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Alle Gefühlsstadien, die du bei einem Meet'n'Greet durchlebst

Weil wir nicht wussten, wie Meet'n'Greets eigentlich so sind, haben wir mal unsere Facebook-Freunde gefragt.

Foto via Flickr | Ally Aubry | CC BY 2.0 Thumbnail via Flickr | Krystian Olszanski | CC BY 2.0

Als ich auf Facebook die Aufforderung gepostet habe, mir von persönlichen Erfahrungen mit Meet'n'Greets zu erzählen, habe ich mit vielleicht zwei Antworten gerechnet. Gemeldet haben sich über 20 Menschen. Von einem No Angels-Rennbahn-Express-Meet’n’Greet bis zu diversen Rockbands bis hin zu einem Pro7-Tommy-Lee-Treffen war alles dabei. Treffen, die durch schlimmstes Fantum herbeigesehnt worden sind, genauso auch wie Treffen, die halt irgendwie passiert sind und wo man halt mitgeht. Backstage, direkt auf der Bühne, ein Spaziergang durch den Stephansdom—auch bezüglich der Aktivitäten waren alle Regenbogenschattierungen dabei.

Zuerst wollte ich all diese Erinnerungen nehmen und sie euch aufgelistet präsentieren—damit sich jeder selbst ein Bild machen kann. 20 Einzelerfahrungen würden hier aber den Rahmen und die Aufmerksamkeitsspanne sprengen. Außerdem gleichen sich die zentralen Gefühlselemente bei jedem eigentlich sehr. Deshalb präsentiere ich euch die Gefühlsstadien eines Meet'n'Greet. Kann man sich so besser vorstellen. Here you are.

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Erstes Stadium: Vorfreude

Dieses Stadium passiert in einer unbestimmten Zeitspanne. Die einen wissen ganz lange von einem Gewinnspiel, bei dem sie auch brav mitmachen. Die anderen erfahren durch einen Anruf eines Kumpels, dass es die Möglichkeit gäbe, mit einem Promi dieselbe Luft zu atmen. Dieses Stadium ist unabdingbar für ein stattfindendes Meet'n'Greet und ist komplett weggekoppelt vom wahren Fan-Dasein. In Wahrheit habe ich mehr Zuschriften mit Geschichten bekommen, wo es irgendwie durch Zufall diese eine Band war, als das typische „Ich treffe die Liebe meines Lebens, wenn ich Zeitschrift XY meine Seele opfere—und ich opfere sie sehr gerne”-Procedere, welches wir uns vorstellen. Oder man hat es mir gegenüber einfach nicht zugegeben. Jedenfalls, wie es im Leben so oft ist, wird die Lust auf dieses Treffen individuell stark oder schwach empfunden—aber sie ist doch immer vorhanden. Ob aus YOLO/für den Facebook-Feed-Gründen, oder, wie erwähnt, weil man in The SIMS seit zwei Jahren sich und den einen berühmten Menschen erstellt, ist dann im Endeffekt egal. Allerdings kann ich durch diese 20 Einzelfälle ganz klar herausfiltern: Je bewusster die Teilnahme an einem Gewinnspiel, je länger die Bekanntgabe des Treffens, bis zum Treffen selbst—desto größer die Vorfreude darauf.

Zweites Stadium: Nervosität, Aufregung

Das passiert grundsätzlich direkt vor dem Treffen. Es ist die Zeit, wo jedes Individuum sich anfängt Fragen zu stellen. Fragen wie: Was ziehe ich an? Was frage ich überhaupt? Wie ist der Mensch so? Darf ich Kritik üben? Wenn ich einen Ofen mitnehme, wird er dann mit mir geraucht? Wie kommt es am ehesten zu einer Hochzeit zwischen mir und ihr/ihm? Es ist die Zeit in der die Vor-Reflexion des Treffens stattfindet. Frauen haben sich in dem Belangen als viel gerissener präsentiert wie Typen. Interviews durchforsten und zufällig das Thema auf sein Lieblingsfilm lenken, während man so tut als würde einem diese ganze Meet'n'Greet-Sache total am Arsch vorbeigehen, ist eine eher gängige Praxis. Das entrüstet mich, weil ich wirklich dachte, ich bin damit besonders schlau. Bei spontanen Treffen vermischt sich auch das Stadium der Vorfreude mit dem der Aufregung und es passieren dann Prä-Storys wie diese hier: „..dann habe ich mich total besoffen und zugekifft, weil was hätte ich sonst machen sollen…”, „…ich habe dann schnell meine Haare geglättet” bis hin zu „plötzlich ist mir alles so seltsam vorgekommen, wieso habe ich das Meet'n'Greet gewonnen“.

