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Interviews

Worried Man & Worried Boy waren überrascht, in einen Hype reinzurutschen

Das Genertationenprojekt Worried Man & Worried Boy präsentiert heute ihr selbstbetiteltes Album. Wir haben vorab mit ihnen über ihr Projekt gesprochen.

Foto via Facebook

Die Beziehung zu den Eltern ist eine komische. Als Kind ist man von ihnen umfassend abhängig, als Judendlicher möchte man sich lösen und trotz der Abhängigkeit eine gefakte Unabhängigkeit zustande bekommen und mit zunehmenden Alter, fängt man an zu verstehen, was die Lieben eigentlich für uns getan haben. Oft ist man in eine andere Stadt gezogen und sieht sich zu allen heiligen Zeiten. Aber mit ihnen gemeinsam Projekte machen? Daran hat wohl noch kaum jemand gedacht ( Es sei denn, du arbeitest ohnehin schon in einer Firma die den Namen „XY & Sohn“ trägt). Sebastian und Herbert Janata teilen sich nur die Gene, sondern auch ihre Leidenschaft zur Musik. Das Vater-Sohn-Projekt, das den Namen Worried Man & Worried Boy trägt, vereint die Vergangenheit und Erfahrung Herbert und das Gespür für Zeitgeist von Sohn Sebastian (Hallo, immerhin ist er Mitglied bei Ja, Panik! Ihr wisst schon, diese Band, über die man gerne spricht).

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Für ihr selbstbetiteltes Album haben sie nicht nur Songs von Herberts alten Band Worried Men Skiffle Group neu interpretiert, sondern auch gemeinsam bisher unbekannte Lieder aus dem Reportoire von Herbert genommen. Heute Abend werden sie in der Kulisse Wien ihr Album präsentieren. Damit ihr euch schon darauf einstellen könnt und seht, was euch ungefähr erwartet, haben wir vorab mit ihnen geredet.

Noisey: Wie ist eigentlich die Idee zu dem Projekt entstanden?
Sebastian: Das war recht einfach: Eine Freundin von mir hat uns mal gefragt, ob wir in ihrem Laden bei einer Feier zu zweit Worried Man Skiffle Group-Songs spielen wollen. Das haben wir dann auch gemacht. Und irgendwie fanden wir das so lustig, dass wir dachten, wir müssen eine Platte rausbringen. Was dann jetzt, vier Jahre später, auch passiert ist.

Wo wurden die Songs aufgenommen?
Sebastian: Viel vom kreativen Prozess ist bei mir in Berlin passiert, mein Vater war zweimal zu Besuch. Und wir haben da so ein kleines Projektstudio. Da haben wir herumgewerkelt, aufgenommen haben wir dann im Burgenland, in der Cselley-Mühle bei Thomas Pronai. Der ist ja auf analoge Live-Aufnahmen spezialisiert. Und man konnte da halt auch nicht ewig schneiden, wenn man nicht so viele Overtakes machen will. Viele der Sachen, die man auf dem Album hört, sind one takes.

Das sind die Dinger, bei denen man seine eigenen Fehler immer wieder hört, oder?
Sebastian: Ich bin ja einen Prozess gewöhnt, bei dem man alles auf den Computer aufnimmt und alles neu arrangieren kann. Es gibt gar nicht mal so viele Fehler. Weil zumindest ich hab ein paar Sachen, die ich eigentlich anders spielen wollte, viel einfacher eingespielt—eben um Fehler zu vermeiden. Und das fand ich so spannend an der Methode, so aufzunehmen.

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Wer spielt was auf dem Album?
Herbert: Der Sebastian fast alles. Ich fast nix.
Sebastian: Naja, du spielst..
Herbert: Ich spiel halt Tröte, wie es auf gut deutsch heißt. Mein Haupinstrument. Und Benjo, Gitarre und Ukulele.

Wie ist das? Sich die neu-aufgenommenen, alten Songs wieder anzuhören?
Herbert: Ich bin ja nimma der Allerjüngste, des sagt man mir auch immer wieder. Wenn ich da mit dem Sebastian auf der Bühne stehe, ist er mein großer Bruder.

Foto via Facebook

Fühlt es sich anders an, die Songs jetzt zu spielen?
Herbert: Also beim Singen fällt mir da gar nicht so ein Unterschied auf. Ich habe halt ein bisserl was dazugelernt, vielleicht habe ich auch ein bisserl was verlernt. Ich habe aber immer versucht, von Anfang an meine spontanen Einfälle und das momentane Gefühl zum Ausdruck zu bringen. Die Musik ist aber jetzt anders—sie ist dichter. Sie wird jetzt von lauter Profis exakter und genauer gespielt. Bei uns war das Genaue früher nie wichtig. Bei uns war das Wichtigste der Ausdruck.

Wie war die Wiener Szene damals?
Herbert: Also mich hat eine Szene damals überhaupt nicht interessiert. Wir sind zusammengekommen weil wir gerne gesungen und gespielt haben—und weil wir gerne Theater gemacht haben. In die „Szene“—was man halt heute unter „Szene“ versteht—sind wir erst Ende der 60er, Anfang der 70er Jahren gekommen. Da haben wir angefangen, den Wiener Dialekt zu vertonen. Für uns—und ich glaube für alle, die irgendwie Musik gemacht haben—fiel es damals leichter als heute. Wenn etwas ein bisschen Anklang gefunden hat, dann hatte man relativ schnell die richtigen Kontakte nach oben. Für uns war es ganz leicht—viele würden sagen zu leicht—im Rundfunk zu landen. Ich hatte wurde in meinem damaligen Stammcafé angesprochen und gefragt, ob ich nicht in 14 Tagen Zeit habe, um auf einem Konzert zu spielen. Anfang der 70er war es als Musiker durchaus möglich, dass man über Verbindungen—sei es Rundfunk oder Café—Jobs gekriegt hat. Was heute fast unmöglich ist.

