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In Deutschland steigt die Angst, von Migranten "überrannt" zu werden

Willkommenskultur ist total 2015, hat eine neue Studie herausgefunden.
Foto: imago | IPON

Erinnert ihr euch noch an die Situation im letzten September? Da empfingen Hunderte die ankommenden Flüchtlinge mit Jubel, Klatschen und der Europahymne, Dutzende Freiwillige verteilten Essen, Kleidung und Medizin, kurz: Für einen Moment sah es aus, wie das Ende eines besonders kitschigen Hollywood-Films aus.

Der Moment ist jetzt gründlich vorbei, sagt eine neue Studie. Die Zahlen, die das Team der Uni Bielefeld heute vorgestellt hat, sprechen eine klare Sprache: Die Deutschen haben immer weniger Toleranz für Zuwanderer. Der Aussage "Wir sollten stärker darauf achten, nicht von den Migranten überrannt zu werden", stimmten 41 Prozent zu—vor zwei Jahren waren das nur 28 Prozent.

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Offiziell finden immer noch 43 Prozent der knapp 2.000 Befragten, dass "die zunehmende Vielfalt der Gesellschaft" eine gute Sache sei—vor zwei Jahren waren das allerdings noch vier Prozent mehr. Dafür erwartet man jetzt mehr von den Zugewanderten: Über 53 Prozent befürworten die Aussage, dass nur die "Neuen" sich "an Deutsche" anzupassen hätten—vor zwei Jahren waren das nur 36 Prozent.

Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten. Zum Beispiel zeigt die Studie sehr deutlich, dass Integration durchaus funktioniert: Die Befragten, die selbst einen Migrationshintergrund haben, sind nämlich nochmal deutlich strenger als die anderen. 60 Prozent von ihnen finden das mit der "Anpassung" besonders wichtig, 51,5 die Aussage, ein neu Angekommener "sollte sich erst mal mit weniger zufrieden geben". Ist das nicht der Beweis, dass wir uns über die Integration wirklich keine Sorgen machen müssen?

Was Flüchtlinge angeht, ist das Ergebnis übrigens zwiespältig. Auf der einen Seite sind immer noch 73 Prozent der Befragten der Meinung, dass Flüchtlinge das Recht haben, nach Deutschland zu kommen. Aber das Misstrauen ist gewachsen. Mehr als die Hälfte der Befragten ist auch der Meinung, dass man Flüchtlinge zurückschicken sollte, wenn die Lage in ihren Heimatländern sich verbessert hat. Und 41 Prozent finden, dass vor allem jüngeren Migranten "ihre Grenzen stärker aufgezeigt werden müssten".

Ein Teil der Befragten ist offenbar auch der Meinung, dass diese Grenzen nicht für alle gleich gelten sollten: Die Forderung nach "Vorrechten" für "Alteingesessne" hat sich seit der letzten Umfrage verdreifacht, schreiben die Forscher. Und die Aussage "Wir sollten in der Öffentlichkeit wieder sehr viel selbstbewusster gegenüber Migranten auftreten" findet jetzt bei 44,5 Prozent der Bürger Zustimmung, vor zwei Jahren waren es noch 33,5 Prozent.

Wie man das konkret machen soll, wenn man Migranten gegenüber selbstbewusster auftreten will, geht aus der Studie leider nicht hervor. Vielleicht müssen Flüchtlinge in Zukunft öfter damit rechnen, dass Menschen auf der Straße sie fragen, wo sie herkommen, nur um dann forsch "And I am from Germany!" zu bellen und sie herausfordernd anzustarren. Wenn der Migrant dann einen Daumen hoch zeigt und höflich gratuliert, kriegt er vielleicht mehr Integrationspunkte. Auf keinen Fall sollte er nervös werden und jemandem auf die Füße treten—derjenige würde sich sofort überrannt fühlen.