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Wieso alt-J es sich leisten können, ein beschissenes Live-Set zu spielen

Wir lieben sie trotzdem weiterhin. Und zwar immer mehr.

Alle Fotos Hanna Herbst

Nagut, sagen wir nicht beschissen. Sagen wir bescheiden. Natürlich, Fans der ersten Stunde haben alles mitgesungen. I love you so, I love you so. Matilda.

Aber gut, let’s start from the very beginning: Wir waren ja alle mega aufgeregt. Haben wir uns nicht selbst eingehört in diese—wie wars noch einmal?—vielleicht letzte coole Indierock-Band, so haben es uns doch unsere bärtigen, Hornbrille tragenden, Philosophie und Kultur- und Sozialanthropologie studierenden Hipster-Freunde gesagt, dass das hier am 16. Februar the place to be ist—das Wiener Gasometer.

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Was hat es eigentlich mit alt-J auf sich? Gehen wir die Setlist durch: Gestartet wird da mal mit „Hunger of the pine“, der Song, der noch dazu frivol und unverhohlen Teenie-Supershitgöre Miley Cyrus featured. „I’m a female rebel“—als hätten die das nötig! Und doch, wirken tut es ja trotzdem. Sex sells oder so. Und wenn man schon mal so unsexy präsent ist wie alt-J, die in ihrer technischen Ausgefeiltheit mehr an Nerdtum erinnern als an Pinup, muss man sich eben zu helfen wissen. Either way: die Crowd ist hingerissen. Aber gut, beim ersten Song soll das einmal kein Kunststück sein. Jedoch—es geht noch weiter! Alt-J wissen halt dann schon, was sie tun. Und wie sie uns ganz nervös machen. Die Setlist setzt sich im Stakkato fort. Frei nach dem Motto: „Ich muss mitsingen und hüpfen, dabei wollte ich doch einfach nur ganz cool an meinem Bier nippen“. Scheiß drauf, das flüssige Gold ist ohnehin im ausverkauften , verschwitzten Saal mittlerweile zu warmer, kohlensäure freier Brühe geworden. Cheers.

Da preschen dann ganz einfach einmal unverhohlen geile Stücke wie „Fitzpleasure“, das vermeintlich kitischige und doch einfach wunderschöne „Something good“ und dann auch noch „Left hand free“ durch die Menge. Bitches, was wollt ihr mehr?
Das fragt sich auch Sänger Joe Newman. Seine Stimme klingt selten so quietschig wie live—auch wenn das Album an hohen und teilweise verqueren Tönen schon einiges vorgibt. Well, dieser Punkt an Authentizität unübertroffen geht es auch schon holterdipolter weiter: Ein Mix aus erstem und zweitem Album wird geboten, mal mehr, mal weniger gejohlt, mitgegrölt, mitgeschmust. Besides: Abschlecken am Konzert in front of everyone ist wirklich nicht so ein wahnsinnig feines Benehmen. Das sei nur einmal kurz angemerkt für die nette junge Dame in den allzu engen Jeans und den Herrn mit Hang zur Halbglatze, der seine Hände gar nicht mehr von ihrem Hintern nehmen konnte. Please, behave! Ihr habt wohl den Guide zu „Konzert-Etikette“ noch nicht studiert.

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Zurück zum Punkt. Wir haben also viel gemunkelt. Haben uns viele beschissene Youtube-Videos angesehen und uns viel von unseren vornehmlich britischen aber vor allem musiktechnisch vielbewanderten Freunden sagen lassen über die vermeintliche Scheiß-Livequalität von alt-J. Und auch wenn sie das Jahr 2014 mit „This is all yours“ indierockmäßig definitiv gekrönt haben, sind wir mit wenig Erwartung in dieses Konzert—und damit in das verdammte, stickende Loch namens Gasometer gegangen. Und nichtsdestotrotz—nämlich trotz reduzierten Sounds, auf die Live-Performance abgestellten Drumsets und Gitarresätzen—können wir nicht sagen, dass wir uns nicht amüsiert hätten. Der Bierkonsum mag sein übriges getan haben, aber eines steht fest: Auf alt-J können wir uns immer noch alle einigen.

Lasst es uns erneut kitschig formulieren: Please don’t go—I love you so. Na, da freuen wir uns ja jetzt schon einmal auf einen FM4 Frequency Festival Headliner. In Gedanken, in Liebe—auch wenn nicht 100-prozentig in der Umsetzung. Alt-J können es sich, scheiße ja, einfach leisten. Wir lieben sie weiterhin. Und immer mehr. It was our Fitzpleasure.

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