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Wie du auf Tour zu Gras kommst

Wenn The Kominas in Europa auf Tour sind, versuchen sie immer, etwas Vernünftiges zu kiffen zu bekommen. Doch sind sie von dem Zeug, was sie hier so finden, recht enttäuscht, dafür aber von der deutschen Effizienz beeindruckt.
T. Kid
von T. Kid

Foto von Nick Milo

Wenn ich nicht gerade zu Hause in meinem Sessel sitze, eine Tabakpfeife rauche und darüber nachsinne, welchen fesselnden Aspekt der Marihuanawelt ich in meiner nächsten Gras-Kolumne durchspielen werde, schwelge ich in typischen Kindheitsfantasien, in denen ich ein Rockstar bin. Ich habe einen großen Teil meines Lebens damit verbracht, in Bands Schlagzeug zu spielen und obgleich nichts, was ich je gemacht habe, besonders erfolgreich war, haben mich meine Endzwanziger dem Leben als Rockstar etwas näher gebracht. Ich spiele mit meiner Band The Kominas, einer muslimischen Punkkombo, ein paar mal im Jahr in verschiedenen europäischen Städten. Meistens werden wir für so Multi-Kulti-Festivals, die der breiten Öffentlichkeit Muslime menschlich erscheinen lassen sollen, gebucht. Für diesen Zweck geben wir ziemlich anständige Posterjungs ab. Wir waren bereits in Großbritannien, Norwegen, Frankreich, Deutschland, Österreich und noch in einer Hand voll weiterer europäischer Länder, um unsere Version von „Muslim Punk“, die abgesehen von unserem Namen und unserer Hautfarbe nur entfernt muslimisch ist, zu präsentieren. Als Band sind wir keine besonders fordernden Typen. Wir ersparen Organisatoren jegliche Attitüde von wegen, dass wir nur grüne M&Ms oder so wollen. Auch verhalten wir uns eher wie Touristen als wie eine Band auf Tour. Wir schlafen da, wo man es uns sagt, essen das, was uns vorgesetzt wird, und erscheinen pünktlich zum Soundcheck. Das Einzige, was wir verlangen, ist Gras. Wir vermeiden es, diese Frage bereits bei der Planung der Tour zu stellen. Wir sparen sie uns für die Fahrt vom Flughafen zum Hotel auf, wenn sie uns bereits am Hals haben. Die Reaktionen reichen von völliger Kooperation über leichte Belustigung bis hin zu vehementem Leugnen, dass es in ihrem Land überhaupt Drogen gibt. Aber wir wissen ganz genau, dass es da, wo es Jugendliche gibt, die zu einer Punk-Show gehen, auch was zu Rauchen gibt. Oslo
Das bislang gastfreundlichste Land war Norwegen. Dort wurden wir am Osloer Flughafen abgeholt und direkt zu einem Pothead gebracht, wo wir uns zudröhnen konnten. Dann fuhren sie uns zu unserer Herberge. Als tägliche Ration gab es eine Handvoll Gras. Das einzige Problem ist, dass nichts von dem Zeug, das wir je bekommen haben, auch nur annähernd so stark war wie das zu Hause. Wir rauchten es mit der Hand über der Faust und mit einer ordentlichen Dosis gesunden norwegischen Bieres, nur um am letzten Morgen festzustellen, dass wir nach vier Tagen nicht richtig dicht waren. Glücklicherweise sind Norweger lustige und nette Leute, so dass wir uns kaum um einen Rausch betrogen fühlten. London
Der nächste Halt des Trips war London. Dort landeten wir zufälligerweise mitten in den Krawallen von 2011. Nachdem wir zusammengekauert in einem sicheren Haus nahe der Farringdon Station waren, wagten wir uns raus, nur um auf den schmutzigsten Pakistaner zu treffen, den ich je gesehen habe, um ein paar Gramm abzugreifen. Nachdem er in unseren Mietwagen gestiegen war und in einem schrecklichen Cockney kreischte, begannen wir, unsere Entscheidung, ihn reinzulassen, ein wenig zu bereuen. Der Kauf lief allerdings ohne Probleme ab. Erst als wir zurück im Haus waren, merkten wir, dass der Scheiß nach schalem Zimt und verbrannten Haaren schmeckte. Gefangen in der Wohnung hatten wir etwas Selbstmitleid, als wir all die Plünderer und Randalierer im Fernsehen sahen. Wir fragten uns, ob einer von denen wusste, woher wir etwas anständiges Haschisch oder Gras bekommen könnten, um die Riots auszusitzen. Berlin
Kurz nach dem London-Fiasko fanden wir uns in Berlin wieder. Dort hatten wir leider keinen offiziellen Mittelsmann, nur einen Freund. Der entpuppte sich aber als wahre Perle. Er fand uns einen Schlafplatz, kutschierte uns durch die ganze Stadt und zeigte uns den Ort, an dem es alles gab. Doch klang der weit weniger dubios, als er dann aussah. Als der routinierteste (teuflische) Kiffer in unserer Crew wurde ich damit beauftragt, mich in die Büsche eines Parks zu wagen, um eine Gruppe afrikanischer Typen anzusprechen, die dort mittelmäßiges Gras verkauften. Obwohl sie ganz und gar nicht deutsch waren, war die gesamte Operation durchsetzt von der Effizienz, die man ihrer neuen Heimat immer zuspricht. Sobald ich meine Anfrage gemacht hatte, musste ich mich anstellen. Ich stand da zusammen mit zwei deutschen Kids, die aussahen, als hätten sie noch nie einen Schwarzen gesehen. Dank meines relativ entspannten Auftretens betrieben sie noch etwas Small Talk mit mir und legten ein extra Gramm Gras obendrauf, was ich meiner bereits erwähnten lockeren Erscheinung und nicht etwa einem Fehler des Verkäufers zuschreibe. Was diesen verborgenen Geschäftszweig angeht, war Berlin total entspannt und wir hatten auch in allen anderen Parks, in denen wir es versuchten, kaum Schwierigkeiten. Selbst die Qualität war ziemlich solide und bei weitem besser als das Zeug, das du auf den Straßen großer Ostküstenstädte findest. Somit waren wir optimal ausgestattet, um die Wunder Berlins, eine der coolsten Städte auf diesem Planeten, zu genießen. Mailand
The Kominas waren in Mailand, um beim 8. Milano Clown Festival (fragt nicht) aufzutreten. Aufgrund eines früheren Erlebnisses in Rom hatte ich erwartet, nur miesen, überteuerten Stoff zu bekommen. So war es dann auch in der ersten Nacht. In einer Bar, in der Studenten rumhängen, fanden wir einen Dealer. Das Haschisch in Italien ist trügerisch. Beim Inhalieren gibt es dir ein vertrautes, erhebendes Gefühl, das aber zu nichts führt und dich nach wenigen Minuten ausgebrannt zurücklässt.

