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Ich war am TU-Hoffest und es war erinnerungsraubend

Das TU-Hoffest ist das Survival of the Fittest unter den Studentenfestln. Komplett zurecht. Ich habe wahrscheinlich nicht bestanden, aber ich weiß es nicht mehr genau.

Da hat es super Musik gespielt. Also ganz schreckliche Flo Rida-Mucke. Aber geil. Alle Fotos von der Autorin.

Studentenpartys—entweder man hasst oder liebt sie. Ich gehöre zur zweiten Gruppe. Da ich Liebe nicht normal äußere, sondern stets exzessiv, habe ich auch ein wertvolles Jahr lang selbst das Soziologiefest veranstaltet. Meine Objektivität leidet also eventuell in diesem Erfahrungsbericht, aber es ist auch scheißegal—da Erfahrungsberichte grundsätzlich subjektiv sind. Jeder Liebhaber von Studentenfesten weiß zwei Dinge: Nüchtern braucht man überhaupt nirgends hingehen und das TU-Fest ist die Königsdisziplin.

Die erste Weisheit ist eine generelle Lebensweisheit, die man bereits im Propädeutikum lernt, wenn nicht schon bei der Matura. Die zweite Weisheit ergibt sich aus der einfachen Tatsache, dass TUler unter den Studenten die untervögeltsten und unteralkoholisiertesten Individuen der Stadt sind. Auf der TU studieren nämlich die wirklich intelligenten Menschen. Sie brauchen kein billiges und plattes Prestige wie die Jus-Menschen oder die WUler. Sie brauchen auch nicht einfach irgendeinen Wisch von der Uni, weshalb sie sich auch von der Hauptuni fernhalten. Abgesehen von den Architekten, die trifft man immer wieder in der Hauptuni. Auch die akademische Lehre der FH ist ihnen meistens wurscht.

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Das ist tatsächlich das beste Foto der Party. Alle anderen sind noch ärger verwackelt. Ich hoffe, ich hatte keinen Tremor von der Wodka-Abstinenz.

Auf der TU gibt es Fächer, die niemand aussprechen kann, es gibt da Prüfungen, die Normalsterbliche mit einem sozialen Leben nicht bestehen können und es gibt dort Studenten, die am Samstag Abend über Skype die statistische Wahrscheinlichkeit von Atomen im Raum berechnen, um ihre Hausübung abgeben zu können. Kurz gefasst: Die wahren Akademiker, die wahre Zukunft dieses Landes, die Menschen, die tatsächlich etwas auf dem Kasten haben—diese Menschen studieren in diesen Hallen, aus denen sich der Rest ehrfürchtig fern hält.

Und wenn diese Menschen, die “theoretische Mathematik/Physik/Chemie“ und was weiß ich, das ganze Semester studieren, diese hochintelligenten Wesen, die ihr junges Life für die Berechnung von Atomen im Raum aufgegeben haben, einmal kollektiv saufen—dann kann kein Studentenfestl der Welt mithalten. Man hört als Externer Sagen und Mythen über dieses Fest. Es wird von langhaarigen Männern, die oben ohne auf Tischen tanzen, berichtet. Es wird von Orgien eine Stunde nach dem Start erzählt—also um 21.00 Uhr. Auf einen weiblichen Gast kommen dort angeblich mindestens 15 TUler.

Das war noch am Anfang. Glaube ich.

Aber gut, diese Statistik haben mir nicht TUler präsentiert, weshalb sie wahrscheinlich auch falsch ist. Der typische TUler schert sich nicht um irgendwelche Hemden, föhnt seine Haare nicht und der Humor ist stets maximal zynisch. Richtig zynisch. Sie sind zu intelligent, um irgendetwas zu verurteilen, sie sind lockere Genossen, die liberal sind, einfach nur, weil ihnen jegliche Menschlichkeiten scheißegal sind. So mein Eindruck über die TUler—und ich kenne einige, da ich diese Menschen wirklich gerne habe.

Und auch bewundere—sie denken nicht nur kognitiv, sondern auch abstrakt und so lange Perioden nichts zu saufen, halte ich für ein studentisches Wesen als unmenschlich. Deshalb habe ich mich schon auf das TU-Fest aka das akademische Bauernzeltfest gefreut und habe mich auf dem Weg zu einem Freund gemacht, der eben in diesen Hallen für längere Zeit gefangen war. Wir sind fucking 24 Jahre alt und wir haben tatsächlich für das Fest, bei dem ein Bier zwei Euro kostet, vorgeglüht.

