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Das war 2014

Das Jahr 2014 in: Clubkultur

Wir blicken auf das vergangene Jahr zurück. Und fangen mit dem Nachtleben an.

Fotos: Ulrich Sperl, Jasmin Baumgartner, Johannes Gierlinger, David Bogner

Während ich gerade versuche, mich an die clubkulturellen Ereignisse des vergangenen Jahres zu erinnern, fällt mir auf, dass das zweite Halbjahr so viel ereignisreicher war als das erste. Das kann aber natürlich auch damit zusammenhängen, dass ich alles aus meiner persönlichen Erinnerung rekonstruieren muss, und die natürlich irgendwann schwammig wird. Aber wurscht.

2014 war für Wiens Clubkultur (und ja, momentan geht es hier primär noch um Wien und ein bisschen Graz. Und ja, wir ignorieren leider aufgrund fehlender Autoren einige Musikrichtungen. Wer uns einmal etwas über Clubs in anderen Städten oder Musikrichtungen schreiben will, ) keine sonderlich schlechtes, aber auch kein überragend gutes. Es jammern alle, aber das tun wir alle eh ständig. Anders als 2012/2013, wo jeder Club plötzlich eine HipHop-Party brauchte, gab es keine wirklich bestimmenden Trend in Sachen Clubmusik in Wien. Es poppten an verschiedenen Stellen eher reine Techno-Partys auf, aber im Großen und Ganzen blieb es ziemlich divers. Was ja auch gut ist. OK, fangen wir an, uns von Jänner bis heute durchzuarbeiten.

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Ach ja, eine Sache noch: Ich habe sicher etwas vergessen. Wenn jemanden etwas ganz dringend fehlt, mit der Sache und einem guten Argument, warum es dringend rein muss. Dann werde ich es ergänzen.

Das Jahr begann relativ ereignislos, zumindest ohne große Eilmeldungen. Viele Dinge, die 2014 zumindest im ersten Halbjahr geprägt haben, schwappten noch aus 2013 mit hinüber—wie zum Beispiel das umgebaute celeste in der Hamburgerstraße, das sich von einem Ort für Geburtstagsfeiern zu einem niederschwelligen Clubraum entwickelte. Auch der Club Courage, der im Jänner ein bisschen in Fahrt kam und sich mit Diskussionsreihen um die Politisierung der Clubkultur verdient macht, hat seinen Ursprung in einem Facebook-Posting vom Oktober 2013, in dem die Grelle Forelle mitteilte, dass sie keinen Platz für FPÖ-Wähler habe. Ansonsten lief Anfang des Jahres alles ein bisschen seine gewohnten Gang—so ereignislos, dass wir uns gerade nicht an ein Ereignis aus dem Februar erinnern können.

Die erste Bombe platze dann im März, als das Springfestival in Graz Konkurs anmelden musste. Das Spring ist in Graz immer kontrovers diskutiert worden, dementsprechend sollte man nicht verschweigen, dass nicht alle Grazer den Fall des Festivals bedauern. Es fand dann eh trotzdem noch so etwas wie ein abgespecktes Springfestival statt—ob das 2015 auch noch so sein wird, ist fraglich. Ansonsten blieb es um Graz erstaunlich ruhig, nachdem im Vorjahr die Verbotskultur der Stadt sehr umfangreich diskutiert wurde. Außerdem eröffnete im März das Heuer am Karlsplatz, in dem im Sommer einige ziemlich coole Clubabende stattgefunden haben. Mit dem neuen Barchef wird man aber jetzt wahrscheinlich eher andere Akzente setzen. Im April feierte das sound:frame, dessen Clubschiene leider mittlerweile auf ein—zugegebenermaßen ziemlich cooles—Wochenende zusammengestampft wurde, mit Acts wie Wife, Jonwayne und Romare im brut. Außerdem haben wir unseren Launch in der Forelle mit Jungle, HAM, Vihanna und den Janesfondas zelebriert. Wir behaupten nicht, dass das ein prägendes Ereignis der Clubkultur war, aber wir sind immer noch ein bisschen stolz auf diesen Abend.

