FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Wie es ist, mit seiner Mama ein Pharrell-Konzert zu besuchen

Unser Autor war mit seiner Mama auf dem Konzert von Pharrell Williams in Wien. Sein Fazit: Jeder sollte mal mit seiner Mutter auf ein Konzert gehen.

Das musikalische Verhältnis zwischen Mutter und Kind ist oft kein einfaches. Auch bei mir und meiner Mama nicht. Spätestens seitdem ich ein pubertierender Rotzlöffel war, musste ich in Sachen Musik immer alles ein bisschen besser wissen als sie. Im Gegenzug dazu hat sie von den 5000 Songs, die ich ihr in den letzten Jahren vorgespielt habe, etwa 95% als „billigen Abklatsch von dem, was wir in den Achtzigern und frühen Neunzigern gehört haben“ abgetan. Doch vor ein paar Monaten sind wir tatsächlich auf einen Musiker gestoßen, den wir beide gleichermaßen gut finden: Pharrell Williams. Seitdem Mama sich Pharrels Album GIRL zugelegt hat, haben wir zum ersten mal eine CD, die wir im Auto in vollkommener Glückseligkeit nebeneinander hören können, und gleichermaßen gut finden. Keiner beschwert sich. Es ist herrlich.

Anzeige

Als ich gehört habe, dass Pharrell nach Wien kommt, ist daher schnell festgestanden: Ich werde das einst Undenkbare wagen, und zum ersten mal, seitdem ich zwölf Jahre alt war, mit meiner Mutter auf ein Konzert gehen. So abwegig ist Mamas Faible für Pharrell ja gar nicht. Denn auch wenn er aussieht als wäre er gerade mal Mitte zwanzig, ist er ja viel eher aus der Generation meiner Mama. Außerdem hat er, seit er sein Schattendasein als Produzent hinter sich gelassen hat und zu einem aschechten Popstar aufgestiegen ist, so gut wie jeden öffentlichen Auftritt genutzt, ums seine allumfassende Liebe Frauen dieser Welt kundzutun. Scheint doch tatsächlich, als wäre er der perfekte Mann für eine musikalische Mutter-Kind-Reunion. Also rein ins Auto, GIRL in den CD-Player, und zur Wiener Marx Halle gesaust. Erste Erkenntnis vor der vor der Venue: Hey, wir sind bei Gott nicht die einzigen, die dieses Konzert für einen generationenübergreifenden Ausflug nutzen. Vom Volkschul- bis zum Pensionsalter ist so ziemlich alles vertreten. Egal wie alt du bist, du kannst dir hier eigentlich gar nicht fehl am Platz vorkommen. Ziemlich angenehme Abwechslung zu den Veranstaltungen, die man als junger Erwachsener sonst so besucht.

Die Wartezeit vor der Show nutzt Mama, um sich so ziemlich jede Info zu ergoogeln, die bei einem Konzert überlebenswichtig ist: Von Pharrells Körpergröße (175 cm) über sein Sternzeichen („Ich hätte wetten können, dass er ein Wasserzeichen ist, aber er ist Widder!), bis hin zu sämtlichen Daten über die Vorband Foxes („Hey, die Sängerin ist ja nur zwei Jahre älter als du!“). Ich bin noch dabei zu stauen, wie effektiv sie ihr iPhone mittlerweile einzusetzen weiß, da startet Pharrells Show auch schon mit „Come Get it Bae“.

Anzeige

Die halboffene Marxhalle ist optisch eine wirklich brauchbare Alternative zu Gasometer und Stadthalle, akustisch zumindest heute aber nicht berauschend. Das ist ein bisschen schade, denn die Show ist ansonsten echt unterhaltsam. Eine großartige Band, pipifeine Visuals, und Tänzerinnen, die anders als bei vielen anderen Shows, wirklich cool eingesetzt werden. Pharrels Stimme droht zwar bei so viel akustischem und visuellem Overdrive ein bisschen unterzugehen, irgendwie kratzt er mit seinem Lausbuben-Charme dann aber doch immer wieder die Kurve.
Meine Mama verblüfft mich währenddessen immer weiter. Die gute Atmosphäre hier macht sie richtig kreativ. Sie hat sich aus zwei Getränkebechern ein Podest gebaut, damit sie ein bisschen mehr von dem ganzen Spektakel auf der Bühne erspähen kann. Sie findet die Show großartig. Außerdem hat sie sich schon mit dem halben Publikum rund um uns angefreundet. Sie ist auf Konzerten ganz offensichtlich der sozialere Typ als ich. Und das ist nur eine der vielen Erkenntnisse über meine Mutter, die ich im Laufe dieses Abends so erlange. Weitere solcher Erkenntnisse wären:

- Mama kann so gut wie alle Songtexte von Pharrell besser auswendig als ich.

- Auch Mütter haben auf Konzerten mittlerweile das Bedürfnis, (unscharfe) Selfies zu machen:

Pharrell selber findet das mit den Selfies übrigens unnötig: Nachdem er ein paar Leute aus dem Publikum für einen Song auf die Bühne geholt hat, erklärt er einem Kerl, der unbedingt noch ein Foto mit ihm machen will, bevor er von der Bühne muss, dass er wirklich kein Selfie mit ihm braucht. „Yo, we just shared a moment on stage, together!“. Recht hat er eigentlich, der Pharrell.

Mittlerweile hat er übrigens, ganz zu meiner Freude, seinen alten N.E.R.D.-Spezi Shay Haley auf die Bühne geholt. Neben all dem neuen, guten Zeug wird auch kaum ein Hit ausgelassen, den Pharrell in den frühen Zweitausendern geschrieben und/oder produziert hat. Von „Hot in Herre“ über „Frontin’“ oder „Drop It Like it’s Hot“. Jetzt bin ich genau so zufrieden wie Mama. Am Ende der Show holt er dann sogar noch eine ältere Lady mit den Worten „Age ain’t nothing but a number, Baby“ auf die Bühne, bevor er als Zugabe „Happy“ spielt - den Song, auf den all die Kiddies hier wohl die ganze Zeit gewartet haben. Die Konfettikanonen schießen zum Abschluss aus allen Rohren. Mama ist natürlich auch ganz hin und weg. Pharrell, der alte Charmeur, weiß aber auch wirklich, wie er jeden um den Finger wickelt.

Fazit des Abends: Solltet ihr irgendwann in der Zukunft mal auf ein Pharrell-Konzert gehen, dann nehmt unbedingt eure Mama mit. Oder eure Kinder. Oder Geschwister. Teufel, nehmt von mir aus eure Großeltern mit. Ihr werdet eure Verwandten von ihrer positivsten Seite erleben, und viel über sie lernen. Es zahlt sich aus.

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.