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Die Feststellung, dass ‚Garden State' scheiße war, feiert tatsächlich schon Zehnjähriges

2004 haben wir uns in Zach Braffs Indie-Meisterwerk verliebt. Ein Jahr später haben wir realisiert, dass wir einen riesigen Fehler gemacht haben.

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Garden State wurde vor elf Jahren veröffentlicht. 2004 war er für eine Generation an niedergeschlagenen jungen Erwachsenen der Indie-Hit, auf den wir gewartet haben. Es war ein Film für diejenigen von uns, die das Leben noch nicht ergründet hatten, viel darüber nachdachten, wie es zu ergründen ist, und mit unseren Freunden, die es ebenfalls noch nicht ergründet hatten, rumsaßen und darüber sprachen, dass wir das Leben noch nicht ergründet haben.

Und dieser Braff-Typ, der die Hauptrolle gespielt hat, der lustige aber nachdenkliche Arzt aus Scrubs, war genau wie wir, die sensiblen, emotional verletzlichen Mittzwanziger, die sich schwer taten, Gefühle zu fühlen, denn Mitte Zwanzig zu sein ist so schwer, so verdammt schwer. Braff war total traurig und und total gelangweilt und total ungekünstelt und total viel anderes Zeug, das wir in ihn hineinprojizieren wollten. Was einfach war, da er diese charmanten Durchschnittsmensch-Eigenschaften hatte.

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Braff hat die meiste Zeit des Films damit verbracht, diese wirklich tiefen Gespräche zu führen, die wir alle zu unserer Uni-Zeit geführt haben—lange Gespräche über, du weißt schon, tiefgründiges Zeug wie Gott, Tod und den verlorengegangen Bezug zur Heimat. Er hat uns auch eine Besetzung aus ungewöhnlichen Figuren aus den Randbezirken New Jerseys nähergebracht, wie beispielsweise den für den Golden Globe nominierten Schauspieler Peter Sarsgaard. Braffs Stil als dramatischer Regisseur hat ihn dazu prädestiniert, der nächste Woody Allen zu werden.

Für die männlichen Zuschauer, die eine Schwäche für manische Elfen-Traummädchen hatten, gab es die weibliche Hauptdarstellerin des Films, Natalie Portman. Sie war süß und eigenartig, mit einem Arsenal an liebenswerten Ticks, wie dass sie eine Tierliebhaberin mit einem aufwendigem Hamster-Labyrinth ist, das durch das ganze Haus führt. Wie cool war das denn? In einer Szene veranstalten sie und Braff eine Beerdigung für ihren toten Hamster und Braff nutzt diesen Moment, um Portman zu eröffnen, dass seine Mutter gerade gestorben ist. Wir konnten nicht anders, als Mitleid zu empfinden, während wir über unsere eigenen Tragödien nachgedacht haben.

In einer der denkwürdigsten Szenen des Films hocken Braff und Portman am Rand eines riesigen, scheinbar endlosen Steinbruchs, eines Abgrunds, der als Metapher für die gewaltige Unbekannte des Erwachsenenlebens dient. Sie stehen dort im Regen und Braff, der sich zum ersten Mal seit Jahren wieder wirklich verliebt hat, lässt einen animalischen Schrei raus. Das ist der Wendepunkt des Films und in dem Moment sind wir alle sprichwörtlich aufgewacht und haben zusammen mit ihm aufgehört, uns taub zu fühlen.

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Und dann dieser Soundtrack. Was für eine Ansammlung von Hits! Es ist, als hätte Braff sich durch deinen iPod gescrollt, die Lieblingssongs aus deiner Indie-Playlists herausgepickt und mit ein paar Klassikern wie Simon & Garfunkel vermischt. Stell dir nur den Kick vor, den wir, die CMJ-lesenden Blogger bekommen haben, als wir einen Song von Iron & Wine in einer großen Filmproduktion gehört haben. Und dann auch noch ein Cover von The Postal Service!

