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Das war 2014

„Jessas, a Kantine...“—Crazy Sonics Clubkultur-Jahresrückblick 2014

Der Clubkultur-Jahresrückblick von Rudi Wrany aka Crazy Sonic.

Rudi Wrany ist seit mehr als 20 Jahren in Wien und Restösterreich als DJ, Veranstalter und Beobachter unterwegs. Als Ergänzung zu unserer chronologischen Jahresrückschau hat er für uns seine Beobachtungen zum Clubkultur-Jahr 2014 aufgeschrieben.

Was für ein Jahr .… keines war so turbulent, so fad, so (musikalisch) unbedeutend und so krebserregend für Wiens Szene wie das heurige.

Warum? Spricht wieder der Neid aus dem abgehalfterten einstigen Clubguru, der Ärger, die Angst? Nein. Hier der Versuch einer Abhandlung:

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In keinem Jahr gab es so viele Aufsplittungen wie heuer: Konnte man 2005 noch getrost an einem Abend Alex Smoke, am anderen Moonbootica und wieder einem anderen Richie Hawtin lauschen, so ist dies nun vollkommen verpönt. Schockerregte Blicke verfolgen einem, wen man vorsichtig die musikalische Irrelevanz mancher Technohybride anspricht—das Aufkäuen alter Sounds leitet sich sebstredend daraus ab, was „Neues“ ist das freilich nicht.

Was war denn jetzt 2014? Es gab das Clubsterben. Das Aufsperren, das Abschiednehmen, die Geldnot—hier hake ich ein: Das FLEX hatte es 2014 wahrlich schwer. Anfang Oktober wurde seitens der WGKK ein Insolvenzantrag gestellt, der zuerst dementiert, dann aber doch zähneknirschend hingenommen werden musste. Ist das Ding mal auf dem Richtertisch, dann geht das Ganze seinen Weg, und so ist bis zum heutigen Tag noch keine endgültige Entscheidung gefallen, aber tendenziell gehe ich davon aus, dass es das FLEX auch 2015 geben wird. Auf die Frage, wie es soweit kommen konnte, haben nun schon viele versucht eine Antwort zu geben, der Hauptgrund liegt für mich darin, dass es nach der Sperrstundenproblematik (und deren Ende 2012) nicht—bzw. schleppend—wieder gelang, das zu den anderen Clubs abgewanderte Publikum zurückzugewinnen, vor allem im elektronischen Segment. Die einstigen Hochburgen Rock und Indie schwächelten dagegen, offensichtlich ist es im Jahr 2015 nicht mehr so en vogue, einem „DJ“ zu lauschen, der das macht, was man selber auch kann, nämlich Tracks aneinanderzurreihen. Die Drum and Bass-Partys hingegen liefen nach wie vor bestens und auch so manche 4/4-Feste—unvergessen wohl der Auftritt von Carl Cox im April—aber alles in allem litt die Urmutter der Wiener Clubs ein bisschen unter der Konkurrenz und dem Ehrgeiz vieler Jungveranstalter an anderen Orten.

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Auch hatte es der neue Dienstag schwer, Midweek-Clubs gingen generell zurück, auch dafür gibt es viele Gründe, vor allem der neue Leistungsdruck auf den Unis und die Tatsache, dass Wien nun wirklich schon alles gesehen hat, gepaart mit den gigantischen Preisvorstellungen so mancher DJs, die hierzulande einfach unleistbar geworden sind. Dass es an starken Bookings nicht gemangelt hat, ist jedenfalls ein Fakt: Pan Pot, Monika Kruse, Carl Cox, Super Flu uva spielten auch dieses Jahr dienstags am Kanal.