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Das hat mit der ersten Weisheit zu tun. Jedenfalls waren wir angesoffen, ein anderer Freund hat uns auch begleitet und dann sind wir zur TU gefahren. Die habe ich eigentlich beim Karlsplatz erwartet, aber das Fest war auf der Gumpendorferstraße. Und damn, es war viel los. Es war zwölf als wir ankamen und diese Schlange vor der TU würde sich jeder Club in Wien wünschen. Die Menschen sind bis zur Straßenecke angestanden.

Die Schlange. Glaube ich.

Wir waren zu besoffen und ich zu frech, um zu warten, also haben wir uns einfach vorgedrängelt. Eventuell habe ich so etwas Peinliches von mir gegeben wie: "He, ich habe Presse-Gästeliste, lasst mich durch". Das Festl hatte keinen Eintritt. Und auch keine Tür. Wurscht. Jedenfalls sind wir angekommen und es dürften dort circa eine Million Menschen gewesen sein. Es war wirklich massiv voll und meine ersten Gespräche führte ich auch mit Nicht-TU-Studenten.

Sagen wir so: Alle, die nüchtern waren, haben eine Miene gezogen. Alle anderen—wie wir auch—sind zuerst verloren durch den Innenhof gewandelt, um die erste Bar aufzusuchen und sich dann die ersten Biere und Spritzer zu holen. In der unmittelbaren Nähe dieser Bar waren Dixie-Klos aufgestellt, deren Schlange auch ewig lang war. Der Bar-Mensch war aber trotz Andrang binnen zwei Minuten bei uns. Also liebe Wiener Clubs: Get your shit together. Erste Enttäuschung für mein slowakisches Herz: Bei dieser Bar gab es keine Wodka-Shots.

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Die Stimmung war bei uns sehr locker und easy—wir hatten ja bereits vorgeglüht. Zuerst sind wir auf dem ersten Dancefloor, auf dem es ganz furchtbare Musik gespielt hat. So Ride Club-R'n'B. Aber das ist eigentlich Standard bei Studentenfesten und auch genauso erwünscht. Wir haben getanzt und ich habe mit Männern geredet, die Aufdrucke auf ihren Shirts hatten, die eigentlich kein Mensch mit auch nur ein bisschen Eitelkeit tragen würde. Aber die TU-Menschen schon. Denen ist's wurscht. Ich war verliebt. Außerdem: Wir haben echt viele asiatische Studenten hier. Das weiß ich jetzt.

Der platte Humor der T-Shirt-Aufdrucke ist genau meins.

Die meisten Mädels, mit denen ich sprach, waren auf Männerfang und nicht Studenten der TU. Paar MK-Taschen gab es auch. Eh sehr schlau: Ein theoretischer Mathematiker ist ein Investment für die Zukunft. Die zwei Mädels, die tatsächlich TU-Studentinnen waren, haben Architektur und Raumplanung studiert. Also die einzigen zwei Studiengänge dort, bei denen überhaupt Frauen chillen. Angabe eines TUlers. Ohne Gewähr. Die anderen Studiengänge sind durchsickert mit Big Bang Theory-artigen Wesen. Auch ohne Gewähr, aber ich glaube diesen Sagen.

Auch ich habe eine Gruppe Männer kennengelernt. Die—no joke—theoretische Mathematik studiert haben und tatsächlich noch schlechter flirteten als ich. Sie haben etwas sehr Nerdiges aber sehr Liebes an sich gehabt und diverse Sexualmechanismen meiner kaputten Psyche aktiviert. Ich liebe süße, flirtunfähige und intelligente Boys und ich wäre auch bei ihnen geblieben, aber ich war wieder zu stur im Rausch. Mein Ziel: Wodka-Shots.

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Das ist meine Achillesferse beim Fortgehen: Sobald ich angeheitert bin, brauche ich Kurze. Am besten mit Wodka gefüllt. Um diesen Klischee-Bericht weiter zu füttern: Ich hänge es meinen ukrainischen und slowakischen Wurzeln an. Ich kann nicht glücklich sein, wenn es keinen Wodka gibt. Ich brauche kein Bier und keine Longdrinks. Ich brauch brennendes Wasser.

Ich bin am undankbare Kumpels haven.

