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Wir haben Soia und Mez fotografiert und ausgefragt

Und zwar über ihre Zusammenarbeit, Live-Auftritte und das geplante Album.

Alle Fotos von Jasmin Baumgartner.

Ich mag den achten Wiener Gemeindebezirk sehr. Er ist durch und durch bürgerlich, man trifft dadurch aber auch selten jemanden, den man kennt. Man fühlt sich völlig unbeobachtet. „Leider" ist Soia nicht nur eine ziemlich gute Sängerin, sondern auch noch meine Nachbarin, die mich gelegentlich dabei erwischt, wie ich in fleckiger Jogginghose verkatert zu McDonalds schleiche.

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Weil ich von Soias buntem Kleiderschrank seit jeher ziemlich beeindruckt bin, habe ich sie und ihren Produzenten Mez von einer Freundin fotografieren lassen, um dem Rondo Konkurrenz zu machen. Ein paar Tage später treffe ich die beiden in einem Restaurant, um die dazugehörigen Fragen zu stellen. Wir reden über das Fotoshooting und die Fotoauswahl, als ich endlich daran denke, das Aufnahmegerät einzuschalten.

Soia: Ich bin schon ein bisschen picky. Man will halt nicht total hässlich ausschauen.

Hast du das Gefühl, dass du als Künstlerin immer gut aussehen musst?

Soia: Ich muss nicht perfekt ausschauen, ich will auch nicht perfekt sein. Aber ja, wenn du ein weiblicher Künstler bist, ist das sicher was anderes, als wenn du der Johnwayne bist oder irgendjemand, der barfuß in irgendwelchen angewichsten Badehosen auf der Bühne steht.

Fangen wir mal ein bisschen weiter vorne an. Wann hat es denn jeweils für euch mit dem Musikmachen angefangen? Wie, wann, warum?

Mez: Meine erste Schulband hatte ich mit Twins, der Tower Generation, das war schon ganz lustig. Zur gleichen Zeit habe ich angefangen als Battle-DJ zu arbeiten. Ich war dann kurz in Deutschland, als ich zurück gekommen bin, habe ich versucht mich in die Musik zu vertiefen und hab am Jazz Konservatorium Klavier studiert.

„Japo Diva": Gekürzter Kimono und Gürtel: Kyoto/Japan; Ohrringe: Brooklyn

In Wien trifft man irgendwie viele Musiker aus dem Independent-Bereich, die das auch professionell gelernt haben. Weiß nicht, ob das in anderen Städten auch so ist.

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Mez: Es war mein später Wunsch. Produziert habe ich schon immer. Ich wollte aber einfach mehr Möglichkeiten haben, mehr ausprobieren und mich einfach mehr mit der Materie beschäftigen.

Wo kommst du her?

Mez: Ich bin halb Israeli, halb Österreicher. Ich bin in Italien geboren.

Soia: Milano!

Mez: Genau. Das nächste Projekt war dann eh schon mit Soia.

Soia: Ich komme eigentlich nicht aus einer musikalischen Familie, außer mein Opa, der war ein sehr guter Sänger. Also irgendetwas muss ich von ihm haben. Ich hab erst mit 18 oder so angefangen. Ich hatte meinen ersten Auftritt bei meinem Schulball in der Arena mit meinem damaligen Freund, so Worldmusic, Richtung osteuropäisch.

Der erste Auftritt gleich in der Arena?

Soia: Ich war auf einer ziemlich coolen Schule, und das war der Schulball. Ich war natürlich furchtbar schlecht, ich hatte erst drei Monate davor angefangen zu singen, also eigentlich echt spät. Die Band hat sich dann aufgelöst, und dann habe ich jahrelang nichts gemacht bzw. kleinere Sachen, die mir überhaupt nicht getaugt haben. Dann ist der Mez zu mir gekommen und hat mich „gerettet".

Die Worldmusic-Geschichte war also schon immer dein Ding?

Soia: Wir waren eine 10-köpfige Band. Ziemlich fett, mit Bläsern, sehr orientalisch angelegt. So ein typisches Crossover-Ding ohne Konzept. Aber damals halt leiwand.

Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?