Überhaupt, Bookingagenturen … Was für die Acts ja gut sein mag, ist für die Veranstalter und Clubs ein Albtraum: Kaum hat ein Act einen kleinen Hit—selbst ein vielgehörter Soundcloud-Stream reicht dafür schon—geht die Preistreiberei schon los. Acts wie Richie Hawtin oder Carl Cox, Maceo Plex oder Art Departement, Solomun oder Seth Troxler, alles fünfstellig, unverhandelbar. Weltumspannende Agenturen wie WMA & Co haben sich dieser Künstler vertraglich bemächtigt und dank dem neuerblühten US-Markt sind die Preise nun dermassen hoch, dass nur mehr ein Exklusivsponsor oder ein Mäzen diese Acts nach Wien in unsere Clubs bringen kann. Den (Lebens)„Künstlern“ selbst geht’s mittlerweile auch mehr um die Hotelsuite, den superextended late check-out, den Schampus, den Chablis Grand Cru, die Flughafenlimo und den Kurschatten denn um ihre eigene Show.

Die Pratersauna war auch dieses Jahr wieder Wiens Sommerlocation Nummer 1: Die Reihe „5 Uhr Tee“ an einigen Sommersonntagen erfreute sich grosser Beliebtheit, hätte auch das Wetter in diesem äußerst durchwachsenen Sommer mitgespielt, es hätten immer grandiose Abende werden können. Etwas durchwachsen hingegen fällt die Bilanz der Mittwochsreihe „Nacht/Nichtschwimmer“ aus: Es wurden Acts an Land gezogen, die fetter nicht hätten sein können: Seth Troxler, Solomun oder Art Department. Doch—siehe oben—es kamen zu wenig Leute, und so wird es dieses Projekt 2015 wohl nur mehr in einer kurzen, abgespeckten Form geben können. Unter der Woche bleiben die Wiener sichtlich wieder lieber zu Hause. Die Pratersauna an sich hatte 2015 noch jüngeres Publikum als die Jahre davor, einige Formate verließen das Haus und zogen weiter bzw. reduzierten die Schlagzahl. Etwas kahl wirkt die Location ohne die Aussenflächen, wenn zB nur der alte Mainfloor offen ist, hat das Ganze ein bisschen den Flair einer kleinen Lagerhalle. Wenn hingegen alle Floors offen sind und die Visuals in ihrer Pracht erstrahlen, dann ist die Pratersauna aber immer noch Wiens schönster Platz—keine Frage.

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Die Betreiber sind und bleiben umtriebig, auch heuer gab's wieder ein „Prater Unser“, allerdings wieder zu sehr auf den Club selbst fixiert. Warum kann man nicht den ganzen Prater in größerem Ausmaß miteinbeziehen, warum nicht wieder auch das FLUC an Board holen? Ebenso gab es wieder ein „Lighthouse Festival“ in Kroatien (Porec), das diesmal auch endlich Wetterglück hatte und eine sehr warme, familiäre Stimmung verbreitete. Wenn man den Berichten glauben darf folgt auch hier eine Fortsetzung. 2015 soll die Pratersauna nach einem Schließmonat im Februar programmatisch einen leichten Relaunch erfahren, der Freitag wird ab dann als Eigenveranstaltungstag mit neuer Bookingstrategie laufen, für die Fremdveranstalter bleibt der Samstag—man darf gespannt sein. Auch die Rumsen davor—das „Lifestyle“, das den Flair einer heruntergekommendern Ötztaler Skihütte verbreitete, bekommt einen neuen Pächter: Martin Ho, der mit seiner Dots-Kette nicht unerfolgreich ist, wird daraus einen Hip Hop-Club entstehen lassen.

Apropos Hip Hop: Gottseidank liess der Hype ein wenig nach, und nicht jeder International School Hipster setzte sein Kapperl 2014 verkehrt auf und machte einen auf Wohlstandsgangster. Back to the roots—ich hasse diese Phrase, aber in diesem Falle gut so, für mich ist die goldene Hip Hop-Ära jene der Mitneunziger geblieben. Das „Basic“ von Werner Geier wird immer unvergessen bleiben, das ewige Aufwärmen ist nicht meines, aber gut, die Kids von heute kennen diese Songs und Samples alle gar nicht, für die mag das spannend sein.