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Es ist irgendwie einleuchtend, dass wir als Reisende in fremden Ländern selten Zugang zu dem richtig guten Zeug bekommen. Aber selbst wenn wir einen gut informierten Kontakt haben, der uns garantiert, dass wir das Beste, was das Land zu bieten hat, bekommen, müssen wir abwarten, bis wir wieder zurück in Amerika und bei unserer vertrauenswürdigen Connection sind, um die Wirkung von THC wirklich zu spüren. Ist es möglich, dass uns das stereotype amerikanische Verlangen nach größer, schneller und stärker mit dem wirksamsten Marihuana der Welt gesegnet hat? Oder halten unsere europäischen Brüder uns nur hin? Warten sie darauf, dass wir abreisen, damit sie nach dem guten Zeug, das sie für sich behalten wollten, in ihr Handschuhfach greifen können? Gerne würde ich glauben, dass sie das Beste, was sie haben, mit uns teilen. Und dass ihnen die Qualität nicht so wichtig ist wie uns. Oder dass es eben nicht überall fantastisches Gras gibt. Während ich diese letzten Gedanken schreibe, brenne ich unser letztes Stück Mailänder Haschisch ab. Eigentlich möchte es keiner mehr wirklich noch rauchen. Wir möchten uns einfach etwas abstumpfen, bevor wir durch die Stadt schlendern und nach einem Ort zum Hinsetzen Ausschau halten. Trotzdem haben wir wieder einmal ein Objekt unserer Begierde in einer fremden Stadt gefunden, so hässlich es auch sein mag. Gott verdammt, wir brauchen wirklich ein paar Groupies oder so was …

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