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Thump

Wenn der Nachwuchs von BILD & Co zum Berghain geschickt wird

Spoiler: Reingekommen sind sie nicht.

Screenshot aus dem YouTube-Video „Mythos Berghain - Wer stolpert montagmorgens aus dem Club Berghain | ScopeBerlin"

"Die Axel Springer Akademie ist Deutschlands fortschrittlichste Journalistenschule. Praxisbezug ist unser wichtigster Anspruch." Letzteres mag durchaus stimmen, Ersteres muss eindeutig angezweifelt werden. Um der Maxime von Best Practice zu folgen, haben sich die Nachwuchsjournalisten der in Berlin ansässigen Schule etwas Innovatives überlegt: Leute filmen, die am Montagmorgen aus dem Berghain kommen. Weil drinnen geht ja nicht.

Nein, Noisey-Redakteure waren nicht dabei, die mussten wahrscheinlich noch mal ihren Bausparvertrag gegenlesen. Aber auch ansonsten war wenig los, kaum jemand wollte mit dem ambitionierten Ulf Poschardt in spe reden. Lediglich eine Besucherin aus Los Angeles, die enthusiastisch vom Berghain und von Grünem Tee redete, unterhielt sich wirklich mit ihm. Aus Dankbarkeit stellte ihr der Kollege allerhand Klischee-Fragen. Was man tragen und wie man sich verhalten muss, um reinzukommen zum Beispiel. Ob sie jemanden gesehen habe, der Drogen konsumiert hat. (Überraschung: Hat sie!) Ob es in Los Angeles auch sowas wie das Berghain gebe. Antwort? Natürlich nicht.

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Ein anderer Gesprächspartner mit einer seltsamen Rute in der Hand beschwert sich über die zunehmende Kommerzialisierung, die der Club betreibe und durch die die Feier-Kultur zerstört werde. Ob seine Gesprächsbereitschaft das ändern wird? Oder der Beitrag? Oder dieser Artikel?

Der vor der Kamera stehende Nachwuchs-Axel kolportiert während der knapp 20 Minuten jedenfalls immer wieder allerlei Unwahrheiten.

Man müsse aufpassen, dass die Türsteher einen nicht sehen, wie man mit Besuchern redet. Ansonsten komme man nicht wieder rein, denn "die merken sich jedes Gesicht." Natürlich, bei Besucherzahlen von mindestens 2.000 pro Wochenende merken sich die Türsteher jedes Gesicht, weil alle Besucher ja auch so einzigartig aussehen, dass man sie voneinander unterscheiden und niemals vergessen kann. Das Personal am Einlass stellt sich der Moderator anscheinend als eine Art von Selektionsroboter mit unendlicher Festplatte vor.

Wir von Noisey fordern—wie schon vor einigen Wochen—, dass endlich ein solcher Türsteher vor dem Zugang zum Berghain platziert wird und verhindert, dass derlei Videos in Zukunft erneut gedreht werden. Also eine Tür für die Tür. Und die Abschaffung eines mutmaßlichen "Reportagekurs Berghain" an der ASA. Welchen Erkenntnisgewinn soll der hundertste Bericht bringen?

Falls du dir die "Reportage" immer noch ansehen willst, kannst du das unten tun. Wir raten aber davon ab, der Fremdschamfaktor ist deutlich höher als bei jeder Folge "Stromberg".

Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP erschienen.

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