Mez: Also ich habe früher Partys veranstaltet. Das war so Crossover, HipHop und Future-Zeug. Und ich glaube sie hat immer das Mikrofon in die Hand genommen und hat dazu gejammt.

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Soia: Nein das war ein Konzert von Hawthorne Headhunters. Ich habe dann einfach irgendwann dazu gejammt, das fanden alle ziemlich cool. The white girl that can actually sing a little bit.

Mez: Da habe ich sie dann einfach angesprochen, ob sie nicht ins Studio kommen will und was machen will. Drei Monate später haben wir dann tatsächlich gleich ein cooles Lied produziert, das wir drei Tage später auf Soundcloud gestellt haben. Das hat von selber dann den Weg in die Medien gefunden.

„Afro Queen": Kleid: Flohmarkt Neubaugasse; Gürtel: von muu* (niger); Ohrringe: Vermont/USA

Wann war das?

Soia: Das war im Mai 2011.

Mez: Genau. Und dann wussten wir, dass wir unbedingt weiter machen müssen, wenn das erste Lied gleich so reinhaut. Ich wollte auch dringend selbst als Produzent agieren und nicht nur als DJ und Veranstalter.

Du hast auch ein eigenes Studio?

Mez: Ja, ich habe ein Home-Studio, in dem sich einige Schmuckstücke zusammengesammelt haben. Das reicht heutzutage. Ich mach ja keine großen Orchestergeschichten.

Ihr habt 2011 euren ersten Song rausgebracht. Wie ging es dann weiter?

Mez: Wir wollten dann unbedingt eine EP rausbringen und haben einfach Songs gesammelt. Wir haben uns im Studio getroffen, und dann einfach Track für Track gemacht, auch viel weggeschmissen.

Ich hab eben schon deinen Spitzname gehört…

Soia: Du meinst „Löschuan“, oder? Der Mez ist halt ur perfektionistisch, was manchmal nervig ist. Aber im Endeffekt natürlich großartig und nötig.

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Mez: Ich bin halt der Mensch, der mal anfängt zu Produzieren. Und wenn es mir am nächsten Tag nicht mehr gefällt, dann gebe ich es auf. Dann mach ich gar nicht weiter, weil ich keine Vollendung hinbekomme.

Schmeißt ihr heute weniger weg als in der Anfangsphase?

Mez: Mittlerweile ist auch die Arbeitsweise ganz anders.

Soia: Wir sind viel besser geworden. Ich habe auch das Aufnehmen erst mit ihm gelernt. Wir kennen uns schon so gut, dass wir gut und schnell aufnehmen.

„Indo Slut": Hemd: Bali; Anhänger: Cape Town; Kette: HongKong; Armreifen rechts: Israel

Geht ihr da auch mit einem klaren Konzept an den Song schon rein oder ist das eher Ausprobieren?

Mez: Das Konzept ist eher das Album. Ich schau, dass alle Tracks auf dem Album zusammenpassen. Dass alle diesen argen Sample-Sound haben mit viel Bass.

Soia: Wir spielen dir dann die neue Single vor. Ich bin ur verliebt.

Das heißt die Songs sind fertig, wenn du ins Studio gehst?

Mez: Es ist immer verschieden, aber meistens habe ich schon was vorbereitet. Wenn ich Sample-Beats mache, dann ist natürlich das Sample das erste, was mich inspirieren muss. Ansonsten fange ich manchmal mit den Drums an, manchmal mit den Harmonien. Ich habe da keine strikten Vorangehensweisen. Wenn ich was Cooles mach dann schicke ich es ihr oder sagt ihr, dass sie schnell rüber kommen soll und dann geht es schon los.

Soia: Da bin ich dann immer ganz aufgeregt.

Findest du das immer gut, was er macht?

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Mez: Ich hab mittlerweile im Gefühl, was ihr gefällt.

Soia: Wir arbeiten ja auch schon länger zusammen. Es ist fast wie eine Beziehung.

Mez: Es ist auch eine sehr angepasste Produktion für ihre Stimme.

Soia, wie gehst du an das Texten heran?