Nun bei der zweiten Bar und dem zweiten Floor, wurde ich trotz betteln nicht mit Wodka gefüttert, also habe ich mir Gin Tonic gekauft. Das Tolle am TU-Fest: Die Studis machen dort die Bar selbst oder es schien so, ergo die Drinks waren mal wirklich gut gemischt. Diese "Ein Schuss Gin, drölf Liter Tonic"-Taktik um zehn Eier ist eine gastronomische Frechheit. Dort gab es einen wundervollen 50-50 Misch um vier Euro. Trotzdem: Mein Wodka-Trieb war noch nicht gestillt.

Bin ich meinen Freunden am Arsch gegangen? Ja, wahrscheinlich. Aber sie waren eh auf meinem Level, deshalb war es OK. Irgendwann habe ich angefangen, jedes weibliche Wesen mit: "He kennst ihm (sic) schon?" anzusprechen und auf meine armen Freunde zu zeigen. Das hat nicht so toll geklappt, aber ich fand mich sehr lustig. Welche Musik es am zweiten Floor gespielt hat, kann ich unmöglich sagen, ich habe anderes im Kopf gehabt. Wodka-Shots zum Beispiel. Der zweite Floor war aber draußen und ich glaube, er hatte eine Nebelmaschine.

Meine letzte Hoffnung war die dritte und letzte Bar—und auch da wurde ich enttäuscht. Mittlerweile habe ich aber wirklich eine alkoholinduzierte Top-Stimmung und war auch zufrieden mit einfach noch einem oder drei Gin Tonics. Zu dem Zeitpunkt habe ich auch andere Freunde getroffen und es sind immer wieder weitere Freunde zu uns gestoßen—angeblich gab es einen Einlassstop irgendwann—und ab da wird's schwierig, zu rekonstruieren. Unsere nüchternen Freunde fanden das Fest scheiße, wir hatten die Time unseres bescheidenen Semesters.

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Irgendwann war ich länger abgängig. Das ist alles, was ich von dieser Zeit habe. Phytochemie, oida.

Ich weiß noch, dass ich irgendwann pinkeln musste und nicht in der Schlange warten wollte. Also bin ich in die eigentlich zugesperrte TU eingebrochen und habe mich für 30 Minuten verirrt und war abgängig. Nur Gott weiß, wo ich war und wie ich da wieder rausgekommen bin, ohne mich von den Security erwischen zu lassen. Offenbar wurde ich dort auch nicht fündig, da ich Bilder am Handy habe, die mich beim öffentlichen Pinkeln neben den aufgestellten Plastik-Pissoirs zeigen.

Ich weiß auch noch, wie ich um drei Uhr zuhause angekommen und am nächsten Tag am Boden im Wohnzimmer aufgewacht bin, während Sims 4 auf Autoplay läuft. Fazit: Ich persönlich bin ab jetzt Hardcore-Fan und jedes Mal vor Ort. Zwar war es kein reines TU-Fest—dazu wurden mir einzelne Fach-Feste empfohlen—aber ich sah Männer oben ohne tanzen. Ich war komplett alkoholisiert und glücklich dabei. Ich fand die Musik super—wahrscheinlich. Ich fand die Preise und die Kompetenz der Bar top. Ich habe tolle Menschen kennengelernt—wahrscheinlich. Ausgegeben habe ich fünfzehn Euro, Bitches.

Das bin ich am Ende. Die Hand gehört Freunden und ist nur angdeutet. Hover-Hand quasi. Wahrscheinlich.

Schade fand ich, dass es keine Wodka-Shots oder Shots generell gab, aber es ist wahrscheinlich besser so. Schade fand ich auch, dass man so lange warten musste, um aufs Klo zu können—als Frau. Wenn man aus der TU rausging und so pissen wollte, dann hätte man sich neu anstellen oder vordrängeln müssen. Genauso: Zigaretten-Mangel. Es haben ganz wenige Menschen dort geraucht und welche zu kaufen, war am Gelände nicht möglich. Das sind aber Pipi-Fax-Kritiken, da ich grundsätzlich ohne Probleme meinen Flachmann hätte reinschmuggeln können und ich ja auch schwerst alkoholisiert noch weniger Probleme mit dem öffentlichen Pissen und Vordrängeln habe, als eh schon nüchtern. Jedenfalls: Danke TU, ihr habt den Ruf der Königsfeste komplett zurecht. Ich komme wieder. Auch zu den Fach-Festen.

Fredi hat Twitter: @schla_wienerin

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