Drittes Stadium: Der Gefühlsrausch

Je nach dem, wie gut und exklusiv das Meet'n'Greet organisiert ist, dauert dieser Zustand länger an. Wird das Treffen mit anderen Menschen vermischt oder passiert im Stress, dauert der Gefühlsrausch meistens nur bis zum zweiten Augenkontakt. Tendentiell kürzer war auch der Gefühlsrausch bei Menschen, die den Promi kaum gekannt oder gar nicht gefeiert haben. Es wurde mir zwar nicht so beschrieben, aber ich stelle mir den Gefühlsrausch als eine Mischung aus „Ich treffe die Liebe meines Lebens nach langer Zeit“- oder „Kurz bevor ich sterbe“-Gefühlen. Sprich: Alle Hormone werden ausgeschüttet, die Schmetterlinge fliegen in der Magengrube, man hat trotzdem das quälende Gefühl, cool bleiben zu müssen. Und das paranoide Gefühl, dass jedes Wort und jede Tat jetzt extrem viele Auswirkungen auf das zukünftige Leben hat ( Spoiler: Hat es nicht).

Viertes Stadium: Die Ernüchterung

Hier kommen wir zur eigentlichen Conclusio meiner gesammelten Erfahrungen. Ähnlich wie beim Groupietum, ähnlich wie nach einem One-Night-Stand, ähnlich wie mit allem idealisierten Belangen im Leben: Es kommt immer die dreckige, kalte Ernüchterungsphase. Ohne den gängigen Sexismus füttern zu wollen, waren die Ernüchterungen von Weibchen und Männchen doch unterschiedlich. Während Männern eher aufgefallen ist, dass „sie gar nicht so scharf“, „ultra unfreundlich“ und „viel kleiner als gedacht“ ist, fielen Frauen eher Attribute auf wie „es waren andere Gewinner plötzlich auch da“, „Augenkontakt hat er nicht gehalten“, „es war so stressig, für ihn sicher noch mehr“ bis zu „eigentlich ist er viel kleiner als gedacht“. Offensichtlich sind alle Prominente kleiner als gedacht. Passt nur auf meine Kinder, bevor ihr wieder zu Stars masturbiert, die es dann auf süße 155cm bringen. Der Orgasmus könnte dann wegen Vorstellungen zu Stande gekommen sein, die nicht der Realität entsprechen. Das war alles sarkastisch. Es ist ur egal, masturbiert bitte weiter. Der zweithäuftigste Entidealisierungsgrund? Du bist dem Prominenten tatsächlich scheißegal und egal was du wie sagst, er mag eigentlich nur seine Ruhe haben. Auch wenn es streng genommen nicht so sein sollte, Meet'n'Greet ist ja seine Arbeitszeit.

Fünftes Stadium: Die Relativierung

Wie nach jeder Beziehung kommt auch hier die Phase der Relativierung. Und ja, Meet'n'Greets, sind offensichtlich Mini-Beziehungen. Die zwar nur eine Partei von zweien so empfindet, aber das macht sie ja nicht weniger real. Wenn man sich die Stadien anschaut, merkt man, dass man mit dem eigenen Ex-Partner ähnliche Stadien durchgemacht hat. Je nach dem wie man sich nach dem Meet'n'Greet entscheidet weiter diesen Star zu betrachten, fällt die Relativierung des Treffens anders aus. Da wären die Menschen, die weiterhin Fans sind und sein wollen. Das sind wahrscheinlich auch eher die, die mit ihren Ex-Partnern noch eine gute Beziehung haben. Relativierungssätze wären: „Na klar, sind ja auch nur Menschen“ (bezüglich Ignoration, schlecht-drauf-sein, gestresst sein, nicht eingehen). Dann gibt es die Menschen, die dann so tun, als wäre es ihnen eh immer schon am Arsch vorbeigegangen. Beispielsatz: „Ja, ich meine war eh klar, dass es absolut nichts Weltbewegendes ist.“ Und zu guter Letzt, die Menschen, die durch die Entzauberung des Treffens, auch auf das weitere Fan-Dasein verzichten: „Ich war wie ein Teenie, aber ich weiß jetzt, was für ein Mensch dahinter steht.“

Manche die mir geschrieben haben, würden nochmal einem Meet'n'Greet beiwohnen, manche nie wieder. Die Erfahrungs- und Einstellungswerte weichen dann schon sehr von einander ab. Ich habe selbst mal ein Meet'n'Greet gewonnen. Auch ich bin diese Stadien durchgegangen, und obwohl der österreichische Rapper superfreundlich und interessiert war und mich diese positive Erfahrung nur tiefer in mein Fandom gestürzt hat, würde ich heute eher auf so etwas verzichten. Ich träume lieber weiter davon, wie wir zufällig in Berlin im selben Shop unsere Lebensmittel einkaufen und uns verlieben. Gell, Till Lindemann.

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