Und wer könnte diese Shins-Szene vergessen? Portman nimmt ihre riesigen Kopfhörer ab, weil sie Musik liebt, und sagt zu Braff: „Du musst diesen Song hören, er wird dein Leben verändern.“ Er hört zu und wir hören, wie „New Slang“ den Moment perfekt einfängt. Braff war der Regisseur, der dir deine neue Lieblingsband näher bringen konnte.

In der Schlussszene, die an einem Flughafen spielt, ändert Braff seine Meinung darüber, Portman zurückzulassen, verlässt das Flugzeug und rennt zurück, um sie zu küssen. Das Ganze wird perfekt von Frou Frous „Let’s Go“ untermalt,

Das war wirklich eine Lovestory für eine Generation verkappter Romantiker, mit all ihren Ängsten und Unsicherheiten.

Doch ein Jahr später, fand ein noch viel größeres Ereignis statt. 2005 saßen wir alle da, haben die Berichte in den Nachrichten über die andauernden Kriege und das Desaster, in das George Bush uns stürzte, ausgeschaltet, unsere Garden-State-DVD in unsere PS2 geschoben und realisiert: Hey, warte mal, dieser Film ist verdammt scheiße.

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Vielleicht war die US-Präsidentschaftswahl von 2004 der Weckruf. Die Lichter bei der Party gingen an und wir haben alle plötzlich realisiert, dass wir eigentlich nichts gegen Bush tun können. Denn genau wie die Wahl besteht das Leben nur aus einer hoffnungslosen und schmetternden Niederlage nach der anderen. Es gibt natürlich nichts „zu ergründen“ am Leben. Und selbst wenn, dann werden wir das nicht schaffen, indem wir einen Film schauen, bei dem der Typ mitspielt, der später Chicken Little seine Stimme geliehen hat. Plötzlich schien Garden State wie ein dreckiger Spiegel zu sein, in dem wir unsere eigenen grotesken, rapide alternden Bilder sehen.

Garden State wurde vor elf Jahren veröffentlicht. 2005 war er für eine Generation aus verhätschelten erwachsenen Babys das Indie-Schnarchfest, das bereits unzählige Male zu Tode aufgeführt wurde und als Resultat des Erfolgs noch einige Male mehr werden sollte, wahrscheinlich mit Zooey Deschanel und/oder Michael Cera. Es war ein Film für diejenigen von uns, die sich selbst bemitleidet haben, viel darüber nachgedacht haben, wie wir uns selbst bemitleiden und mit unseren Freunden, die sich ebenfalls selbst bemitleidet haben, rumsaßen und darüber geredet habe, wie sehr wir uns selbst bemitleiden.

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Und dieser Braff-Typ, der die Hauptrolle gespielt hat, dieses sprechende Wattestäbchen aus Scrubs, war genau wie wir, die verhätschelten, von Therapeuten abhängigen Mittzwanziger, die es schwer hatten, Gefühle zu fühlen, denn ahhhhhh. Braff war total öde und total langweilig und total nervig und total anderes Zeug, das wir in ihn hineinprojizieren wollten. Was einfach war, da er das form- und farblose Gesicht eines ausdruckslosen Avatars hatte.

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Braff hat die meiste Zeit des Films damit verbracht, diese sehr banalen Unterhaltungen zu führen, die wir alle in unserer Uni-Zeit durchmachen mussten—Geschwafel über, du weißt schon, nichtssagende Probleme von Privilegierten wie Schwimmen und Coldplay und darüber, sich als Schauspieler abzumühen. Er hat uns eine Besetzung aus emotional ähnlich verkümmerten Figuren mit Persönlichkeitsstörungen näher gebracht, unter anderem diesen „Bazinga!“-Typen. Braffs Image als trübseliges, unfreiwillig komisches Sensibelchen hat ihn zu einer Art nächstem David Schwimmer gemacht.

