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Warum lassen wir Jay-Z durchgehen, dass er so ein Arschloch ist?

Sein letztes wirklich gutes Album liegt ein knappes Jahrzehnt zurück. Seitdem kriegen wir für unser Geld nur noch Scheiße. Das können wir nicht länger ignorieren.
Ryan Bassil
London, GB

Foto via NRK P3

Letzte Woche hat „der einzige Rapper, der ohne Stift die Geschichte neu schreibt“, die Geschichte mit einem Handy neugeschrieben, indem er sein zwölftes Studioalbum Magna Carta Holy Grail über eine App für das Samsung Galaxy releaste. Nicht jeder mag das Album, aber jeder möchte darüber sprechen. Also, lasst uns das tun.

Es ist schon ein paar Jahre her, als Jay-Z beschloss, der angesehenste HipHop-Künstler der Welt zu werden und die Mittelklasse dazu brachte, inflationär die N-Bombe zu droppen, ohne dafür gescholten zu werden. Während Jay im Radio rauf und runter läuft, müssen wir uns manchmal daran erinnern, dass er kein Geschäftsmann ist. Er ist ein verdammtes Geschäft. Und ich will mich wirklich nicht in sein Business einmischen, aber verdammt noch mal, ich habe lang genug dabei zugeschaut, wie er den Rest der Welt verarscht.

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Jay-Z hat ein paar gute Alben abgeliefert und sicherlich hart für seinen Erfolg gearbeitet, aber irgendwie scheint er gegen faire Urteile immun zu sein. American Gangster klingt wie das Album eines aggressiven Psychopathen im Hochsicherheitsgefängnis. The Blueprint III war im Grunde nur ein schwaches Indie-Album für Tupperparty-Muttis, die sonst Scouting for Girls hören. Magna Carta Holy Grail ist…okay, aber auf keinen Fall ein Klassiker. Im Prinzip hat er dreimal hintereinander A Weekend In The City gemacht, aber alle tun so, als hätte er Silent Alarm rausgebracht.

Die Wahrheit ist, Jay macht schon lange keine Musik der Musik wegen mehr. Collision Course—der Unfall zwischen seinem Black Album und Linkin‘ Park—ist nicht passiert, weil Jay das Linkin-Park-Album Hybrid Theory in seinem Range Rover abgefeiert hat. Er hat das gemacht, weil er ein Meister darin ist, sein Logo auf lukrative Geschäfte und Marketingdeals zu kleben, die für den gewöhnlichen Rocawear-Fan zwar neu, aber auch gewöhnlich genug klingen. Dabei sind das genau kalkulierte Geschäftsentscheidungen, um ihn bei einem Massenpublikum bekannt zu machen, seine Taschen zu füllen und seine Position an der Spitze der 1% zu erhalten.

Da Jay-Z reicher als einige kleine Länder ist und weil die #NewRules der Rapwelt nicht von den selben kommerziellen Heinis angeführt werden sollte, gegen die Rap einst rebellierte, werfen wir jetzt einen gemeinsamen Blick auf den Geschäftsmann Shawn Carter und seine Mission, uns das Geld aus den Taschen zu ziehen.

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ER HAT VERSUCHT, DEN NAMEN SEINES BABYS PATENTIEREN ZU LASSEN

Sollte ich irgendwann Vater werden, würde ich sicherlich jede einzelne Sekunde bei dem Gedanken durchdrehen, die Verantwortung für jemand anderes tragen zu müssen. Doch, wenn ich erst mal diese Unsicherheit überwunden habe, und das Beste-was-mir-jemals-passiert-ist geboren wurde, gehe ich mit einem Fotoalbum und einem Kind nach Hause, das alle meine unerfüllten Träume ausbaden darf. Und wahrscheinlich hole ich ihm einen Flash Rider 360, weil die einfach verdammt cool sind.

Wenn du aber Teil der Carter Familie bist, ist ein Baby nicht nur der Höhepunkt einer intakten Ehe, sondern auch ein Marketinginstrument. Ich bin mir sicher, Jay und Bey lieben ihre Blue Ivy Carter, aber sie nutzen sie auch schamlos aus, um sich selbst zu vermarkten und sicher zu gehen, dass ihre beiden Namen noch die Headlines beherrschen bis der nächste Marketing-Coup kommt. Nachdem Blue Ivy geboren wurde, haben die Carters mehrfach versucht, ihren Namen patentieren zu lassen. Es hat einen hässlichen Beigeschmack, wenn Eltern schon direkt nach der Geburt irgendwelche Rechte für ihr Kind sichern wollen. Das Gericht entschied sich jedoch dagegen. Also nahmen sie die nächstbeste Option wahr, um Aufmerksamkeit zu erhaschen, machten einen Song mit ihrem Giggeln im Hintergrund und erstellten einen Tumblr-Blog mit Pressefotos von der Kleinen. Die Geburt von Blue Ivy war der größte Nabelschau-Marketing-Stunt seit Beyonce herausfand, dass sie in die Kamera eines Macbooks sprechen und das dann Dokumentation nennen kann. (Was bedeutet es eigentlich, dass wir noch kein Foto von Kanye Wests Tochter gesehen haben?)

