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Rudis Brille

Guter Mann, komm—Neues aus dem Clubland Österreich

"Ich glaube, man sollte Afterhours auch mal wieder ohne Ketamukke programmieren dürfen."

Foto aus einer Zeit in der Techhouse schmonziges keine Chance gehabt hätte. Flickr | Matthew Spong | CC BY 2.0

Wien gebärt im Herbst, durch die Neuübernahme des Goodmans, einen neuen Club. Thomas Thurner, der Betreiber vom Hades, übernimmt nun mit seinem Team auch unser wellknown Goodmans. Das Hades konnte sich zudem wegen seiner Verzögerung bei den Umbauarbeiten im Sommer zum neuen Afterhour Hotspot mutieren. Aber zurück zum Guten Mann: Der Club öffnet dann immer erst ab zwei Uhr nachts seine Pforten und soll auch total entranzt werden. Das Image des maximalen Absturzpoint, wird damit auch der Vergangenheit angehören. Ob das gelingen wird, wird sich weisen. Ich jedenfalls, hab das Goodmans stets in Momenten großer seelischer Verzweiflung aufgesucht. Und stets in noch größerer seelischer Verzweiflung wieder verlassen. Obwohl ich schon zugeben muss, dass die Location an sich ja schon was hergeben könnte. Nur das Publikum war—räusper—etwas fragwürdig. Ein Mischmasch aus Nachtgespenstern und LiebesdienerInnen. Essen gab es auch. Gebackenes in der Afterhour quasi. Eines ist klar: Täte sich mal etwas in diesem Laden, dann es kann nur mehr besser werden. Eingespielte Clubmarken, die geholt werden, sollen dann gesamte Tage oder Vormittage hosten, sowie auch die Afterhour ihr Zuhälter-Image loswerden will.

Apropos Afterhour: Somit ist der Kampf um das Feiern am frühen Morgen auch wieder neu entfacht. Denn mit dem Hades und dem benachbarten Sass (dessen Freude über die morgentliche Konkurrenz sich natürlich in Grenzen hält), sowie dem neuen Goodmans, wird der Karlsplatz/Naschmarkt wieder der neue Hotspot in Sachen "restliche Gehirnzellenzerstörung". Hoffentlich wird das Ganze wenigstens musikalisch etwas ausdifferenziert. Es tönt eh schon überall der gleiche Techhouse Schmonzes aus den Boxen. Die Club-Community ist auch schon gelähmt davon und das Interesse an der Wiener Clubkultur sinkt deswegen landesweit.

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Jüngstes Beispiel war Richie Hawtin in der neuen Pratersauna: Ein schöner Abend, das Wetter etwas frisch, feine Anlage und gute Stimmung. Aber soundmäßig? Dreistündiges Dahingeholze ohne Höhen und Spirit, wenn das die Zukunft der elektronischen 4/4 Musik ist, dann Gute Nacht im Schacht! Auch wenn der Meister viele gut gelaunte Selfies mit so manchen Partyschwärmern zuließ: Die Zeiten, wo mir schon beim Namen Hawtin einer abging, sind vorbei. Ich glaube, man sollte Afterhours auch mal wieder ohne Ketamukke programmieren dürfen. Diese lähmende Langeweile, die sich dann immer auf einen setzt, wenn man das stundenlang hören muss, ist tatsächlich nur durch die Einnahme fragwürdiger Substanzen oder 30 Gin Tonic überbrückbar. Ich hoffe, die jeweiligen Booker erhören daher mein Flehen.

Diesen Sommer hat man ohnehin den Eindruck, dass die Leute unsere Clubs satt haben, zumindest was die Genres Techno/House betrifft. Viel lieber gehen sie in neue Venues, die es nur einmal oder über einen kurzen Zeitraum gibt, egal wie der Sound dort auch sein mag. Beispiele dafür gibt es genug: Albert & Tina, Vestibül oder zuletzt die Alte Post. Eine Traumlocation mitten im ersten Bezirk, wo gerade noch eine "SpontanTechno" Party stattfand. Leider ist der erste Bezirk aber nicht der Ort großer Freiheiten, das war schon zu Stenzels Zeiten so, das wird auch immer so bleiben. Davon kann ja auch das Kantine-Team ein Lied singen. Dessen Bemühungen, nach der Schließung der alten Location im dritten Bezirk, rasch eine neue zu finden im Sande verlaufen mussten. Aber das rastlose Team blieb dennoch nicht untätig und veranstaltete unter anderem das PraterFestival oder gibt uns am 2.9.—mit Claptone als Headliner(!)—eine einmalige Sache in der "Prater Alm". Der Prater birgt ohnehin schier unendlich viele Möglichkeiten und Plätze, sie sollten viel mehr ausgenutzt werden. Und wenn die Pressetexte für derlei Events nicht mit "Griass enk Gott" beginnen, könnte das bei entsprechender Deko und Beschallung schon klappen, die Zusagen deuten zumindest darauf hin.

Aber weil wir gerade bei der Kantine waren: Nach Linz, bekommt nun auch die Mozartstadt Salzburg eine Location namens Kantine. Laut Betreibern wird sie modern und laut—ein ganz ein neues Konzept also. Sie wird etwas außerhalb des Zentrums, in der Nähe des Flughafens in einem bereits bestehenden Gebäude entstehen. Soll auch gegen Ende September bereits eröffnen. Freitags offen für junges Publikum (etwa Drum'n'Bass) und samstags werden dann große Bookings präsentiert (durchaus in Kombination mit Linz und auch fallweise Wien). Hoffentlich ist das mal wieder was Spannendes, obwohl man ja weiß, wie schwer es in den österreichischen Städten ist. Linz etwa hat seinen Ruf als Techno-Metropole in den Neunzigern auch schon längst eingebüßt.

Aber es liegt natürlich auch an der Musik. Es fehlt einfach die Freshness. Es gibt zwar viele kleine Fangemeinden, aber die supporten einander nicht mehr, weshalb der Markt in kleine Einzelteile zerfallen wird. Auch sind viele große Acts aufgrund der Globalisierung für Österreich unleistbar geworden. Und mal ganz ehrlich: Wirklich viel versäumen sie hierzulande nicht. Es wird ohnehin alles, was erfolgreich ist, konstant niedergemotzt. Es fehlt einfach an einer stadtübergreifenden und sich gegenseitig pushenden Clubkultur. Vielleicht helfen da die Round-Tables, die anlässlich der Vergnügungssteuer Thematik zuweilen stattfinden. Ob diese fällt oder nicht, sollte sich aber erst im Herbst entscheiden. Ob dann das frei werdende Kapital für Bookings verwendet wird, bleibt abzuwarten. Allerdings würde auch ich keine 10 000 Euro mehr nur für einen DJ ausgeben, der dann gelangweilt sein Set herunterknallt und sich nach Ibiza zurück sehnt. Aber das ist eben Österreich, es bekommt genau das, was es verdient: Andreas Gabalier auf MTV unplugged for example. Aber warum darüber jammern? So sind wir eben, das ist unsere Auffassung von Kultur und guter Musik. In diesem Sinne, Gute Nacht!

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