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Wir haben mit Österreichs bekanntestem weiblichen Hochzeits-DJ gesprochen

DJane Andrea über Musikwünsche, Betrunkene, Goa, Schlager, das Auflegen und mehr.

Foto von Steven Yi Lin

Wenn ich mir den Arbeitsalltag eines Hochzeits-DJs vorstelle, denke ich automatisch an gratis Essen, Freigetränke, gute Bezahlung und lustiges Auflegen. Also an einen absoluten Traumjob. Aber andererseits bist du als Hochzeits-DJ ständig mit extrem besoffenen Leuten und schrecklichen Musikwünschen konfrontiert. Wie perfekt ist der Job also wirklich? Um das herauszufinden, habe ich mich mit Andrea getroffen. Sie ist nicht nur die Chefin von Bierher.at, sondern auch der bekannteste weibliche Hochzeits-DJ Österreichs. Ihre Booking-Agentur namens Dj Express vermittelt DJs für Events wie Hochzeiten, Weihnachtsfeiern und Geburtstage. Die DJs müssen nicht nur über ein riesiges Repertoire—von Schlager bis Death Metal verfügen—sondern auch technisch affin sein. Denn die Anlage, DJ-Equipment und andere Spezialwünsche werden von ihnen mitgebracht und aufgebaut. Andrea ist seit 15 Jahren dabei und spielt teilweise auf bis zu 60 Hochzeiten pro Saison. Sie hat uns erzählt, wie's läuft.

Noisey: Wie bist du zum Auflegen und zu DJ Express gekommen?
Andrea: Ich habe das Jobangebot im Internet gesehen und mich einfach dafür beworben. Davor hab ich noch nie aufgelegt, aber ich wollte lernen wie man Übergänge macht. Bei einer Hochzeit wurde ich eingeschult und am nächsten Tag musste ich schon alleine bei einer anderen spielen. Mittlerweile bekommen die neuen DJs bei uns ein Trockentraining und gehen zu drei bis fünf Hochzeiten mit. Ich wurde ins kalte Wasser gestoßen. So auf: „Hier sind 40 Personen, die unterhältst du jetzt den ganzen Tag.“ Am Anfang war ich sehr aufgeregt, es ist schwer reinzukommen. Du weißt ja nie, was die Leute wollen. Jetzt habe ich eigentlich immer Spaß an meinem Beruf.

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Was für Musik spielst du am liebsten?
Die Genres, die ich sonst fast nie spielen kann und privat gerne höre. So wie Goa. Obwohl—einmal hab ich sogar schon auf einer Hochzeit Goa gespielt. Das Brautpaar wollte das so.

Auf deiner Dj Express-Seite steht, dass du alles außer Hiphop und Fm4-Musik spielst? Wie definierst du Fm4-Musik?
Ich hab auch letztens auf einer HipHop-Hochzeit gespielt. Ich spiele eigentlich alles—HipHop muss halt nicht unbedingt sein. Fm4-Musik mag ich gar nicht. Damit meine ich BritPop undso. Alles, was nicht so bekannt ist. Ich will Party-Stimmung machen und dafür braucht es Songs, bei denen man besoffen mitsingen kann.

Was sind die nervigsten Musikwünsche, die du bekommst?
Mich nervt fast nichts. Man muss ein großes Repertoire haben. Ich spiele alles von Musikantenstadl bis Death Metal. Wenn man Death Metal selbst nicht hört, macht es einen nach vier Stunden auflegen schon voll aggressiv. Aber so lange die Stimmung passt, ist mir eigentlich wurscht was ich spiele. Privat kann ich manche Sachen dafür gar nicht mehr hören. Wie Abba. Oder Après-Ski.

Gibt es Lieder, nach denen du immer wieder gefragt wirst? „La Isla Bonita“ höre ich zum Beispiel auf jeder Hochzeitsfeier.
Oh ja—„Time of my life“ von Dirty Dancing wollen sie immer. Madonna eher selten. Das war früher—genauso wie Prince und Michael Jackson. Als Michael Jackson gestorben ist, wurde es wieder bisschen mehr. Aber eigentlich wollen die Leute bei früheren Sachen nur 70er und 80er. „Ein Stern“ von DJ Ötzi musste ich dauernd spielen, als es rausgekommen ist. „Und jetzt nochmal!“ Nach zwei Liedern wieder. Und wieder. Aber das Brautpaar regiert. Helene Fischer ist auch ein Klassiker. Früher wollten das mehr die älteren Leute, mittlerweile auch die jungen. Dann gibt es noch das Fliegerlied und Cowboy und Indianer. Danach sind die Leute noch immer verrückt. Ich bin mit Schlager, Volksmusik und Country aufgewachsen. Deshalb stört es mich auch nicht, solche Sachen zu spielen.

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Foto von Steven Yi Lin

Welche Hochzeiten sind dir in Erinnerung geblieben?
Die Death Metal-Hochzeit. Da wollten sie eigentlich Motown hören, ab elf aber plötzlich nur mehr Death Metal. So viel Death Metal-Musik musst du erst mal kennen. Ich hab mir schwer getan, alle Musikwünsche zu erfüllen. Auf einer anderen Hochzeit wollte das Brautpaar, dass ich Country spiele. Also habe ich mich auf ein zwölfstündiges Country-Set vorbereitet. Die Gäste konnten nichts damit anfangen, deshalb habe ich nach zehn Songs wieder andere Sachen aufgelegt. Bei einer Hochzeit in einem Privatgarten ist die Braut in die Asche von einer Feuerstelle gefallen. Ihr Brautkleid war dann ganz schwarz. Einmal ist dem Bräutigam die ganze Hose aufgerissen. Manchmal fallen Begräbnisse auf den selben Tag wie die Hochzeit. Da ist die Stimmung natürlich ziemlich gedämpft. Außerdem gibt es oft sehr sentimentale Augenblicke. Das kann aber voll schön sein.

