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Warum der Weekender bald Geschichte sein könnte

Im Juni 2016 läuft der Pachtvertrag des Weekender Clubs aus. Über das drohende Ende einer wichtigen Institution des Innsbrucker Nachtlebens und eine schwierige Herbergssuche mit hohen Ansprüchen.

Im Juni 2016 läuft der Mietvertrag des Innsbrucker Weekender Clubs aus. Die Macher rund um Andy Franzelin sind auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Über das drohende Ende einer wichtigen Institution des Innsbrucker Nachtlebens und eine schwierige Herbergssuche mit hohen Ansprüchen. Mit Clubs in Kleinstädten ist es oftmals so: Sie sind zumeist eine schrullige Karikatur ihrer Vorbilder; eine unbeholfene Inszenierung von Klischees, eine Kopie der großen Brüder in den Musikmetropolen dieser Welt. Ganz und gar nicht trifft dies auf den Weekender Club in Innsbruck zu. Hier arbeitet man mit viel Liebe zum Detail, mit viel Wissen und bemerkenswert viel persönlichem Einsatz. I will never forget the moment when i discovered rock’n’roll—Im Weekender.

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Seit dem Start im Jahr 2005 als monatliche Clubreihe im ehemaligen Nutopia und 2006 nach der Übernahme der Venue, geht der Weekender programmatisch und ästhetisch mit viel Hingabe, Wissen und Originalität seine eigenen Wege. Da das entsprechende Angebot im Innsbruck der frühen 2000er nun wirklich überschaubar und die Reise in das kürzlich leider verblichene Münchner Atomic Cafe oftmals obligat war, kam die Eröffnung des Clubs vor allem für Freunde alternativer Gitarrenmusik einem Segen gleich. Der Weekender war dabei von Anfang an ein charmanter Brückenschlag zwischen Innsbruck und London. Das liegt wohl auch daran, dass Justin Barwick, einer der beiden Betreiber, aus London kommt und den hat es übrigens seinerzeit der Liebe wegen nach Innsbruck verschlagen. Leidenschaft ist auch die Antriebsfeder die sich in jedem Detail der stilechten Einrichtung des Weekender Cafes im oberen Stock wiederfindet. Großartig was hier komplett privat finanziert auf der Ruine des ehemaligen Clubs Nutopia geschaffen wurde. „Independet sein zu wollen hat seine Vorteile und kann zugleich eine große Bürde sein. Die programmatischen Freiheiten sind uns wichtig. Unabhängigkeit kann aber auch Last sein, wenn es einmal nicht so gut rennt.“ sagt Geschäftsführer Andy Franzelin.

Gäbe es im Prückel nicht.

Gestartet wurde mit vollem Haus. Chikinki war Headliner. Es war jene Zeit als alternativer Rock, New Wave und Folk in frischem Gewand daherkamen und jedes Monat im Schlepptau von The Libertines, The Strokes, Franz Ferdinand oder Shout Out Louds ein duzend neuer Indiebands hart gefeiert wurden. Es war eine Zeit, als sich die österreichischen Festivals mit mehr als der Eisbergspitze des „eh schon bekannten“ beschäftigten. Da war viel Platz für einen Club wie dem Weekender, ein Club der sich mit dem neuen, frischen Anderen beschäftigte ohne Berührungsangst zum Pop freilich. Zu den musikalischen Gästen des Weekender gehörten u.a. The Shout out Louds, The Wedding Present, Brian Jones Town Massacre, Sugar Plum Fairy oder Teenage Fanclub und sie kamen wieder. Ezra Furman besang hier seine Fans im luftigen Damenkleid und verweigerte seine Hits zu spielen. Nada Surf brachten die Venue zum auseinanderbrechen und Wanda werden dies April und Anfang Mai tun. (Es gibt eine Doppelshow—Karten aber nur mehr wenige!). Ein wichtiger Meilenstein geschah im Jahr 2008. „Damals öffnete sich der Weekender auch befreundeten Gastveranstaltern“, sagt Co-Eigentümer und Geschäftsführer Andy Franzelin: „Wir wussten, dass wir nicht alleine das komplette Spektrum an interessanten Genres abdecken können und wir fanden die Arbeit von Veranstaltern wie Innsbruck My Ass oder Tyrolean Dynamite gut. Immer wichtig war uns aber, dass unsere Gastveranstalter einen ähnlichen Zugang zur Musik haben.“ Immer mehr wurde im Weekender so der Elektronik gehuldigt und man schwang öfters das Tanzbein zum Elektro, Indiedance oder Techno. LCD Soundsystem & Co ließen die Welt von Bands und Club in den Köpfen einiger Puristen zusammenwachsen. Gastveranstaltungen wie das Klingende Innsbruck My Ass gehörten schnell zu gut besuchten Abenden. Mehr als ein Club

