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Was ich durch Scrubs über Musik gelernt habe

Zum Beispiel, dass 99 Lufballons immer geht.

Die deutsche Erstausstrahlung von Scrubs—die Anfänger liegt nun etwas mehr als 10 Jahre zurück (und ist damit nur ein Jahr älter als OC California) . Eine Zeit, als mein MP3-Player noch voller Nu Metal-Scheiss war und sich die ganze Welt zähneknirschend auf den dritten Matrix-Teil vorbereitete, hatte ich kein Bewusstsein für Musik in Fernsehserien oder habe diese bis zur großflächigen Einführung des Internets einfach nicht wahrgenommen, geschweige denn mir die Mühe gemacht, sie zu verstehen. Dank Scrubs habe ich verstanden, wie gut man Musik einsetzen kann, um Szenen zu untermalen und Stimmungen zu transportieren und wie salzig-schmalzig die Tränen schmecken, die man bei manchen Szenen einfach vergießen muss—und ich habe nicht mal bei König der Löwen geweint, ok?!

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99 Luftballons ist geil und geht immer.

Vor Scrubs hab ich es geahnt, danach hab ich es gewusst: Der Neue Deutsche Welle-Popkracher von Nena aus dem Jahr 1982 ist ein zeitloser Klassiker und kann verwendet werden, um mit Deutschen zu kommunizieren und unangenehm-peinliche Situationen aufzulockern. Also zumindest in JDs Gedankenwelt. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass das auch in der Realität ein effektives Verdrängungswerkzeug wäre. Jedenfalls tanze ich beim Hören des Lieds immer so, als träge jeder Stirnband und offen zur Schau gestellte Achselhaare und als ob die wirkliche Welt für vier Minuten nicht mehr existiert.

Weniger ist oft mehr und nicht weinen ist auch nicht immer drin.

Wenn jemand stirbt, ist das auch in einer relativ lustigen Serie eine traurige Angelegenheit. Wenn der Verstorbene dann auch noch der Bruder von Dr. Cox Frau Jordan und die einzige Person ist, die für Dr. Cox irgendwie als Freund gilt, macht das die Sache auch nicht wirklich besser. Wenn wir jetzt noch bis zum Ende der Episode „My Screw Up“ nichts von diesem Ableben ahnen und erst gemeinsam mit Dr. Cox auf der Beerdigung langsam verstehen, was los ist, sind die Schleusentore des Tränenstaudamms bereits meterweit geöffnet. Und spätestens wenn man den stoisch-strengen Oberarzt mit Tränen in den Augen sieht und das sanfte Gitarrengesäusel aus „Winter“ von Joshua Radin in vollem Gange ist, verwandelt sich jeder noch so hartgesottene Mannskerl in ein flauschiges kleines Bambi und dem salzigen Sturzbach steht nichts mehr im Weg.

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Wir wünschen uns alle die Disney/Friends-Beziehung

Als untermalt von „Dreaming of You“ JD und Eliot nach einer Staffel und zehn Folgen endlich zu Weihnachten in der Kiste (und unter dem Weihnachtsbaum) landen, knallten bei mir innerlich die Korken. „Es gibt sie doch, die wahre Liebe“, und obwohl Scrubs noch ein paar Jahre auf der selben fürchterlich falschen „On- und Off-Beziehungen sind ok, am Ende kommt man sowieso wieder zusammen“-Ross-und-Rachel-Schiene wie Friends fahren wird, die uns zu selbstsüchtigen Idioten mit absurden Erwartungshaltungen gemacht hat, stecken in den zweieinhalb Minuten Lied mehr Wahrheiten über Liebe und unerfülltes Verlangen als in so manchem Rosamunde Pilcher Film.

“Don´t Stop Believin“ ist die Hymne für alles

„Don't stop believin'“ ist die zweite Bundeshymne der USA und kam ein paar Jahre vor dem Einsatz im berühmt-berüchtigten Sopranos-Finale auch schon in der dritten Staffel von Scrubs vor. Mittlerweile ist die American Dream-Kitsch-Powerballade die inoffizielle Hymne jeder zweiten amerikanischen Sportmannschaft, obwohl es „South Detroit“ überhaupt nicht gibt. Und sogar in Glee wurde das Lied schon verwurstet—müsste es nicht eigentlich ein Gesetz gegen sowas geben? Dann müsste man sich auch keine Sorgen mehr machen, dass Musik-Blasphemiker wie die Black Eyed Peas meine Lieblingstracks von Tarantino entweihen. Und obwohl ich mittlerweile einen Hauch älter und reifer bin, finde ich die Message des Lieds noch immer irgendwie romantisch. Du kannst alles schaffen, wenn du nur fest genug dran glaubst. Ein wenig an der Realität vorbei, aber irgendwie romantisch. Ein bisschen so wie Scrubs eben. Don't stop!

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Ein guter Anfang kann auch ein gutes Ende sein.

„Superman“ ist das Titellied von Scrubs und dazu gibt es sogar tatsächlichen Text (von dem man im Intro wenig mitbekommt) und ein Musikvideo, bei dem der mittlerweile zum Hassliebling mutierte Zach Braff Regie geführt hat. Aber auch im Abspann des EIGENTLICHEN Finales in der achten Staffel gibt es eine schöne A Capella-Version gesungen von Teds traurigem Barbershop-Quartett The Worthless Peons. Sachen, die am Anfang vorkommen am Ende zu verwenden ist ein schönes Stilmittel und erinnert mich an LOST (was?! Spoiler Alarm). Dass es noch eine neunte Staffel gegeben hat, in der sogar Musik von Nickelback vorkommt, ignorieren wir einfach, und konzentrieren uns auf die viel zu selten gehörten Lyrics von „Superman“. Denn trotz der vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Powerhymne von Journey sind wir alle keine Supermänner und brauchen in dem ganzen Alltagswahnsinn ab und zu ein bisschen Hilfe, um nicht den Verstand zu verlieren.

Schickt Adrian 99 Luftballons auf Twitter: @doktorSanchez

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