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Solokünstler und Björk-Sideman—Manu Delago im Interview

Wir haben dem Österreicher ein paar Fragen zu seinen Projekten gestellt.

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Der Österreicher Manu Delago hat neben seinem Soloprojekt ein paar wirklich interessante Sideman-Engagements. Wenn er nicht mit Björk auf Tour ist, findet man ihn bei bei der britischen Nu-Jazz/Electronic-Band The Cinematic Orchestra oder bei der indischen Sitar-Spielerin Anoushka Shankar, die—wie du dir schon denken kannst—die Tochter von der Legende Ravi Shankar ist. Wenn man mit so großen Namen verkehrt, hat man natürlich die Chance vieles mitzunehmen und selber anzuwenden.

Viele wissen nicht einmal, dass es einige Österreicher gibt, die erfolgreich als Auftragsmusiker arbeiten. Manu ist zuerst durch das Instrument Hang bekannt geworden: Es besteht aus Stahlblech-Halbschalen und erzeugt einen sehr warmen und perkussiven Klang. Sein Solo-Stück „Mono Desire“ wurde ziemlich stark gehypet und sogar in die „Top 30 best-rated music videos“ bei Youtube aufgenommen. Das Hang wurde so etwas wie Manus Markenzeichen. Da ihm das langsam zu viel wurde, konzentrierte er sich immer mehr auf andere Instrumente. Für mich war seine Musik damals etwas völlig Neues. Deshalb schaute ich auf sein Konzert ins WUK. Die Show war genial—besonders die Bühneneffekte blieben mir ziemlich stark in Erinnerung. Sein neues Album Silver Kobalt liegt irgendwo zwischen Ambient, Pop, Jazz und Electronic. Manu spielte so gut wie alle Instrumente selbst ein und übernahm ebenso die Produktion. Die Tour im Frühjahr war größtenteils ausverkauft und nimmt heuer noch einen zweiten Anlauf.

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Vor dem Björk-Konzert in Berlin hatte ich die Chance, Manu einige Fragen zu stellen, die mir seit etwa zwei Jahren im Kopf herumschwirren.

Noisey: Viele wissen gar nicht, dass Björk einen österreichischen Drummer hat. Wie ist es überhaupt zu dieser Kollaboration gekommen?
Manu: Im Fall von Björk war es so, dass sie mich vor etwa fünf Jahren auf Youtube entdeckt hat und mich daraufhin kontaktierte. Zuerst skypten wir, dann haben wir uns gegenseitig ein wenig Musik zugeschickt. Ich hab ihr auch ein paar Aufnahmen von mir zukommen lassen. Daraufhin hat sie mich nach Island eingeladen und haben für ihr Album Biophilia aufgenommen. Danach bin ich in die Live-Band gerutscht und jetzt spiele ich schon seit über vier Jahren bei ihr als Schlagzeuger. Wie war denn das erste Treffen? Gab es gleich eine Probe?
Ja, das war ganz witzig. In Island war ich mit Björk auf einer kleinen Insel vor Reykjavik. Dort gibt es ein Studio, das man nur betreten kann, wenn Ebbe ist. Dort nahmen wir auf und konnten erst nach acht oder neun Stunden zurück. Obwohl man nicht weit weg von Reykjavik ist, ist man total isoliert. Beim ersten Mal war ich nur ein paar Tage dort und dachte, dass wir bisschen was ausprobieren, etwas proben und vielleicht noch zum Aufnehmen kommen. Björk war aber der Meinung, dass der erste Tag schon dafür geeignet wäre. Für mich war es ein Sprung ins kalte Wasser. Wir haben einfach sofort ein paar Takes zu „Virus“ probiert. Das war eine schnelle und intensive Aktion und nach einem Nachmittag war der ganze Song schon aufgenommen.

