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Was ich durch Brian Molko über Stil gelernt habe

Und über Drogen.

Ach, Placebo. Als Cruel Intentions 1999 in die Kinos kam, tauchte Placebo das erste Mal auf meinen Radar auf. Ja, es ist furchtbar eine Band während ihres kommerziellen Durchbruchs kennenzulernen. Aber für jemanden, der sich davor musikalisch auf die Bravo Hits verlassen hat, ist auch das eine Art Hoffnungsschimmer. Durch Platzbo—wie sie alle Menschen, denen die Band nichts gesagt hat, liebevoll genannt haben—bin ich auf Pixies, Bowie und Sneaker Pimps gekommen. Aber es war hart, damals Fan zu sein. Das Internet war scheiß langsam und man durfte es nur benutzen wenn man alle Hausaufgaben erledigt hatte—also so gut wie nie. Die Zeit, an den ich den alten Herren Computer verwenden durfte, habe ich damit verbracht, verpixelte Brian Molko-Fotos auszudrucken und mich nach seinem Ebenbild zu kleiden. Diese Geschichte wird nicht weniger traurig, aber ein paar Dinge hat mir Brian damals doch tatsächlich gezeigt.

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Die Welt braucht mehr orangen Lippenstift

Screenshot via YouTube

Letztes Jahr war oranger Lippenstift der heißeste Shize für Menschen, die zu viel auf Pinterest surfen oder sich die Vogue leisten können. Der britische Musiker wusste aber schon 1998, dass sich die Farbe zwischen Gelb auf Lippen gehört. Im Video zu „Pure Morning“, in dem Molko leider immer noch wie der schönste Mensch der Welt aussieht, hat er mich süchtig nach dieser sonst sehr grässlichen Farbe gemacht. Im echten Leben—also abseits von MAC, Shiseido und der Eigenmarke von DM—ist Orange eine Farbe, die abgeschafft gehört. Das gilt für orange Pullis, orange Orangen, orange Menschen (siehe Petzner) und orange Badezimmerfliesen im Stil der 60iger.

Be pale!

Screenshot via YouTube

Brian Molko hat mich immer ein bisschen an Schneewittchen erinnert. Diese Blässe, an der man fast erblindet, übt eine unglaubliche Faszination auf mich aus. Nachdem ich mir zum ersten Mal Videos wie „Nancy Boy“, „You Don´t Care About Us“ usw auf meinem alten, ein Meter breiten und ein Meter langen Computer im Gegenteil von Lichtgeschwindigkeit angesehen habe, stand fest: Dunkelheit ist meine neue Liebesbeziehung. Im Urlaub in der Türkei habe ich mich in den Schatten gelegt und mich mit den flauschigen Hotelhandtüchern zugedeckt. Nicht ein Teil meines Körpers durfte an die Sonne. Von den Eltern für verrückt erklärt, habe ich meine Brian Molko-eske Blässe gefeiert. Sätze wie „Hast du den Sommer in einer Höhle verbracht“, „Kindle, wos fahlt da, bist bloss wie de Malta“ und „Eine Leiche sieht lebendiger aus als du“ waren natürlich Teil meines kleinen Projekts. Dank Brian hat zumindest die Sonne keine nachhaltigen Schäden bei mir angerichtet. Thanks, Dude.

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Mit schwarzen Fingernägeln liegt man immer richtig

In meiner Jugend hatte ich ein besonderes Feindbild: Maskuline Männer. Nicht nur wegen ihrem Äußeren—und mit 13 ist man wirklich gnadenlos oberflächlich—nein, es hat sich bestätigt, dass die meistens auch Proleten sind, die sich gegenseitig die eh schon unterm Arsch hängenden Skaterhosen ganz runterziehen, Schule schwänzen um in Parks Eristoff Ice zu trinken und ständig „Olta, da Hund he“ sagen. Geschminkte Jungs hingegen sind in Parks an Brunnen gesessen und haben gelesen, Musik gemacht und philosophiert. Wenn diese Männer schwarzen Nagellack trugen war es bei mir aus. Ich war auf der Stelle verliebt und hatte Liebeskummer gleichzeitig, weil ich eigentlich ja doch nur Brian Molko wollte und jeder andere am Ende dann doch nur eine Kopie war. Fan zu sein war also nicht nur eine harte, sondern auch eine traurige Angelegenheit.

Man sollte sich nichts draus machen, wenn man hässlich wird

Brian Molko ist vom schönsten Mann zu einem britischen Schwamm geworden, mit dem zu viel Fett aufgewischt wurde. Das ist auch OK so und mir auch scheißegal wie er aussieht. Aber für ihn muss das ganz schön hart sein. Als ich ihn beim Frequency 2014 sah, habe ich mich jedes einzelne Mal erschreckt, wenn ich ihn direkt ansah. Diese Bräune. Diese hässlichen, fettigen, langen, ungepflegten, vermutlich stinkenden Haare, die wahrscheinlich auch Obdach für kleine Tierchen sind. Dieses Mondgesicht. An seiner Stelle hätte ich entweder einen auf Daft Punk oder Gorillaz gemacht oder einfach ganz mit der Musik aufgehört. Aber Brian lässt sich von seiner Hässlichkeit nicht unterkriegen. Ich klopfe dir auf die Schulter, Brian.

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Jeder Mensch sollte seinen Limp Wrist draufhaben

Funktioniert gut mit Zigarette in der Hand. Aber das darf man im Jahr 2015 ja nicht mehr laut sagen. Er darf nur nicht zu übertrieben sein. Wenn man den Limp Wrist elegant hinbekommt, kann das Leuten mit Hang zu landwirtschaftlicher Aura helfen, ein wenig mehr Glamour in ihr Leben zu zaubern. Die Bewegung ist die Pirouette der Gliedmaßen.

Immer Schwarz zu tragen

Screenshot via Google

Googelt doch mal Brian Molko. OK, ich hab das schon für euch erledigt. Brian trägt fast ausschließlich schwarzes Gewand. Das habe ich ihm damals nachgemacht und bis heute wird man mich sehr, sehr selten, nie eigentlich, in bunter Kleidung sehen. Man könnte meinen, ich sei Goth gewesen. War ich aber nie. Selbst wenn ich eine dunkelblaue Jeans trage fühle ich mich als wäre ich ein in einem Kaleidoskop gefangener Kanarienvogel, der in einen Farbtopf gefallen ist. Wo sind eigentlich die männlichen Musiker, die den Mädchen die im gleichen Alter sind wie ich damals, zeigen, was sie tragen sollen?

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