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So beeindruckst du deine Schulfreunde mit deinem ausgezeichneten Musikgeschmack

Endlich kannst du einer von den Coolen sein.

Foto von Jason MacDonald

Ach ja, die Heimatstadt, dieser seltsame Ort, der immer irgendwie das bleiben wird, was er war, als du ihn vor ein paar Jahren verlassen hast: eine Konservendose ohne Ablaufdatum. Das Verrückte ist ja, dass nicht nur du diesen Ort auf dem Stand von 1998 konservierst—weil du immer diese fiesen Nostalgie verfällst, wenn du zu Weihnachten die Stadtgrenze überquerst—sondern auch die Leute, die niemals rausgezogen sind, sich seitdem nicht weiterentwickelt zu haben. Das ist natürlich verstörend, hat aber den Vorteil, dass du die ganzen Leute von früher damit beeindrucken kannst, was für eine coole Sau du geworden bist.

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Auch wenn man sich an dich vielleicht nur als den blassen Loser erinnert, der in der siebten Klasse im Sportunterricht den Fußball voll in die Fresse bekommen hat, oder als den Spinner, der verzweifelt nach Aufmerksamkeit lechzend in der Schule mit bescheuerten Hüten rumgelaufen ist, jetzt bist du einer von den Coolen. Du bist zum Studieren weggezogen oder hast es anderweitig in die große Stadt geschafft und hörst nur noch die angesagtesten aller SoundCloud-Streams. Wenn diese ganzen Menschen jetzt merken, dass du eigentlich voll cool bist und immer weißt, was gerade angesagt ist, dann werden sie dich mit anderen Augen sehen und ganz vielleicht sogar mit dir rummachen wollen.

In deinem Heimatkaff haben sie natürlich noch nicht von iLoveMakonnen gehört und FKA Twigs ist hier, wenn überhaupt, als die Freundin von Robert Pattinson bekannt. Das bedeutet aber auch, dass dich dein cooler Musikgeschmack allein nicht wirklich weiterbringen wird. Du musst dich schon ein bisschen anstrengen, wenn du Fredl S. in den Schatten stellen willst, den Typen mit dem tiefergelegten Opel Astra, der eben noch lässig das Herrengedeck in der Bierbong runtergekippt hat. Zu deinem großen Glück ist das nicht unmöglich. Du musst dafür nur Folgendes beachten:

Finde einen gemeinsamen Nenner

Auch wenn es so scheint, als wären alle Menschen auf dieser Welt riesige Arca-Fans, weil die Leute, denen du bei Twitter folgst, pausenlos über ihn reden, fangen deine Schulfreunde wahrscheinlich gerade erst an, sich mit Tyler The Creator zu beschäftigen. Deine alten Klassenkameraden sind wahrscheinlich auch nicht auf dem neuesten Stand, was Nicki Minajs Bedeutung für den feministischen Diskurs angeht, aber sie werden wahrscheinlich diesen einen Song von ihr gehört haben, in der „Baby Got Back“ gesampelt wird. Sie kennen auch Pharrells großen Hut. Und vielleicht haben sie, wie du auch, nebenbei mittbekommen, dass es ein neues Foo Fighters-Album gibt.

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Natürlich willst du dich nicht nur die ganze Zeit über Pharrells großen Hut unterhalten und darüber, wie unglaublich groß er ist (große Hüte sind eben groß, das dürfte eins der Hauptmerkmale großer Hüte sein), aber wahrscheinlich wirst du dich über gar nichts groß unterhalten, wenn du direkt von XEN losplapperst. Du musst dein Publikum erstmal für dich gewinnen. Man muss dir folgen können. Versuch es doch mal so: Kanye West werden sie kennen. Arca ist dann also der Typ, der vier Tracks für Kanyes letztes Album produziert hat. Iggy Azalea wird ihnen ein Begriff sein und MØ singt die Hook bei einem Iggy Azalea Song. Deine Freunde wollen wahrscheinlich was Cooleres hören als Iggy Azalea, aber sie kennen bis jetzt nur Iggy. Wenn du ihnen dann MØ zeigst, wirst du in ihren Augen ein Genie sein—auch wenn das für dich, die Person mit dem überragenden Musikgeschmack, vielleicht alles viel zu offensichtlich ist. Auf diese Weise kannst du das Bild bestimmen, das sich die Leute von dir machen. Lehn dich aber nicht zu weit aus dem Fenster, sonst wirst du wie ein abgehobener Musiknerd rüberkommen. Das Coolste, was du eigentlich machen kannst, ist, den anderen das Gefühl zu geben, auch cool zu sein, indem du sie an dem Wissen darüber, was cool ist, teilhaben lässt.

Alles, was weit weg ist, ist auch irgendwie cool.

Foto von @puretapwater

OK, du hast natürlich dein erstes Semester damit verbracht, die Seminare zu verpennen und die Klos diverser Clubs zu umarmen—im Grunde hast du also nichts anderes als deine daheimgebliebenen Schulfreunde getrieben, aber du hast es IN WIEN/ZÜRICH, vielleicht sogar IN BERLIN/LONDON gemacht! Vielleicht hast du es sogar mal zu Rap am Mittwoch geschafft und kannst jetzt allen erzählen, wie so ein Battle abläuft. Oder du warst bei irgendeinem Konzert. Vielleicht auch nicht, aber das ist alles Wahrnehmungssache und allein der Fakt, dass du so weit weg warst, macht dich cool. „Ich wohne direkt bei Sohn um die Ecke“, „Dorian Concept isst immer dort Falafel, wo ich Falafel esse“, „Bushido fährt regelmäßig mit nem schwarzen Mercedes durch die Sonnenallee, wo ich mir immer Bier hole“—klingt doch wahrscheinlich, oder? Du musst Bushido nicht wirklich gesehen haben, ein schwarzer Mercedes reicht. Und irgendwo wird Sohn schließlich gewohnt haben, bevor er aus Wien weggezogen ist.