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Gibt es, eine Frage an beide, irgendwelche Aspekte, wenn man die Musikszene von damals und heute vergleicht, worum man quasi die Szene beneidet? Und gibt es aucht etwas, worüber man heute drüber froh ist, dass es anders ist?
Herbert: Ich weiß nicht, ob es beneidenswert ist. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Man muss sich halt heute mehr anstrengen und andere Wege gehen. Ich glaube, wenn heute jemand Musik machen möchte, muss er sich genau überlegen was und wie er es erreichen will. Da kann ich eigentlich überhaupt nicht mitreden, weil das nie meine Welt war. Ich spiel gerne Musik und bin froh, wenn ich so oft wie möglich zum Spielen komme. Und heute muss man sich da halt mehr Gedanken machen, aber diesen Weg, den watschel ich hinterm Sebastian.
Sebastian: Ich lerne die Szene in Wien erst jetzt durch das Projekt richtig kennen. Weil als wir mit Ja Panik! nach Berlin gezogen sind, gab zwar viele super Bands, aber es war nicht dicht genug, es gab keine Struktur. Deshalb haben wir uns quasi schnell von hier verabschiedet. Momentan habe ich den Eindruck , dass da schon ein richtig gutes Netzwerk entstanden ist. Also ich glaube gar nicht, dass man es mittlerweile schwerer hat. Man greift sich gegenseitig unter die Arme.

Wenn ich mal fragen darf, wie ist die Auswahl der Songs? Wie ist das zu Stande gekommen?
Sebastian: Wir haben uns zum größten Teil Lieder ausgesucht, die wir gern spielen und die Spaß machen. Die meisten Lieder sind von den Texten herzeitlos. Das war mitunter ein Grund, warum der ein oder andere Song auf dem Album gelandet ist. Ich wollte zeigen, dass man Texte von damals heute auch noch singen kann. Es sind aber auch drei unveröffentlichte, also unbekannte Songs drauf. Lieder, die man einem anderen Publikum präsentieren wollte. Quasi: „Schau, die Lieder find‘ ich super, kennst du die auch? Hör sie dir mal an!“ Das war so ein bisserl die Intention.

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Ihr habt ja erzählt das Album hat vier Jahre gedauert
Herbert:..der erste Auftritt war vor vier Jahren. Die Idee, dass wir ein Album machen, ist höchstens zwei Jahre alt.
Sebastian: Die Idee und das Konzept des Albums mussten sich erst rausschälen. Aber die kreative Arbeit am Album hat keine vier Jahre gedauert.

Wie fühlt es sich an, ein Album mit seinem Vater aufzunehmen? Auch wenn er jetzt daneben sitzt?
Sebastian: Gut. Ich glaub das funktioniert nicht immer, und bin froh dass es bei uns funktioniert hat. Gleichzeitig sagt man sehr vertrauten Menschen natürlich schneller mal, wenn einem etwas nicht passt. Also: Es ist auf der einen Seite viel konfliktbeladener, andererseits kann man viel besser kommunizieren. Und man weiß auch, dass Streitigkeiten nichts an der Basis ändern. Aber man muss schon sagen, dass das bei Ja, Panik auch schon in die Richtung geht. Wir haben ja auch zusammen gewohnt, dass ist schon ein bisschen Kelly Family-mäßig.

Wart ihr ein sehr musikalischer Haushalt?
Sebastian: Wir sind nie abends ums Klavier gesessen und haben Gospels gesungen. Meine Mutter spielt auch kein Instrument. Aber ich war als Kind auf vielen Konzerten dabei, hab die Proben zuhause mitbekommen. Und ich hab versucht auf Kochtöpfen mitzuspielen, zur Freude der Beteiligten.

Glaubt ihr, dass das vom Aufmerksamkeitslevel her eine gute Zeit ist? Das angeblich „Neue Wienerlied“ ist ja gerade ein Thema.
Herbert: Als wir das Projekt angegangen sind, habe ich gar nicht geglaubt, dass wir da irgendwie ein einen „Hype“ reinrutschen könnten. Aber die Blogs und alles, was es da so zu lesen gibt, zeigen uns, dass wir da ein unheimliches Glück habe. Ich hoffe, dass uns das auch hilft, das ein oder andere Konzert zu spielen.
Sebastian: Das ist Rückenwind, na klar. Aber es ist auch irgendwie lustig: Lange Zeit tobte eine Debatte über österreichische Musik im Radio, dann kommen Bilderbuch mit „Maschin“ und Wanda—und plötzlich fällt das Licht auf die Musikstadt Wien, und alle fragen sich: Verdammt nochmal, woher kommen diese Bands auf einmal? Die Antwort ist einfach: Es gibt sie schon zehn Jahre lang. Es ist lustig so von halb-innen mitanzusehen, wie ein Hype um eine Stadt und eine Szene entsteht, die man selbst seit Jahren kennt.

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