Gestern Nacht kam es nach acht Tagen Belagerung endlich zu einer positiven Wendung in der zwischenzeitlich fast ausweglos scheinenden Situation um die Gehart-Hauptmann-Schule und ihre Besetzer.
Gegen 21.30 Uhr unterschrieben die Flüchtlinge das vom Bezirk unterbreitete Angebot: Die in der Schule verbliebenen Flüchtlinge dürfen in einem Teil des Gebäudes bleiben, und sie behalten den Zugang zum Dach. Andere Teile des Gebäudes werden vom Bezirk saniert und zu einem internationalen Flüchtlingszentrum umgebaut. Der Bezirk wird aber darauf achten, dass in die anderen Teile keine neuen Personen einziehen.
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Der Kompromiss war von verschiedene Vertretern, darunter Hakan Tas (Linke) und die beiden Abgeordneten der Grünen Hans-Christian Ströbele und Canan Bayram, in Zusammenarbeit mit den Anwälten der Flüchtlingen bis spät abends ausgehandelt worden. Um halb zehn zog dann der verantwortliche Stadtrat Hans Panhoff sein Räumungsgesuch offiziell zurück, schon in den frühen Morgenstunden begann die Polizei mit dem Abbau der Barrikaden.Trotz der schließlich friedlichen Lösung wird für die Kreuzberger Grünen ein bitterer Nachgeschmack bleiben. Nicht nur der Umgang mit der Presse, auch die massive Polizeigewalt (berichtet wird von mehreren Arm- und Beinbrüchen, die Polizei setzte Pfefferspray gegen demonstrierende Schüler ein) und die immensen Kosten des teuersten Polizeieinsatzes eines Bezirks in der Geschichte Berlins brachte dem Amt um Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann eine Flut an Kritik ein. Monika Hermann bekam Morddrohungen, vor ihrem Privatwohnsitz wurden Spontandemos abgehalten.Hauptzielscheibe bildete trotzdem der Stadtrat Hans Panhoff, der schließlich am Dienstag im Alleingang das Räumungsersuchen abgesetzt hatte. „Er hat auf unverantwortliche Weise mit Menschenleben gespielt“, griff zum Beispiel Hakan Tas ihn an. „Die Besetzung hätte auch anders enden können.“ Der Linke-Politiker fordert den Rücktritt des Stadtrats und bekommt dabei Unterstützung aus den Reihen der Grünen Jugend selbst: In einer Stellungnahme nannten zwei Sprecher Panhoffs Räumungsersuchen „völlig verantwortlungslos und unnötig. Es wurde damit eine Eskalation der Situation in Kauf genommen, die wir aufs Schärfste verurteilen.” Auch sie forderten Panhoff auf, „persönliche Konsequenzen“ zu ziehen.
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Der Belagerungszustand im Reichekiez mag zwar vorbei sein, eine dauerhafte Lösung im Umgang mit Flüchtlingen ist es aber nicht. Hakan Tas sagte am Mittwoch, dass asylrechtliche Fragen noch immer ungeklärt seien. Es sei nun die Aufgabe des Innensenators Frank Henkel (CDU), tätig zu werden und den Flüchtlingen Bleiberecht nach Paragraph 23 des Aufhenthaltsgesetzes zu gewähren. Danach darf ein Aufenthaltsrecht für gewisse Ausländergruppen aus humanitären Gründen von oberen Landesbehörden ausgesprochen werden.Ein weitere Aufnahme von Flüchtlingen in der Schule ist in dem Kompromiss jedoch nicht vorgesehen. Ein Flüchtling äußerte sich nach der Einigung enttäuscht: „Wir werden das Haus teilen. Wir reichen den Politikern die Hand. Wir sind müde und wir unterschreiben unter Druck.”Trotzdem ist der Kompromiss als Erfolg zu werten. Der Druck, der durch die zahlreichen protestierenden Aktivisten und Anwohner erzeugt wurde, stieg mit jedem Tag, an dem die Polizei das Gebiet um die Gerhart-Hauptmann-Schule in ihrem eisernen Griff hielt. Durch ihr Durchhaltevermögen haben die Flüchtlinge also erreicht, dass sie vorerst in der Schule bleiben können. Ob sie auf lange Sicht in Deutschland bleiben werden können, ist allerdings noch lange nicht sicher.Fotos: Jermain Raffington und Björn Kietzmann