Soia: Manchmal fange ich einfach an zu improvisieren und spüre dann schon ziemlich genau was ich sagen will. Meistens gibt es dann irgendeine Catch-Phrase, die ich für aussagekräftig empfinde und darauf versuche ich die Tracks dann aufzubauen. Mir sind die Texte voll wichtig. Die sind auch lyrisch nicht perfekt ausgereift und es gibt sicher auch Fehler, weil ich nicht muttersprachlich bin. Das ist dann teilweise ein bisschen fragmentarisch, also unvollendet. Das kann man aber auch als Stilmittel sehen.

Wart ihr zufrieden mit der ersten EP?

Soia: Es war sogar ein kleines Album, neun Tracks. Ja, ich war voll zufrieden, weil wir uns den Arsch aufgerissen haben, ein Label zu finden. Wir haben viele Absagen bekommen, ich wollte aber unbedingt einen physischen Tonträger. Letztlich hatten wir dann eine 7“ mit der Single und der B-Seite und CDs. Es ist cool, wenn die Dinge auf Bandcamp sind. Aber es ist es ist auch schon leiwand wenn da was rauskommt, das du angreifen kannst.

Was ist das bevorzugtes Setting bei Live-Auftritten?

Soia: Also wir—das hat sich jetzt ein bisschen manifestiert—haben einen super Bassisten, wir haben beim FM4 Konzert zum Beispiel einen zweiten Keyboarder dazugenommen.

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Mez: Wenn es gut bezahlt wird nehmen wir auch gerne einen Sample-DJ dazu, der die Samples dazu abspielt, damit das originaler klingt. Für ganz kleine Konzerte nehmen wir einen DJ mit, der spielt die Instrumentals runter und sie singt dazu. Ich bin bei den mittelgroßen Auftritten am Klavier dabei.

Soia: Er spielt das Klavier so, dass große, starke Männer auch weinen. Da werden die Hosen nass.

Wie oft spielt ihr jetzt aktuell?

Soia: Gerade nicht oft, aber das ist eh auch leicht beabsichtigt…

Mez: Weil wir eben gerade in der Produktionsphase sind. Wir sind gerade nicht aktiv auf der Suche.

Wie weit seid ihr mit dem Album?

Mez: Knapp ein Viertel ist schon im Kasten. Wir wollen jetzt ein Album und keine EP machen mit dreizehn bis vierzehn Liedern… mit Interludes und sonstigem Zeug. Ich glaube, das wird noch ein bisschen dauern. Sicher bis Oktober.

Habt ihr eine Idee, wie das neue Album werden soll?

Soia: Ja, schon. Im Vergleich zum Letzten soll es auf jeden Fall viel deeper sein. Ich will nicht, dass meine Stimme glatt gebügelt wird. Sie soll ein bisschen mehr im Vordergrund stehen als bei den letzten Sachen.

Mez: Ich schau, dass wir im Gegenteil zum letzten Album ein bisschen vom New Soul wegkommen, sondern etwas mehr rhythmische Sachen machen. Es soll dreckig klingen.

Was inspiriert euch denn zu so etwas?

Soia: Wir haben zum Beispiel jetzt ein Lied, für das wir ein Mulato Astatke-Sample genommen. Ich stehe schon ziemlich lange auf äthiopische Musik.

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Mez: Bezüglich Samples bin ich schon immer viel auf Youtube unterwegs. Sehr Jazz-bezogen. Coltrane, Miles Davis. Davon wird viel aufs Album kommen.

„Sinti princess": Kleid: Urgroßmutter Steiermark, Edition Dachboden; Gürtel: Varkala/Südindien; Neon Tuch: Neubau; Kette: Cape Town

Also das Gefühl, dass hinter euch ein wenig Weltmusik steht ist nicht falsch, oder?

Beide: Nein.

Wie kommt man zu sowas? Viel gereist?

Soia: Ich bin ziemlich viel herumgekommen. Ich habe sechs Jahre in Asien gelebt, war viel in Afrika. Äthiopien hat mich musikalisch auch sehr inspiriert. Nicht, dass ich das nachsingen würde, aber ich habe früher auch viel afrikanischen Jazz gehört und bin in der Schule immer ausgelacht worden, weil ich keine Bravo Hits gehört habe, sondern African-Jazz.

Aber jetzt zahlt es sich aus.

Soia: Irgendwann zahlt sich sowas aus, weil man halt ein bisschen anders wird als andere.

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