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Warum es besser ist, unter der Woche fortzugehen

Ich mag am Wochenende fortgehen nicht.

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Als ich nur ein kleiner, unbedeutender Student der Sozialwissenschaften war, der ein oder zweimal die Woche gejobbt hat, spielte sich meine Fortgeh-Welt montags bis donnerstags ab. Freitag und Samstag habe ich mit penibelster Genauigkeit gemieden. Das ging sogar so weit, dass die Partys, die ich veranstaltet habe, am Donnerstag stattfanden—an meinem persönlichen Samstag. Dann habe ich meine Vollzeitbeschäftigung angefangen, und notgedrungen verabschiedete ich mich von meinem Dienstag- und meinen Donnerstag-Abend. Unter der Woche fortzugehen—wenn man am nächsten Tag funktionieren muss—kann nämlich absolut gar nix. Unter der Woche fortzugehen—wenn man am nächsten Tag theoretisch nur eine Vorlesung hat—kann schon was. Als ich also in die Welt der Erwachsenen eingetaucht bin, fielen meine liebsten Veranstaltungen weg und ich war auf das Wochenende angewiesen. Und nach genauer Gedankenanalyse, muss ich sagen, dass Fortgehen unter der Woche nicht nur mehr meinem Geschmack entspricht, sondern tatsächlich besser ist, wenn man die Fakten gegenüberstellt.

Die Partys

Am Wochenende: Die letzten Wochenenden waren ein einziges Battlefield. Die eine Freundesgruppe, möchte unbedingt auf das überfüllte Fest in der einen Disco, die andere Freundesgruppe will unbedingt auf das Open-Air. Wiederum die Freundin, die ich ewig nicht gesehen habe, möchte ganz woanders hin. Meine eigenen Vorschläge, habe ich gar nicht erst gesucht. Jede Event-Seite hatte eine Auswahl an mehr als 20 Partys. Herausgekommen ist, dass ich eigentlich—mit ein paar Ausnahmen—eh fast jedes Mal in der selben Disco war. Da man ja unter der Woche arbeiten ist, geht man tendentiell zu der Party, bei der die meisten Freunde sind, damit man die sozialen Kontake so breitflächig wie möglich befriedigen kann. Außerdem besucht man eher das sichere Pferd, da es nicht drinnen ist, zwei Mal Eintritt zu zahlen. Auch ein plötzlich-auftauchendes Wochenend-Problem: Kinder. Dazu komme ich noch.

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Unter der Woche: Unter der Woche haben nicht alle Lokale offen, die Auswahl zum Fortgehen scheint marginal. Hierzu eine kleine Ankedote: Mein Vater geht seit Jahren in den Hofer einkaufen. Als ich ihn gefragt habe, warum wir nicht in den Billa oder Spar gehen, wie ganz normale Menschen, sagte er zu mir äußert weise Worte: „Frederika, die anderen Geschäfte haben mir zu viel Auswahl. Ich finde es leichter, mich zwischen zwei Produkten zu entscheiden, als zwischen zehn. Außerdem ist das Geschäft somit übersichtlich und zeitsparend." Gut, fortgehen unter der Woche ist nicht zeitsparend, aber man kann es ganz gut ummünzen. Wenn du auf diversen Event-Seiten abhängt und mit Freunden genau die Auswahl zwischen einer Goa, einer HipHop-Party und einer snobbigen Techno-Party hat, entscheidet man sich eher zusammen, mit dem „Oh Gott, auf gar keinen Fall"-Prinzip. Schlimmstenfalls, geht man einfach in einen Pub. Und setzt sich an einen Tisch, der auch frei ist.

Das Geld

Am Wochenende: Am Wochenende kostet der Eintritt kaum unter zehn Euro. Es ist so. Die Aktionen zum Trinken, sind kaum existent im Vergleich zu unter der Woche. Wozu sollte man auch auf die Kohle schauen als Betreiber oder Veranstalter? Es ist Wochenende, die Leute kommen eh einfach wegen dieser einen Tatsache. Man muss sie nicht mit billigen Drinks und einen humanen Eintritt locken. Wenn es ein Lokal mit Aktionen am Wochenende gibt, gibt es auch 16-jährige mit der E-Card der großen Schwester. Seit neuestem weinen viele Lokale, dass die Gäste nicht bereit sind, 15 Euro Eintritt zu zahlen, um dann drinnen den vier Euro Spritzer süffeln zu dürfen. In einem wahrscheinlich komplett überfüllten Lokal, Altersspanne 15-40. Die Lokalbetreiber verstehen uns nicht, ich verstehe sie nicht. Dann bucht halt keine großen Namen, sondern besinnt euch auf ein Preis-Leistungs-Verhältnis, dass der Realität eines Durchschnitts-Fortgehers entspricht um Gottes Willen. Damit hebt ihr euch von allen anderen Lokalen in Wien ur ab. Marktlücke gefunden. Tja, ich war auch nicht bereit. Habe ich sehr ungern gemacht. Geld hatte ich zwar, die Lust es auszugeben weniger.