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Der Weekender war seit seinem Start immer mehr als ein Club, er war Haltung und Stil einer verschworenen Bande rund um Justin Barwick, Andy Franzelin und Mike Rothner. Hervorgegangen ist aus dem Club übrigens auch ein Label: Weekender Records. 2006 gründete der rastlose Pioniergeist Justin Barwick das Label mit Sitz in London und später auch Berlin. Mit gleichem Schriftzug wie der Innsbrucker Club freilich. Nun war man auch symbolisch in den Metropolen der europäischen Musikgeschäfts zu Hause, auch wenn das operative Geschäft getrennt lief. Veröffentlicht wurde die Musik vieler jener Bands, die ohne Plattenvertrag im Club aufgetreten waren. Mit dabei, Dogs, Eight Legs, The Bishops, Naked Lunch, Chikinki oder Shout Out Louds. 2009 war dann Schluss mit dem Label. Justin Barwick und sein unendlicher Entdeckergeist fanden allerdings schnell einen neuen Weg zur Entfaltung. Er eröffnete den Downtown Recordstore in Innsbruck und widmet sich—gemeinsam mit Albrecht Dornauer—mit dem Label Digatone dem Reissue alter österreichischer Musikwerke auf Vinyl mit Platten von z.B. Isaiah, dem Synthesizer Pionier Gerhard Heinz oder der Tiroler Progrock Legende Clockwerk Orange. Genre einerlei, Originalität wichtig. Selfie mit Doherty

Dem Team um Geschäftsführer Andy Franzelin und Co Mike Rothner war von Anfang an klar: als Club muss man sich immer wieder neu erfinden. Gelegentlich macht es natürlich auch Spaß den großen Vorbildern zu huldigen. Der Hohepriester des Sich-gehen-lassens und König der Absage Pete Doherty kam am 27.3.2010 zum Soloauftritt und der wurde wie eine Messe zelibriert. „Ein Auftritt der freilich im Vorfeld von viel Skepsis begleitet wurde. Wir bekamen schon Wochen davor viele Mails in denen einige meinten er würde doch eh nicht kommen.“ weiß Andy Franzelin. Restlos ausverkauft war das Konzert trotzdem, Pete kam wirklich, wovon noch heute viele Selfies mit Herrn Doherty zeugen. 2008 war auch das Jahr in dem der Weekender eine weitere Bühne betreten hat. Mit einer Bühne auf dem FM4 Frequency Festival brachte lieferte der Weekender eine musikalische Frischzellenkur für das alternde Festival mit junger Zielgruppe. Endlich waren auch wieder die kleinen spannenden Bands von morgen auf dem Festival vertreten. Innsbruck ohne Weekender? Undenkbar!

Und jetzt im Juni 2016 soll nun einfach Schluss sein? Die Ansage bestürzt nicht nur die Innsbrucker. Gefällt nicht. Darf nicht sein. Ist unmöglich. „Natürlich sind wir auf der Suche.“ sagt Franzelin: „Es ist aber auch eine Suche mit hohen Ansprüchen an die Location. Wir wollen, dass das jetzige Konzept, das Band- und Dj-Kultur verbindet, weiterhin so gelebt werden kann. In irgendeinen Keller stellen wir uns nicht hinein“. Bis Mitte 2016 bleibt uns freilich noch etwas Zeit für ausgiebige Weekenderbesuche. Programm-Highlights kommen dabei sogar hauptsächlich aus Österreich. Die Senkrechtstarter Olympique spielen ihre Show am 20.2.; Wanda kommen am 25.4. (ausverkauft) und 1.5. (fast ausverkauft). Auf die Wünsche für die Zukunft angesprochen schwärmt Franzelin: „Noch mehr großartige Bands aus Österreich. Schön, was seit den Erfolgen von Bands wie Bilderbuch und Ja, Panik kommt“, und weiter: „Klar hätten wir gern mal Noel Gallagher bei uns, oder Motörhead. Träumen ist wichtig!“

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