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Vorglühen ist einfach das Beste

Es gibt diverse Gründe, warum es sehr gut ist, sich vor dem Ausgehen gemeinsam anzusaufen.

Letztens habe ich mich ein bisschen mit meinem Chef gestritten. Er glüht nicht mehr vor, weil er alt und eine grumpy cat ist. Er liegt Freitags am liebsten bis Mitternacht auf der Couch, macht sich dann langsam auf den Weg in irgendeinen Club und trinkt dabei ein Bier. Deshalb grummelt er in letzter Zeit häufig Dinge vor sich hin wie "Vorglühen? Das Letzte." Mich regt das so auf, dass ich hier eine Replik schreiben muss.

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Ja, es gibt genug Schattenseiten am Vorglühen – ich weiß das. Wie oft habe ich es nicht zu der eigentlichen Party geschafft, weil der Alkoholpegel mich zu Hause gehalten hat. Wie oft habe ich mir gewünscht, niemals vorgeglüht zu haben weil ich dann mehr Ahnung von einem Abend hätte. Schon aus suchtpräventiven Gründen ist so ein Vorglühen nicht zu empfehlen. Und man wird ja älter – irgendwo total besoffen zu sein, ist ab irgendwann ur peinlich und der älter-werdenden Psycho nicht mehr zumutbar. Weil stolz und erhobenen Hauptes aus einer Nacht inklusive Vorglühen rauszukommen, existiert glaube ich nicht. Saturday Night Fever approves. Naja, außer man hat für sich Mittel gefunden, um den Bsuff-Zustand im normalen Rahmen zu halten. Unterlagenessen und so, haha. Trotz allen logisch nachvollziehbaren Argumenten – ich tue es immer wieder aufs Neue. Schlimmer sogar: Ich habe eigentlich noch nie daran gedacht aufzuhören. Hier sind ein paar Gründe, warum Vorglühen letztlich doch einfach das Beste ist.

Man kann sich unterhalten

Ha. Okay angenommen ich treffe mich mit meinen Freunden nüchtern in der Disco. Nett. Dann schreien wir uns drei Sätze ins Ohr und dann gehen wir heim. Aber ich habe so viel mehr zu sagen! Sie haben so viel mehr zu sagen. Wir möchten gemeinsam lachen, weinen und saufen. Natürlich geht’s im Lokal auch, aber doch nicht so intim wie in einer Wohnung. Man stimmt sich zusammen auf den Abend ein, erzählt sich von den neuen zukünftigen Ex-Männern oder beschimpft sich beim Zocken. Vorglühen ist eine soziale Aktivität. Wenn wir in Sims wären, wäre Vorglühen die Aktion, die am schnellsten die "Spaß" und "Sozial" (gibt’s die?) Leiste vollmacht.

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Scheiß drauf ob reich oder arm – man spart

Man möge mir zwei Milliarden Euro geben – ich werde trotzdem vorglühen. Warum? Weil Getränkepreise im Club eine wilde Verarsche sind, die ich nicht mitmache. 4,50 Euro ein Bier? Haha! Ich hebe immer 20 Euro ab, bevor ich in einen Club gehe. Wisst ihr wie viele weiße Spritzer das sind? Vier. Man bedenke dabei, dass die weißen Spritzer zu 80% aus Wasser bestehen und dann halt ein Schuss Wein drin ist. Das bedeutet: Um mich und meine Toleranz in einem Club tatsächlich anzusaufen, würde ich eher an die 50 Euro brauchen. Für diese Verarsche an Getränk. Möchte ich gegen mein Geld verarscht werden? Nein, möchte ich nicht. Möchte ich trotzdem betrunken sein? Ja, möchte ich. Und ja ich weiß, dass man Flaschen bestellen könnte – aber das ist ur peinlich und Gott sei Dank in den Clubs, in denen ich fortgehe, nicht möglich. Ich hatte meine "Flasche im Club"-Zeit und deshalb ist das für mich etwas, was man macht, wenn man 19 ist.

Man kommt in Stimmung und kann andere Menschen überreden mitzukommen

OK, allein von zuhause direkt in den Club – den Motivationspiegel will ich sehen. Ab einem gewissen Alter kommt man drauf, dass es scheißegal ist, wo man hingeht – es ist immer derselbe Scheiß. Es ändert sich absolut nichts. Ja, diese Erkenntnis ist verdammt deprimierend. Und ja, man kann sie verdrängen. Mit anderen Menschen zu sitzen, zu reden und zu trinken, fühlt sich weniger nach Halb-Süchte-Befriedigen an, als alleine hinzugehen. Vielleicht hört man das ein oder andere Set zusammen, ein paar Leute tanzen, ein paar Leute lachen laut – es ist lustig und lässt den Motivationsspiegel immens steigen. Angenommen, man glüht nicht nur mit seinen zwei besten Kiffer-Kumpels vor. Weil dann bleibt man zuhause "hängen". Apropos: Die Freunde, die nie fortgehen wollen? Die würden niemals in einem Club "nachkommen". Zum Vorglühen kommen sie schon – und da kann man sie überreden. Und wenn nicht, hat man trotzdem was zusammen gemacht.

Nochmal: Es ist eine soziale Bonding-Action!

OK, sagen wir mal es kommen drei Freunde und die nehmen jeweils zwei neue Menschen mit. Die lernt man dann kennen. Man hat Spaß und fängt den berauschten Abend zusammen an. Im Club selber ist man dann plötzlich keine Vier-Mann-Gang, die fad beieinander steht, sondern ein zerstreutes Zehn-Mann-Rudel, das immer wieder neue, erfrischende Erlebnisse zusammen hat. Fortgehen wird so nicht zu einer Routine. Wir sind nicht mehr in der Schule, im Alter muss man selber schauen, wie man an neue Freunde kommt. Nicht, dass man jetzt 200 Freunde braucht, um glücklich zu werden. Aber es ist schön, neue Menschen kennenzulernen. Arbeit – OK, ja (möchte man wirklich neben dem Menschen der ursprünglich Arbeitskollege ist seinen Sturz haben?). Töpfer/Koch/Fitnesskurs—OK, ja, viel Spaß beim Fortgehen. Bei mir selber war das zwar noch nie so, aber ich kenne Paare, die sich beim Vorglühen getroffen haben.

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