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Unter der Woche: Wenn du unter der Woche fortgehst, bist du Teil einer kleinen Randgruppe, die man liebevoll „Schichtarbeiter" oder „Student" nennt. Man will dich locken. Du als Gast, bist tatsächlich der König, jeder Cent wird dankbar entgegen genommen. Daraus entstehen humane Eintritte für eine sehr ähnliche bis viel bessere musikalische Beschallung wie am Wochenende. Nur ohne die ganz großen Namen. Aber auch ohne die ganz, ganz, ganz vielen Menschen. Daraus entstehen auch, diverse Getränke-Aktionen. Daraus entsteht ein lustiger Abend für 20 oder 50 Euro. Daraus entsteht auch, die Flexibilität, einfach woanders hinzufahren, wenn du eh nur 3 Euro Eintritt gezahlt hast. Daraus entsteht die Lust am Ausgeben, liebe Betriebschefs.

Die Leute

Am Wochenende: Ich habe es oben erwähnt. Es kommt die Kinderproblematik dazu. Unter der Woche sind nämlich nicht nur Leute arbeiten, nein sie sind auch in der Schule. Wir waren alle mal unter 18. Wir kennen die Tricks. Wir wissen, dass es oft klappt mit dem Reinkommen. Einmal war ich auf einem komplett überfüllten Fest in einer Wiener-Disco. Um ur viel Geld. Ich dachte mir, dass der Eintritt, einfach das Wochentaschengeld der Jugendlichen von heute ist und sie einfach das abhält. Hat es nicht. In der Schlange wurden Hausübungen besprochen. Kein Hate gegen Teenager. Ich finds ja auch cool, dass sie mit mir Majestic hören. Aber, wenn ich nochmal ein 30-minütiges Gespräch mit einem 18-jährigen habe und erst dann draufkomme, dass er 18 ist, dann kriege ich einen Anfall. Hört auf so alt auszusehen! Und hört auf betrunken am Klo zu weinen! Das zweite Problem: Egal wohin du gehst: Es ist wirklich voll. Und wenn es nicht voll ist, ist es sehr leer und wahrscheinlich eher scheiße. Ich war seit Februar bis jetzt, auf einer einzigen guten Party am Wochenende. Eine. Und auch die war übervoll. Ich hab einfach ein Problem mit Warteschlangen und Menschenmengen. Und „große Namen" sind mir leider scheißegal. Menschen nicht. Ich mag nicht zu viele Menschen. Lokale schon. Deshalb lassen sie auch alle rein. Mit der E-Card der großen Schwester. Hört auf damit!

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Unter der Woche: Es haben, wie erwähnt, maximal drei Tanzlokale offen. Diese sind meist OK gefüllt. Nicht zu voll, nicht zu leer. Genau meine Art von Vergnügen. Also man kann sitzen, man kann abspacken auf der Tanzfläche, man bekommt sein Getränk in unter 30 Minuten Wartezeit. Nächster Vorteil: Das Alter. Während es am Wochenende stets ein Überraschungsei aus Altersspanne von mindestens 15 Jahren ist, gehen unter der Woche eher die Erwachsenen fort. Ob sie Langzeitstudenten, normale Studenten, arbeitendes Volk mit Zeitausgleich, Schichtarbeit oder einfache Arbeitslose sind, findet man ihm Gespräch heraus. Der Gesprächsopener ist übrigens „Und, was machst du an einem Dienstag in einem Club?" Man hat auch sehr schnell heraus, wo eher die Afterwork-Menschen abhängen und wo die BOKU-30stes-Semester-Menschen ihren Spritzer, der Ausspannung wegen, trinken.

Fahrten

Am Wochenende: Ja, OK. Gewonnen. Trotzdem: Wenn ich irgendwo bereits ziemlich viel Eintritt bezahlt habe, bin ich trotz Nacht-U-Bahn, nicht unbedingt gewillt woanders hinzufahren und nochmal ein kostspieliges Risiko einzugehen. Und nein, ich bin wirklich eher großzügig als geizig. Aber Freunden, nicht Lokalen gegenüber. Außerdem bin ich Sozialwissenschafts-Studentin, ich muss also Geiz lernen. Für mein Leben.

Unter der Woche: Unter der Woche ist es nachts leider wirklich kacke. Aber so kacke auch nicht.

Fredi geht jetzt gemischt fort: @schla_wienerin.

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