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ER HAT EINE EIGENE FARBE

Es ist egal, ob du reich bist, einige gut laufende Geschäfte und eine wunderschöne Frau hast, in Amerika hast du es erst richtig geschafft, wenn du eine eigene Farbe besitzt. Damals 2007, offensichtlich unzufrieden mit den 83 Millionen US-Dollar, die er in diesem Jahr erst verdient hatte, hat Jay-Z mit Pantone eine brandneue Farbe hergestellt und registrieren lassen: Jay-Z-Blau. Das bedeutet, die Farbe sieht genau gleich aus, doch weil sie jetzt ihm gehört, kostet sie wahrscheinlich mehr Geld, als Milton Glaser jemals für die I <3 ny-shirts="" bekommen="" hat.="" was="" soll="" das?="" keine="" ahnung.="" aber="" sieh="" mal,="" jay,="" wir="" benutzen="" deine="" farbe,="" willst="" du="" uns="" jetzt="" verklagen?<="" p="">

ER HEUCHELT INTERESSE AN SOZIALEN BEWEGUNGEN

Berichten zufolge verdiente Jay-Z im Jahr 2010 63 Millionen US-Dollar, womit er sich wahrscheinlich locker die gesamte Komplementärfarbpalette unter den Nagel reißen könnte. Das hat er zwar nicht getan, stattdessen aber hat er im Folgejahr, in dem er 158.000 mal mehr verdient hat als der Durchschnitts-Amerikaner, mit seiner Rocawear-Company aus der Occupy-Bewegung Profit geschlagen. Als er darauf angesprochen wurde, sagte er „Das ist ein freies Land, auf diesem Boden wurde Amerika gegründet“, was Business-Englisch für „Ich habe gerade Unmengen von Geld mit einer Bewegung verdient, die ich nicht unterstütze. Danke.“ ist. Die Leute sind ja auch so dumm und kaufen es. Doch damit nicht genug. Er hat den Slogan in „Occupy All Streets“ abgewandelt, was nicht nur sinnlos, sondern auch destruktiv ist. Wisst ihr wie „Occupy all Streets“ aussieht? Wie unsere Welt. Indem er die Message der Occupy-Bewegung auf sein Shirt gedruckt hat, hat er nicht nur von ihr profitiert, sondern sie auch untergraben—und damit sogar vielleicht einige Leute davon abgelenkt, sich der größten antikapitalistischen Bürgerbewegung anzuschließen und sich davon überzeugen zu lassen. Stattdessen hat er mit seinem 22$-Shirt unterstrichen, wie die Reichen immer noch reicher werden.

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ER IST EIN POLITISCHER MITLÄUFER

Anfang letzten Jahres sagte Obama, dass gleichgeschlechtliche Ehe okay ist, stimmt ja auch. Dann, nachdem Obama das sagte, entschied sich Jay plötzlich auch, dass eigentlich nichts dagegen spricht, Männer zusammenleben zu lassen. Ich freue mich ja schon darüber, dass Jay solche Freiheiten auch unterstützt, wenn er kein Kapital daraus schlagen kann. Doch wenn Obama nichts dazu gesagt hätte, wäre das Jay-Z niemals eingefallen. Komisch, wo es doch gerade im HipHop darum geht, Eier zu haben und für die eigenen Rechte und das Gute einzustehen. Aber offenbar brauchst du keine Eier, wenn du einer der großen Stars des HipHops bist. Du brauchst nur den mächtigsten Mann der Welt im Rücken.

ER HAT „SUIT & TIE“ RUINIERT

Als „Suit & Tie“ veröffentlicht wurde, war das wie Weihnachten. Der Gesang von Justin Timberlake klang wie Prince, der in einem violetten Cadillac durch den Himmel cruist und mit Seifenblasen um sich schießt. Es war großartig und nahezu perfekt, bis Jay-Z auftauchte und die ganze Party ruinierte, indem er den Track viel zu früh ausfadete, bevor Justin überhaupt sein Orgasmus-Level an Brillanz erreichen konnte. Völlig verständlich, dass im Jahre 2013 kein Pop-Song erscheinen kann, ohne irgendein Rapper, der darauf ein paar belanglose Zeilen spittet. Doch die beiden sind doch die größten Popstars der Wel. War der Part von Jigga also wirklich nötig? Als Marketing-Chef heißt die Antwort ja, als Musikfan, zum Teufel nein!

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ER MACHT KEINE GUTE MUSIK MEHR

Wenn du dieser Aussage nicht zustimmen kannst, dann muss ich dir unterstellen, in einem Groundhog Day-Szenario zu leben, indem der Kalender immer wieder den 14. November 2003 anzeigt. Fakt ist, Jay-Z ist schon lange nicht mehr so gut, wie er es mal war. Sein Album zu kaufen ist wie sich einen Schwarz-Weiß-Fernseher zu kaufen, nur, weil er einst den Gipfel der medialen Übertragung darstellte. OH, UND AUSSERDEM WAR ER MAL FIES ZU ROBERT DE NIRO.

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