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Für die männlichen Zuschauer, die eine rücksichtslose Perversion für minderjährige Borderline-Autisten hatten, gab es als Projektionsfläche für ihre Männerfantasien Natalie Portman. Sie war nervig und kindisch mit einem Arsenal an Warnsignalen, wie der Tatsache, dass ihr gesamter Garten ein Friedhof für all die Haustiere war, die sie mit ihrer abstoßenden Fahrlässigkeit getötet hatte. Wie morbide war das denn? In einer Szene veranstalten sie und Braff ein Begräbnis für ihren toten Hamster und Braff sagt endlich etwas Interessantes darüber, dass er für die Querschnittslähmung seine Mutter verantwortlich ist, die gerade gestorben ist. Wir konnten nicht anders, als hysterisch zu lachen, während wir über Braffs nuschelige Darbietung nachgedacht haben.

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In einer der ungeschicktesten Szenen sitzen Braff und Portman am Rande eines sehr künstlich aussehenden Steinbruchs. Ein Abgrund, der als Metapher dafür dient, sich wie eine weinerliche Emo-Jungfrau zu verhalten. Sie stehen dort im Regen und Braff, der für eine Sekunde aufgehört hat, ein Baby zu sein, nur um ein noch größeres Baby zu sein, öffnet seinen Mund für die Einstellung, die sie für das Filmposter brauchten. Das ist der Wendepunkt des Films und in dem Moment sind wir alle wortwörtlich aufgewacht und haben auf der DVD-Hülle nachgesehen, wie lange der Film noch geht.

Und dann dieser Soundtrack. Was eine Ansammlung von Scheiße! Es ist, als hätte Braff ein paar aus einem Wes-Anderson-Film aussortierte Songs genommen und sie mit dem Zeug vermischt, das bei Urban Outfitters in der Umkleidekabine läuft. Stell dir nur den Kick vor, den wir, die ungefickten Indierock-Nerds, bekommen haben, weil unser langweiliger Geschmack es in so eine große Filmproduktion geschafft hatte. Und das dann auch noch ankam!

Und wer könnte diese verdammte Shins-Szene vergessen? Portman nimmt ihre riesigen Kopfhörer ab, weil sie das alternative Leben so arg lebt und sagt zu Braff: „Du musst blah, blah, bluh, bluh. Es wird blah, blah, bluh dein blah bluh.“ Er hört zu und uns wird klar, dass der ganze Film darauf basiert, einen verdammten Shins-Song zu hören. Braff war der Typ, der versucht hat, sich mit einer Mix-CD den Weg in deine Hose zu bahnen.

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In der Schlussszene (NA ENDLICH), die natürlich auf einem Flughafen spielt, wird Braff klar, dass er keine anderen Optionen hat und dass Portman zu daten zumindest besser ist, als zurück zu seinem Job in einem Restaurant zu gehen, das so rassistisch ist, dass sich die Kellner dort als vietnamesische Jungs verkleiden müssen. Also verlässt er das Flugzeug—was nach 9/11 bestimmt nicht so einfach ging—und rennt zurück, um ihr Gesicht abzulecken, während die beiden ein paar RomCom-Plattitüden von sich geben und der Höhepunkt des Films in 20 hektische Sekunden gequetscht wird. Währenddessen läuft zu den Credits, von denen du gedacht hast, dass sie nie kommen werden, dieser Song von Frou Frou, für den du bei iTunes 99 Cent ausgegeben hast.

Das war wirklich eine Lovestory für eine Generation aus sexuell unfähigen Soziopathen, mit all ihren Investment-Fonds und Vaterkomplexen.

Der Film war nicht der Fehler von Zach Braff. Es war auch nicht der von Natalie Portman. Es war unser aller Fehler, weil wir diese „coole“ Indie-Kultur erschaffen haben, die von ichbezogenen Opfern aufgesogen wurde, die narzisstisches Entertainment wie diesen Film und seinen Soundtrack kommerziell erfolgreich werden lassen haben. Uns ist es nur allen ein Jahr zu spät klar geworden.

Garden State war nicht so tiefgängig wie der mit CGI erschaffene Abgrund, in den Zach Braff geschrien hat. Er war so flach wie das Grab, das Natalie Portman für ihren toten Hamster gegraben hat. Es war kein Blick in den Abgrund, es war eine Nabelschau.

Dan Ozzi hat den Film auf DVD. Folgt ihm bei Twitter.

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