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Bleibe einfach immer bei Dingen, die wahrscheinlich sind oder so oder so ähnlich schon mal passiert sind. Stand dein Mitbewohner mal mit Bela B. am Würstlstand? Bingo. Aber vorsicht: Was auch immer du getrieben hast, erzähl nicht zu viel davon. Die Kunst besteht in diesem Fall darin, deine Gesprächspartner sich selber vorstellen zu lassen, was für eine coole Sau du bist, indem du wahllos Wörter wie „Vernissage“, „Fashion“ und „Gästeliste“ einstreust (keine Angst, du musst dafür nie auf irgendeiner Gästeliste gestanden haben).

Zeig ihnen neue Musik, indem du behauptest, du wärst ein DJ

Screenshot Via WorldStarHipHop

Wenn du deinen alten Schulfreunden erzählst, dass du total auf den neuen Rae Sremmurd Song abfährst, werden sie dir wahrscheinlich nur antworten: „Rae Sre … Wer?“ Wenn du ihnen aber erzählst, du hättest diesen einen Rae Sremmurd Song bei einer Party aufgelegt und der ganze Raum wäre total abgegangen, dann lieferst du ihnen nicht nur einen Anreiz, dir aufmerksam zuzuhören, sondern lässt außerdem durchblicken, dass du cool genug bist, um Partys zu schmeißen—und sogar cool genug, um besagte Partys auch noch geil zu machen. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, dass du eigentlich davon sprichst, wie du mit deinen drei Mitbewohnern bei eurem Spieleabend zwei Minuten lang die Finger ungelenk zu Gangsterzeichen verrenkt hast. Sprich mir nach: Meine Wahrnehmung ist auch ein Teil der Wirklichkeit. Jetzt, wo wir das abgehakt haben, bezeichne dich bitte selber nicht als DJ. Das kommt in jedem Fall nur peinlich rüber. Lass es so aussehen, als wäre es etwas, das du so nebenbei mal machst—wie ein gelangweilter Aristokrat.

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Sprich über neue Musik, indem du deine coolen neuen Freunde ins Spiel bringst

Foto von Pete Sholley

Vielleicht ist dir nicht so wohl dabei, über deine aufstrebende DJ-Karriere zu sprechen, weil in diesem Fall Wunsch und Wirklichkeit doch etwas weit auseinanderdriften. Du willst natürlich nicht, dass dein Lügengebilde kläglich in sich zusammenbricht, kurz bevor du dich an deinen alten Schulschwarm ranschmeißt. In so einen Fall ist es ratsam, über Musik zu sprechen, die du über deine neuen, coolen Großstadtfreunde kennengelernt hast. Dass du total auf Ryan Hemsworth stehst, ist eine Sache, wenn du deinen alten Schulbekanntschaften aber erzählst, dass du diesen abgefahrenen neuen Elektrokünstler kennst, weil dein Kumpel, der mal mit Robert Stadlobers Cousine zusammen war, ihn dir gezeigt hat, wird man dich plötzlich mit ungewohntem Respekt behandeln—und man wird sich deine Empfehlung zu Herzen nehmen. Wenn du deinen Freunden glaubhaft berichten kannst, dass dein Mitbewohner nach L.A. zum Ty Dolla $ign Konzert geflogen ist, dann wissen sie, dass deine Empfehlungen direkt von der Quelle bekommen.

Sprich nicht über Kanye

Foto von Michael James Murray

Ja, er ist der Beste, aber es besteht die 1000%ige Wahrscheinlichkeit, dass deine Schulbekanntschaft—oder noch schlimmer, der komische Typ daneben, dem du bei deinem Heimatbesuch eigentlich unbedingt aus dem Weg gehen wolltest—dich darüber aufklären wird, dass Kanye West ein riesiges Ego hat und dass Kim Kardashian ein schlechter Mensch ist. Und auch wenn es sich dabei um Unwahrheiten handelt, die dringend richtig gestellt werden sollten, versichere ich dir, dass diese Hausparty nicht der richtige Ort dafür ist.

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Sei nicht zu cool zum Tanzen

Leider haben deine alten Schulfreunde in der Zeit, in der du diverse Tumblr nach den coolsten Jersey Club Remixen zweitklassiger Trap-Producer durchforstet hast, Songs wie „All About That Bass“ und „Black Widow“ im Radio gehört und jetzt sitzt ihr hier zusammen in der Dorfdisko und du bist die einzige Person, die den Text nicht kennt. Das ist ein überaus heikler Moment, der deine ganze Credibility mit einem Schlag zu Nichte machen kann. Hier beweist du dich entweder als der arrogante Musiksnob, der von Musik, die normale Leute hören, keine Ahnung hat (uncool), als der gleiche Loser, der du schon in der Schule warst und der sich damals schon aus unerfindlichen Gründen den Kampf gegen Tanzen auf die Fahne geschrieben hatte (mega-uncool) oder—und das will ich hoffen—als das gechillte, wortgewandte, Spaß-liebende Du, das so gütig ist, ein bisschen von dem angesagten Großstadtleben in dieses verschlafene kleine Nest zu bringen, und auf der Tanzfläche total durchdreht. Sei Letzteres und schwing verdammt noch mal die Hufe.

Kyle Kramer ist in seinem Heimatort ein riesen Loser. Folgt ihm bei Twitter—@KyleKramer

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