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Im Mai feierte die Tanz durch den Tag-Crew mit dem Sommererwachen ihr bisher größtes Open Air, handelte sich im Vorfeld zwar keinen Shitstorm, aber zumindest ein lauteres Gemurmel ein: TDDT war in den letzten Jahren so sehr gewachsen, dass sie wegen dem erwarteten Besucheraufkommen auf Maßnahmen wie Zäune und Crowdfunding zurückgreifen mussten. Irgendwelche Idioten, die selbst vermutlich nicht mal Verantwortung für eine Veranstaltung mit 25 Besuchern übernehmen würden, warfen den Veranstaltern vor, den Spirit der Veranstaltung verraten zu haben. Außerdem wurde im Mai dem Fluc gedacht. Nicht aufgrund eines wirklich speziellen runden Geburstags, sondern wegen dem Buch „Tanz die Utopie“, dass sich mit der 12-jährigen Geschichte des Lokals beschäftigt, das sich selbst immer noch als Künstler-Location sieht und im Wiener Clubkosmos ein verdammt wichtiges Biotop für Musikrichtungen ist, für die die Flaggschiffe Sauna und Forelle ein Stück zu groß sind. Ende Mai fand auch die zweite Ausgabe vom Lighthouse Festival statt. Das ist zwar in Kroatien, aber seien wir ehrlich—es ist schon ein bisschen „Wien auf Urlaub mit 125 bpm im Hintergrund“. Die heurige Ausgabe war deutlich besser besucht als 2013, auch weil sie mehr Glück mit dem Wetter hatten. Das ist sehr erfreulich, nicht zuletzt aufgrund des Risikos und des Mutes, den die Jungs von der Pratersauna damit eingehen. Sowas gehört immer unterstützt. Außerdem holte Marlene Engel mit ihrem Bliss Festival das erste Mal eine ganze Reihe von Acts nach Wien, die der Stadt einfach weit voraus waren.

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Im Juni begann kurz vor dem Sommer ein kleineres Clubsterben: Der Ost Club am Schwarzenbergplatz—also genau gesagt der Clubbetrieb—war ein paar Anwohnern wohl zu laut und musste einer Vinothek weichen. Aus ähnlichen Gründen wurde das Experiment „Morisson Club 2“ in der Zieglergasse relativ still und leise beerdigt. Im Nachhinein wäre es wohl für den Mythos Morisson besser gewesen, man hätte das gelassen. Aber hey—hinterher ist man immer schlauer, vor allem wenn man Montags auf seiner Couch in Ottakring liegt und sich versucht daran zu erinnern, was man sich am Nachtleben 2014 nicht weggesoffen hat. Der Morisson verabschiedete sich Ende des Jahres mit einer Party im Heuer. Von ihm werden immer drei großartige Jahre bleiben. Es gab aber auch gute Nachrichten: Anfang Juni kam der Ochsenfrosch in Fahrt, eine relativ hippieske Sommer-Off-Location etwas weiter draußen. Nicht unbedingt unser Ding, aber etwas, das Wien absolut gefehlt hat. Außerdem verpasste sich die Pratersauna einen ziemlich schönen neuen Eingangsbereich.

Mit Anfang Juli wurde unser Freund und Ex-Kollege Johannes Laminat Head Of Booking bei der Grellen Forelle, die sich jetzt seit längerer Zeit mit dem Umbau des Parkhauses herumschlagen darf. Das Interview, das wir letztes mit ihm geführt haben, könnt ihr hier lesen. Außerdem feierte die Pratersauna ihren fünften Geburtstag. Wir lieben die Pratersauna und haben höchsten Respekt vor dem, was sich Hennes und das gesamte Team in den letzten Jahren aufgebaut haben. Trotzdem hatten im Sommer auch zwei Clubabende ihre Sauna-Closing-Partys, die für uns in den letzten Jahren wichtig waren: Hart aber Herzlich im Juli, die Praterei—die uns anlässlich dessen damals ihre schönsten Storys erzählt haben—im August. Das Publikum ist jünger geworden, vielleicht auch wir einfach nur älter. Dinge verändern sich, und das ist letztlich gut so.