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Bist du mehr als ein Auftragsmusiker? Was bringst du denn in Björks Musik? Und wie ist es umgekehrt?
Ich habe bis jetzt nur bei dem Song „Virus“ im Studio mitgewirkt. Ich bin Live-Schlagzeuger und bringe eher Einfluss in die Show und weniger in die aufgenommene Musik. Ich bekomme die Tracks vom Album und mache dann Vorschläge, was ich spiele und welche Teile ich übernehme. Ich habe meistens ein bisschen Freiheit das Ganze zu interpretieren. Nachdem ich schon seit 15 Jahren ihre Musik kenne und schätze, ist ihr Einfluss auf mich wesentlich größer. Man wird auch ständig von seinen Mitmusikern inspiriert. Ich will nicht leugnen, dass ich von Björk beeinflusst werde. Es ist schwer zu sagen in welchem Ausmaß es umgekehrt der Fall ist. Wenn zwei Musiker zusammenstoßen, ist man sich oft nicht einig. Was passiert dann?
In ihrer Band ist Björk eindeutig die Chefin. Bei unterschiedlichen Auffassungen entscheidet zum Schluss sie. Das ist aber nicht nur bei ihr so. Bei anderen Bands, wo ich Sideman bin, gibt es immer jemanden der die letzten Entscheidungen trifft—das respektiert man auch gern. Dasselbe gilt für meine Band: Da bin ich Bandleader und treffe die letzten Entscheidungen. Bist du eigentlich wegen der Karriere nach London gezogen?
Ich wusste schon während meiner Schul- und Studiumszeit, dass ich Musik machen will. In Österreich hat es relativ früh angefangen sich im Kreis zu drehen. Da ich international arbeiten wollte, habe ich mich entschieden, ins Ausland zu gehen. Amerika kam nicht in Frage, weil es mir einfach zu aufwendig war, vor allem vom Bürokratischem und Politischem her. London war dafür der perfekte Mittelweg. Die Stadt ist sehr international und ich habe keine Sprachbarriere. Ich bin hingeflogen, habe dort studiert und lebe jetzt schon acht Jahre dort. Das Studium war nicht der Grund, aber es diente als Starthilfe, um in das richtige Netzwerk hineinzukommen. Wie läuft denn die Tour bis jetzt? Wie ist dieses Jahr für dich, du bist ja viel unterwegs?
Dieses Jahr ist definitiv ein Tour-Jahr. Letztes Jahr habe ich zwar auch Konzerte gespielt, aber da ging es viel mehr ums Album und darum, mehr Zeit im Studio zu verbringen. Heuer präsentiere das ganze Material, das ich gesammelt habe. Björk und ich haben ziemlich zeitgleich releaset. Zum Glück ging sich aber alles gut aus. Nächstes Jahr werde ich vielleicht wieder weniger touren und an neuer Musik basteln.

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Wie empfindest du den Unterschied zwischen einem Björk- und Solo-Konzert?
Für mich ist ein ziemlich großer Unterschied, da ich bei Björk viel weniger Verantwortung habe. Ich spiele meinen Part und versuche das so gut wie möglich zu machen. Bei meiner Band ist der Druck viel größer. Vor allem das erste Konzert einer Tour ist besonders spannend, weil man vorher nicht weiß, wie es ankommt und ob auch technisch alles funktioniert. Meine Crew ist auch viel kleiner—da helfen alle bei Auf- und Abbau mit. Es ist zwar mehr Arbeit, aber es ist ein schönes Gefühl, sich das Lob zu verdienen. Nach einem Björk Konzerte überlasse ich am liebsten ihr das ganze Lob, weil sie eben die ganze Musik komponiert. Natürlich freue ich mich, wenn es den Leuten und meinen Freunden gefällt, aber ich will mir darauf nichts einbilden. Es ist Björks Show. Gibt es eigentlich ein Ritual bevor du eine Show spielst? Was passiert denn vor deiner Show oder einer Björk-Show?
Vor meiner Show ist es meistens ziemlich relaxed. Wir haben alle denselben Umkleideraum und haben keine Rituale oder Ähnliches. Bei Björk ist es ein bisschen geregelter. Da gibt es eine Umkleidekabine für Björk, eine für Arca, ihren Co-Produzent, und mich, und dann noch einen für das Streichorchester. Björk hat nämlich ihre eigenen Aufwärmübungen. Dazu kommt noch Kostüm und Maske. Ich selbst habe aber keine nennenswerten Rituale vor einer Show.

