS-Terroristen.

Join in on #TrollingDay Rubber Ducks. Let's troll those #Daeshbags. pic.twitter.com/dJlKmuDt3i
— AnonLeague Official (@AnonLeagueTeam) December 8, 2015

Nun soll also ein #TrollingDay her, als nächster strategischer Schritt der digitalen Kriegsführung gegen den IS. Die Aktion richtet sich dabei explizit auch an alle, die bisher nichts mit Anonymous zu tun gehabt haben. Dabei suchen die Hacker nicht mal nach Leuten mit besonderen Skills, sondern einfach jedem mit ein bisschen Teenie-Humor. Das ausführliche Troll-Tutorial, welches Anonymous auf Ghostbin veröffentlicht hat, liest sich, als hätten ein paar Jugendliche überlegt, wie sie ihren Mitschüler am besten mobben können:

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„Postet Fotos von Ziegen, taggt sie mit dem Namen von IS-Mitgliedern und schreibt, dass sie über ihre Frauen reden." „Nennt sie ganz offen #Daesh und #Daeshabgs." Daesh ist die Abkürzung einer gängigen arabische Bezeichnung für die Terrorgruppe und erinnert an das ebenfalls arabische Wort Daes, eine Bezeichnung für jemanden, der etwas zertrampelt. Da sich die Mitglieder des IS durch die Verwendung des Wortes Daesh angeblich in ihrer Ehre gekränkt sehen, benutzen immer mehr Medien und Politiker das Wort, wenn sie von den Mitgliedern des sogenannten Islamischen Staats sprechen. In Anlehnung an Douchebag (engl. Trottel) haben Anonymous nun auch noch Daeshbags daraus kreiert.

Die falschen Opfer im Cyberkrieg von Anonymous

Wir sollen uns am Freitag also alle mal so richtig über den IS lustig machen, gerne auch mit „Fotos von toten ISIS-Mitgliedern". Das ist im besten Fall plumpe Provokation. Um Satire—als Form der politischen Meinungsäußerung—zu sein, sind die geplanten Aktionen schlicht und einfach zu platt. Wo könnte aber sonst noch ein Sinn im großangelegten Trollen liegen? Wenn der IS schon auf die Ankündigung des totalen Cyberkriegs nur mit einem schulterzuckenden „Was sollen die Idioten schon hacken?" reagierte, dürften die Dschihadisten angesichts des #TrollingDay nicht mal müde lächeln.

Natürlich werden sich IS-Sympathisanten, die sich in sozialen Netzwerken tummeln, durch die Memes vor den Kopf gestoßen fühlen—ändert das aber etwas an ihrer Unterstützung und Faszination für die Terrororganisation bzw. beeinträchtigt das Trollen in irgendeiner Form die digitalen Propagandanetzwerke, die der IS betreibt? Wohl kaum. Der Trolling Day bleibt also ein Böse-Buben-Streich gegen die militanteste terroristische Vereinigung der Welt.

Und so bleibt in Bezug auf den Ausruf des #TrollingDay die Frage stehen, die Anon Discordian bereits als Reaktion auf #OpParis hatte verlauten lassen:

„Wie genau wollen die [Anons] denn eine internationale Terror-Organisation aufhalten, die trotz geheimdienstlicher Massenüberwachung überall auf der Welt Angriffe planen konnte?"