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Im Herbst wurde es in Sachen Clubkultur dann plötzlich heiß: Im September eröffnete—zumindest temporär—die Kantine, ein Club in der Kantine des alten Zollamts im dritten Bezirk. Die Anlage ist fantastisch, die Location großartig, die Bookings sehr straight. Auch wenn das Publikum nicht immer unseres ist und man die ein oder andere Schauergeschichte von den Türstehern hört—die wir hier nicht wiedergeben wollen, weil wir den Wahrheitsgehalt einfach nicht bewerten können—ist es sehr schade, dass da wohl im neuen Jahr Schluss ist. Ebenfalls im September sperrte das Wirr seinen Keller unter dem Namen Dual wieder auf. Gut so, ist das doch eine Clubgröße, die Wien dringend braucht. Außerdem hat das Dual das wahrscheinlich schönste DJ-Pult Wiens.

Der Oktober begann mit einem Paukenschlag: Über das Flex wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Auch wenn es rein insolvenzrechtlich gesehen zeimlich gut für das Lokal am Donaukanal ausschaut, wird man sehen müssen, wie es 2015 weiter läuft. Unsicherheit ist nie gut für eine (Konzert)location, in die sich Veranstalter ein halbes Jahr im voraus einbuchen. Parallel dazu startete das Waves Vienna Festival, das seinen Fokus heuer allerdings ein wenig weg von der Party und hin zu Konzerten gelegt hatte. Damit haben die Macher aber das beste Jahr seit Bestehen hingelegt. Das ist erfreulich, zumal Festival-Machen offenbar ziemlich schwierig ist: Sowohl das Suburbia als auch das Beeasy Festival haben 2014 nicht mehr stattgefunden. Während in Graz das immergute Elevate über die Bühne ging, wurde Wien von der Posse ums Jessas in Atem gehalten: Den Betreibern, die in der ehemaligen Garage X einen gleichnamigen Club machen wollten, wurde zwei Tage vor der Eröffnung fristlos gekündigt. Schon bizarr, dass in Wien mittlerweile schon Clubs schließen, bevor sie überhaupt aufgemacht haben.

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Im November eröffnete das umgebaute Chaya Fuera nach einem Kabelbrand wieder. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Tomas Zierhofer-Kin das Donaufestival verlässt und Intendant der Wiener Festwochen wird. Außerdem schloss [der Take Five—der Sugar Daddy Club im Ersten Bezirk](http://Außerdem schloss der Take Five—der Sugar Daddy Club im Ersten Bezirk.). Wir nutzten eine größere Freeparty in Wien, um die Szene genauer unter die Lupe zu nehmen, und die RBMA baute ihr Bass Camp vom letzten Jahr zu einem Weekender aus. Im Dezember feierte die Grelle Forelle ihren dritten Geburtstag.

Das war es. Bisher. Ein bisschen dauert das Jahr ja noch.

Gibt es noch irgendwas, das es sich lohnt zu erwähnen, aber nirgendwo richtig reingepasst hat? Das Cafe Leopold macht seine Arbeit im MQ recht unspektakulär, aber sehr zuverlässig. Die The Gap-Release-Partys im brut kosten mittlerweile Eintritt, sind aber immer noch recht voll. Zahlreiche willige Clubmacher sind immer auf der Suche nach einer Location. That's it.

Jonas nimmt gerechte und ungerechte Kritik auf Twitter entgegen: @L4ndvogt

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