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Es sind ja während der Tour-Stopps auch ein paar Tage Pause. Was passiert in der Zwischenzeit?
Bei Björk haben wir das Glück an sehr coolen Städten oder Orten zu spielen und uns dort auch aufzuhalten. In der Sommertour sind wir zum Beispiel drei Tage in Berlin, drei Tage in Barcelona, drei Tage in Rom und drei Tage in Lyon—das gibt dem Ganzen schon ein gewisses Urlaubs-Flair. Manche Leute fliegen auch manchmal zurück nach Hause. Ich habe meistens auch irgendwelche Zusatztermine. Ich fliege selten mit der Crew und war jetzt zum Beispiel einer Woche in der Toskana, weil ich was im Studio aufgenommen habe. Ich war mal auf einem Konzert von dir im WUK. Da ist mir vor allem die aufwendige Licht-Show in Erinnerung geblieben.
Ich finde, dass eine Live-Show nicht nur gut klingen, sondern auch gut aussehen soll. Das ist alles ein Gesamterlebnis. Vor allem Licht und Visuals sollen gut mit der Musik zusammenpassen. Demnach gibt’s auf meiner Bühne einiges, das mit Licht gekoppelt und größtenteils von Musikern gesteuert ist. Mittlerweile steuern wir das halbe Set von der Bühne aus. Ich bin immer enttäuscht, wenn ich viele große Shows sehe, wo das Licht zig-tausende Euro kostet und es jemand bedient, der die Songs nicht kennt und es nicht Teil der Musik wird. Auf deinem neuen Album Silver Kobalt hat mir der Song „Down To The Summit“ am besten gefallen.
Ich bin froh, wenn Leuten dieser Song besonders gut gefällt, da gar kein Hang vorkommt. Vor fünf oder sechs Jahren hat nämlich jeder nur nach dem Hang gefragt—was so etwas wie mein Markenzeichen wurde. Der Ursprung des Songs war diese indische Shruti-Box. Die funktioniert ein bisschen wie ein Akkordeon und erzeugt einen „Drone“ aus einem einzigen Ton. Ich mag es generell Instrumente herzunehmen, um sie zu zweckentfremden. Statt nur einem einzigen Ton wollte ich ein paar coole Akkorde erzeugen, die habe ich anschließend auf eine Gitarre übertragen habe. Danach kam die Idee des Fagottes hinzu. Es hat überraschend gut funktioniert. Das hat sich dann immer mehr aufgebaut und somit ist von dieser kleinen Idee der Shruti-Box ein großer Track entstanden. Wie benennst du denn eigentlich deine instrumentalen Nummern?
Ja, das ist leider immer eine schwierige Entscheidung. Zum einen habe ich eine Ideensammlung, wo ich Namen für Stücke festhalte. Dort stehen dann Wörter oder Wortspiele drinnen, die ich cool finde. Manchmal passiert es auch, dass ich schnell eine Idee aufnehme und mir ein spontaner Arbeitstitel einfällt, der auch völlig random sein kann. Du tourst heuer auch nochmal durch Österreich. Warum sollte man da hin?
Ich bin Sideman bei Björk, The Cinematic Orchestra und Anoushka Shankar. Dadurch lande ich irgendwo in der Mitte zwischen Electro, Pop und Jazz. Wir haben ein sehr eigenes Bühnendesign mit einer aufwendigen Produktion. Die erste Tour war größtenteils ausverkauft. Deswegen wollen wir’s nochmal angehen.

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Manu Delagos nächsten Österreich-Dates sind:

Oct 13, 2015 Kulturhofkeller, Villach

Oct 14, 2015 Konzerthaus, Wien

Oct 15, 2015 Musikschule, Kufstein

Oct 16, 2015 Rathaussaal, Telfs

Dec 16, 2015 ARGE, Salzburg

Dec 18, 2015 Spielraum, St. Pölten

Dec 19, 2015 Remise, Bludenz

Dec 20, 2015 Treibhaus, Innsbruck

Die gesamten Tour-Dates findest du hier.

Manu Delagos Webseite findest du hier.

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