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Thump

Mein Onkel Gaz über illegale Partys, Drogen und die Polizei—so weit er sich noch erinnern kann

"Ich erinnere mich noch an Partys von uns, bei denen die Polizei ihr Blaulicht angemacht hat, um uns ein paar extra Lichteffekte zu geben."

Wenn wir ehrlich sind, dann sind die meisten Partygeschichten unglaublich furchtbar oder werden unter den denkbar ungünstigsten Umständen erzählt. Und oft genug lässt sich schwer sagen, was davon gerade zutrifft. Wenn dein serotoningetränktes und chemisch induziertes Erlebnis nicht gerade mit einer wahrhaftigen Epiphanie endet oder du zu der Sorte Mensch gehörst, die mit der Gabe eines erstklassigen Geschichtenerzählers gesegnet sind, gleicht die mündliche Rekonstruktion deiner abgefahrensten Partynacht aller Zeiten eher einem sentimentalen YouTube-Kommentar, der an einem Mittwochabend in einer Kneipe in den desinteressierten Äther geblasen wird.

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Mein Onkel Gaz ist da eine Ausnahme.

Onkel Gaz weiß nämlich, wie man eine Geschichte erzählt. Denn er hat tatsächlich eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die die meisten unserer Geschichten—jemand, den du nicht kennst, hat etwas, das ich nicht wirklich erklären kann, irgendwo getan, wo du nicht gewesen bist—aussehen lässt wie die mittelmäßigen Anekdoten, die sie leider sind. Onkel Gaz hat seine Jugend als Tontechniker und Partyplaner mit der Crew Elemental Soundsystem aus den englischen Midlands verbracht—vor langer Zeit, damals in den 90ern.

Nachdem ich bei dem ein oder anderen Weihnachtsessen einige seiner Anekdoten gehört hatte, beschloss ich, diese mit der Welt zu teilen. Also habe ich Gaz letztens mal angerufen.

Noisey: Onkel Gaz, grüß dich! Sag, wann war das Elemental Soundsystem aktiv?
Onkel Gaz: Die erste Party fand am 18. September 1993 statt. Und wir haben bis '98 weitergemacht, als ich zum Studieren weggezogen bin. Die erste Party war witzig. Wir haben beim Aufbau noch die Lautsprecher angemalt.

Wo habt ihr die erste Party veranstaltet?
Nun, ich habe es dann am Ende mit dem Mädchen getrieben, in deren Haus wir die Party gemacht haben. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass sie uns deswegen auch gebeten hat, sie dort zu veranstalten.

War die Party insgesamt gut?
Keine Ahnung, wie es die Nachbarn fanden, aber wir hatten Spaß.

Wie war eure Beziehung zu den Nachbarn der Partys? Ich erinnere mich daran, dass du mir mal davon erzählt hast, wie ein Eigentümer die Polizei vom Grundstück geschmissen hat.
Kommt darauf an, was du mit Nachbarn meinst. Wenn wir Haus-Partys gemacht haben, dann waren sie entweder vorgewarnt oder eingeladen. Es waren normalerweise die Leute drei Häuser weiter, die ein Problem mit uns hatten. Wenn du 15-Zoll-Eimer [Basslautsprecher] in einem Haus anschließt, dann hört das der ganze Block. Was die Außenfaktoren anging, wusstest du nie genau, was dich eigentlich erwarten würde. Es hing alles vom Eigentümer ab.

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Einmal war ein Typ schon halb auf einen Baum geklettert und stritt sich mit mir um die Lichter, die wir da oben angebracht hatten. Schließlich kam die Polizei und hielt ihn auf. Sie sagten ihm, er solle weggehen und sie das erledigen lassen. Entweder das oder sie würden ihn festnehmen, weil er mich angegriffen hatte. Die Polizei ließ uns weitermachen, behielt aber auch einen Streifenwagen vor Ort, um sicherzugehen, dass wir nichts Schlimmes anstellen. Ein anderes Mal sagte mir ein Typ mit einer Schrotflinte, dass er einen Mähdrescher in unsere PA fahren würde. Als ich ihn darauf hinwies, dass das Teil wahrscheinlich nicht unter der Brücke durchpassen würde, unter der unsere Anlage stand, war er nicht gerade erfreut.

Aber wie du eben schon meintest, ist die Polizei mal zu einer Party aufgekreuzt. Sie meinten zu Bob, unserem Vermittler, dass es Beschwerden gegeben hätte. Eine davon wäre von dem Grundstücksbesitzer selbst gekommen. Ich weiß nicht mehr genau, ob wir damals schon wussten, dass der Besitzer selbst auf der Party war. Jedenfalls stellte er sich selbst bei der Polizei vor und sagte ihnen, dass er sich nicht beschwert habe. Er bat sie darum, wieder zu abzuziehen, und wir machten weiter.

Tatsächlich war es sogar einer der Landbesitzer, der uns darum gebeten hatte, eine Party auf seinem Bauernhof zu veranstalten. Bekannte von ihm hatten geheiratet. Er organisierte eine Band und fragte, ob wir den Sound machen können. Ich hatte in meinem Leben noch nie eine Band abgemischt. Aber ich war auf dem College, lieh mir einen kleinen Mixer und machte es einfach. Auf einer Schweinefarm. Er hatte zwischen einer Getreidescheune und einem Bauernhaus einen großen Unterstand aufgebaut.