Gibt es Dinge, die du nicht so gerne an dem Job magst?
Ab und zu ist es anstrengend. Du stehst 13 Stunden da und legst auf. Die Anlage bringe ich ja selbst mit, deshalb muss ich sie dann noch abbauen. Um sieben in der früh hilft dir niemand mehr dabei—da wanken alle nur. Dann muss ich auch noch mit dem Auto heimfahren. Ich bin schon zweimal auf der Autobahn eingeschlafen. Zum Glück ist nichts passiert. Wenn ich merke, dass ich mich nicht mehr wach halten kann, schlafe ich bei einer Tankstelle.

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Sind die betrunkenen Leute nicht auch anstrengend? Wirst du manchmal angemacht?
Ja klar, aber das hält sich in Grenzen. Bei mir kommen sie nicht so wirklich auf die Idee, das ist meistens eher so kumpelhaft. Kann aber auch anstrengend werden. Ich schau dann einfach verzweifelt, dann kommt das Brautpaar und transportiert sie ab. Manchmal warnt mich das Brautpaar sogar vor, dass es einen Lästigen gibt. Wenn der zu mir kommt, soll ich ihnen sofort Bescheid geben. Oder sie sagen „Der darf sich kein Lied wünschen, das ist sonst eine Katastrophe.“

Glaubst du, dass dich manche buchen, weil du eine Frau bist?
Ein paar schon, aber ich hab auch schon das Gegenteil erlebt. Ich hab schon viele Anfragen an meine Firma gelesen, in denen drin gestanden ist, dass sie auf keinen Fall „die Frau“ wollen. Zweimal wurde ich trotzdem zu so einer Hochzeit geschickt, weil ein anderer DJ ausgefallen ist. Im Endeffekt waren sie eh begeistert. Als ich angefangen habe auf Hochzeiten zu spielen, haben die Leute aber oft gedacht, ich sei eine Freundin der Hochzeitsband. Weil sie nicht mit einem DJ und schon gar nicht einer DJane gerechnet haben.

Wo spielst du, wenn du nicht auf Hochzeiten spielst? Spielst du auch in Clubs?
Nein, Clubs sind mir viel zu laut und ich habe keine Zeit, mich auf ein Club-Set vorzubereiten. Das ist etwas ganz anderes, als auf einer Hochzeit aufzulegen. Aber ich spiele auch auf Betriebsweihnachtsfeiern oder Geburtstagen. Die unterschiedlichen Feiern sind spannend zu beobachten. Auf einer Weihnachtsfeier von einer Baufirma zum Beispiel, waren ungefähr zehn Damen und sonst nur Herren. Da spielst du entweder Rock oder den ärgsten Techno. Die Männer tanzen sowieso nicht, sondern wippen nur. Bei Firmen, in denen nur Frauen arbeiten, tanzen und kreischen alle. Bei Weihnachtsfeiern müssen alle hingehen und der Chef ist auch anwesend. Da brauchen die Leute erstmal einen ordentlichen Spiegel, um in Stimmung zu kommen. Bei Geburtstagsfeiern sind alle ein bisschen aufgeregt, weil es meistens eine Überraschungsparty ist. Am liebsten mag ich immer noch Hochzeiten. Wenn da niemand tanzen will, hast du immer noch die Möglichkeit klassische Hochzeits- oder Trinkspiele zu spielen. Ich moderiere die Spiele. Manche wollen dann nur noch spielen und keine Musik mehr hören. Wenn mal wirklich niemand in Stimmung kommt, schicke ich das Brautpaar raus und rede mit den Leuten, ob das ihr ernst ist. Sie müssen zumindest mitspielen oder ein bisschen tanzen, damit die Stimmung gut ist. Das funktioniert immer.

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Gibt es irgendwelche vorgegebenen Regeln von deiner Agentur?
Wir müssen Musikwünsche erfüllen, angemessene Kleidung tragen und nicht besoffen hinterm DJ-Pult stehen. Achja und wir dürfen niemanden an unser Equipment lassen. Das stellt uns nämlich die Agentur zu Verfügung.

Was arbeitest du neben dem Auflegen?
Ich arbeite bei Bierher.at. Also ich bin mittlerweile die Chefin. Das trifft sich gut, weil da im Winter mehr los ist. Im Sommer ist Hochzeitssaison. Mittlerweile spiele ich aber nur noch eine Hochzeit pro Woche. Überall wo ich bin gibt's Party und die Leute sind gut drauf. Ich kann mich echt nicht beklagen.

Dj Express zahlt einen fixen Stundenlohn. Je nach Umfang und Art des Auftrags verdient Andrea 200 bis 500 Euro an einem Abend. Privat verdienen Hochzeit-DJs mehr, dafür müssen sie sich selbst um Marketing und Equipment kümmern.

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