In Berlin und anderen Teilen Deutschlands gibt es zur Weihnachtszeit Taxis, die Gänse oder Enten samt Beilagen liefern. Warum auch immer, sind es vor allem Hotelketten, die die Vögel bringen. Das hat was von Zimmerservice, und Zimmerservice ist eine gute Sache.
Eine Gans reicht für ungefähr vier Personen. Wir waren um die zwanzig Freunde und haben drei Gänse samt Kartoffelknödel und Rotkohl bestellt. Eine Gans haben wir selber gemacht. Die schaute zwar übel aus—warum auch immer fiel sie auseinander wie ein Häufchen Elend—aber sie schmeckte superb und besser als die poshe Gans vom Sternehotel.
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Auch bei unseren Kartoffelknödel geriet einiges aus dem Ruder. So wie zu viele Köche die Suppe versalzen, so fatal war es auch, zu viele Klöße in den Topf zu geben. Die fielen nämlich auch auseinander und landeten leider im Müll.
Da einige der Gäste Vegetarier oder Veganer sind, musste natürlich auch eine fleischlose Alternative her. Wir entschieden uns für Seitan, eine eigenartige, braune Masse aus Weizeneiweiß. Gott sei Dank wissen die wenigsten, dass Weizeneiweiß eigentlich Gluten ist—die Spaßbremse, die zusammen mit Laktose unsere erste Welt heimsucht.
Wir haben den Seitan in Stücke geschnitten und in Öl gebraten. Es sah aus wie Schweineleber. Einen, aus dem Ärmel geschüttelten, veganen Zwiebeljus goß ich über die Seitanstücke und das Ganze, tja, sah dann leider aus wie Kotze. Aber, keine Panik, es schmeckte ziemlich gut. Wie Fleisch.
Dahergeflogen, ohne Turbulenzen und Katastrophen, kam Wein aus dem österreichischen Südburgenland. Der Blaufränkisch vom Weingut Groszer Wein war nicht nur hübsch anzusehen—das Etikett passte perfekt zur festlichen Kulisse—er war vor allem wahnsinnig gut und gut zu den Vögeln. Und nach dem einen oder anderen kulinarischen Missgeschick, half nichts mehr, als die Literflasche in Reichweite zu wissen.
Die Gänse kommen je nach Lieferservice fix und fertig oder manchmal muss die Gans noch kurz in den Ofen, damit sie schön braun und knusprig wird. Eine günstige Gans mit Beilagen kostet um die 89 Euro, oft bezahlt man für die Lieferung um die 25 Euro extra.
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Die Gänse kamen von überall her: die Junggans aus dem noblen Radisson kam aus Mecklenburg. Die anderen, billigeren und etwas fetteren Gänse aus Polen. Aufpassen sollte man darauf, dass die Gänse nicht gestopft wurden. In Deutschland ist diese tierquälende Praxis verboten—aus dem Ausland importiert, werden Stopfgänse trotzdem.Ich fand unsere Gans am besten, sie war bio und sauteuer. Aber sie war es wert. Bei Geflügel merkst du die Qualitätsunterschiede besonders. Du bist was du isst, also sei es dir wert und bestell eine Gans, die ihr Leben lang glücklich im Freien herumgegackert ist und gutes Getreide gegessen hat. Sie wird dich glücklich machen.
Am nächsten Tag gab es noch jede Menge Reste zu essen, über den verbliebenen Saustall wollen wir nicht reden.
Ein riesen Dankeschön an die besten Gastgeber Dorett und Björn und an die wunderbare Franzi.