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Wie lief das denn bei den OpenAir Partys auf den Feldern? Ging es einfach nur darum, so viele Menschen wie möglich dorthin zu bekommen? Wie habt ihr sichergestellt, dass eure Veranstaltungen nicht aufgelöst wurden?
Nun, es gab da verschiedene Stufen. Man muss sicherstellen, dass man genug Leute vor Ort hat, um es der Polizei zu erschweren, die Party zu verhindern. Damals waren Handys noch nicht weit verbreitet und das Internet war beschissen. Wir positionierten also eine Person in einem Auto im Ort, die die Nummer zu einem Anrufbeantworter mit einer Wegbeschreibung und den Zeiten hatte. Die Raver taten dann ihren Teil. Wir fuhren aufs Gelände mit den Lautsprechern, die wir extra so eingeladen hatten, dass wir alles schnell aufbauen konnten. Wir konnten eine 14 KW Anlage auf diese Art in weniger als 25 Minuten zum Laufen kriegen und in diesen 25 Minuten trafen auch die Leute in. Bevor also irgendein Geräusch aus den Boxen kam, hatten wir schon ein paar Hundert Leute auf dem Gelände.

Das sichert einen ab. Entsprechende Polizeipräsenz hätte die Party in einem Vorstadium noch verhindern können, aber wenn das Gelände einmal voll mit Autos und Menschen ist, haben sie kaum eine andere Wahl, als mit dir zu verhandeln. Bei Lagerhallen war das ähnlich, aber da hatten wir diese Regelung, dass wir das Gebäude im Vorfeld absichern und für die Party herrichten. Wenn die Polizei dann aufgekreuzt ist, konnten wir ihnen dementsprechend eine Führung geben und zeigen, dass wir uns um den Laden und die Sicherheit der Leute gekümmert hatten.

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Und das ist der zweitwichtigste Punkt bei der ganzen Sache: Nutz die Polizei nicht aus! Für die Polizei hatten wir einen Vermittler, Bob. Bob war Lehrer und konnte einen ganzen Satz ohne Schimpfwörter zusammenbekommen. Er unterhielt sich mit der Polizei und andere Leute aus der Crew liefen währenddessen rum und stellten sicher, dass keine neugierigen Gäste rumstanden. Die Strategie war, die Polizei zufrieden zu stellen, ohne sie jemals wissen zu lassen, wer wer ist—ob Gast oder Crew-Mitglied.

Waren die Partys auch politisch motiviert? Oder ist Politik sowieso unumgänglich, wenn man viele Menschen und Drogen auf einem Feld vereint?
Nun, wenn es die Politik nicht gegeben hätte, wäre es wahrscheinlich nie so passiert. Die Partybewegung war damals eine direkte Reaktion auf die Pläne der Regierung, derartige Treffen zu kriminalisieren. Es gab damals viele verschiedene Faktoren, die alle gleichzeitig zusammenkamen und es zu dem machten, was es war. Die Pillen waren gut und man brauchte keine Angst haben, dass es irgendein zusammengepanschter Mist war. Es gab neue Technologie, die es uns einen Sound ermöglichte, den es bis dahin nicht gegeben hatte. Das kam alles zur gleichen Zeit zusammen.

Hast du einen Ratschlag für Menschen, die selbst Partys veranstalten wollen?
Ich weiß nicht, ob ich einen bestimmten Ratschlag geben kann, der wirklich helfen würde. Natürlich könnte ich den ganzen Tag darüber reden, wie man eine Anlage vernünftig aufbaut, aber insgesamt ist die politische Situation, die Situation mit den Drogen und die Szene selbst, soweit ich das beurteilen kann, heute anders. Die Polizei scheint viel mehr auf Zack zu sein. Sie verfügen über viel mehr Befugnisse und Handhabe, um den Veranstaltern das Leben schwer zu machen. Ich schätze, dass es dementsprechend heute noch viel wichtiger denn je ist, der Polizei gegenüber nett zu bleiben. Ich habe arge Videos gesehen, in denen beide Seiten Dinge sehr falsch gemacht haben. Polizei, die ohne Grund auf Leute einschlägt, Partygäste, die Autos mit Steinen bewerfen. Solche Sachen waren in den 90ern extrem selten, auch wenn sie hier und da mal passiert sind.

Zu unserer Zeit gab es ein paar Crews in der Szene, die der Polizei und den Gästen gegenüber nicht freundlich waren. Die zerstörten auch das Gelände, auf dem sie ihre Partys veranstalteten, was es dann für alle versaute. Wenn eine von ihren Partys aufgelöst wurde, wussten wir immer schon ungefähr warum. Wir hatten immer die gleiche Person, die mit der Polizei verhandelte. Wir hatten also ein freundliches Gesicht, das wir vorausschickten und die Polizei dadurch schon wusste, dass wir es waren, bevor sie überhaupt zum Gelände kamen. Ich erinnere mich noch an Partys von uns, bei denen die Polizei ihr Blaulicht angemacht hat, um uns ein paar extra Lichteffekte zu geben. Ich habe erlebt, wie Polizisten mit Gästen neben dem Lagerfeuer jongliert haben und solche Sachen. Heutzutage scheinen die alle direkt immer in Kampfmontur aufzukreuzen.

Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP erschienen.

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