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Rechtzeitig zum Jahreswechsel gab auch das Urban Art Forms seine Rückkehr nach Wiesen bekannt. Es wird wieder so wie damals bei Oma, weg vom bösen EDM—ja woher kam denn der überhaupt?—und außerdem: jetzt wird alles extremst leiwand. Nun, Wiesen ja bitte, aber warum ging man denn überhaupt weg? Wieso setzte man auf David Guetta, Steve „Ich hau dir gleich eine Torte in die Fresse“ Aoki und den ganzen Schamott? Warum ging man zum Schwarzlsee, einer Dreckslacke Nähe Graz und ließ sich vom dortigen Pächter ärgern? Welchen Bildungsauftrag hat EDM? Ein bisschen verhält es sich bei EDM wie mit der FPÖ: Keiner mag es, aber trotzdem ist es stark. Ganz ehrlich: 100 mal lieber Helene Fischer als Martin Garrix, Steve Aoki, die Houseirgendwas Mafia oder Jesus Guetta—der ja eh nett ist, sagen die, die in Ibiza mit ihm Backstage Schampus trinken. Ist das die große Läuterung? Ich wage das ein wenig zu bezweifeln, aber ich begrüsse den Schritt zur Rückkehr und wünsche das Beste, vor allem ist es dann ja tatsächlich wieder etwas „urban“. Von urban war am Schotterteich jedenfalls nichts zu sehen, eher erinnerte das Ganze an ein Campinglager der Discolandjugend—und dass die einen Saustall hinterlässt, lag auf der Hand bzw der Wiese.

Die Grelle Forelle stockte ihr Team auf und bekam mit Johannes „Laminat“ Piller einen neuen Booker, der auch gleich viele Interviews geben durfte. Seine Sache macht er in jedem Fall gut, die Location hat immenses Potenzial und die Fokussierung auf etwas härteren Sound finde ich auch durchaus ok, richtig voll ist die Forelle aber auch meistens nur dann wenn richtige „big names“ a la Loco Dice, Dubfire oder nun im Jänner Ricardo Villalobos kommen. Und bei manchen Acts muss selbst ich recherchieren. Ich gebe zu: Viele Namen habe ich noch nie gehört, das ist ein Bildungsauftrag, der ist gut—geht er sich auch wirtschaftlich aus, Chapeau!

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In jedem Fall wird versucht, auch abseits der Partys einiges zu bieten: Eine tolle Terrasse im Sommer, vermehrt Livekonzerte, Diskussionen und Flohmärkte sollen die Leute in die postindustrielle Tristesse der Spittelau locken, da passt der Name „Kernschmelze“ ganz gut: Eine Veranstaltung, die 2x im Jahr gemeinsam mit dem benachbarten Werk abgehalten wird. Das Werk ist ein ein kleiner, wirklich sympathischer, dezent abgeranzter Club, der ein bisschen sehr an Berlin erinnert und der sich ebenfalls grosser Beliebtheit erfreut. Ein nettes Team und nun auch ein zweiter Floor ließen einen kleinen Hype um das Werk enstehen, 20.000-Euro-Bookings sucht man hier zu Recht vergebens. Es geht auch so.

Ja, und dann kam der Oktober und die Kantine—und endlich hatte auch Niederösterreich seinen Club in Wien. Auf der Rampe des alten Zollamtes mieteten zwei nicht unbekannte und nicht unumstrittene Nachteulen eine alte Kantine, und siehe da, auch das Ding lief. Mit Bono Goldbaum holte man einen äußerst ehrgeizigen Booker und ging auf Einkaufstour. Nun, die Location ist wirklich nicht schlecht, die Anlagen sind mächtig (fast zu mächtig), so dass sogar der Boden nicht selten vibriert, die Bookings sind stark und werden noch stärker, das Publikum ist allerdings sehr durchmischt. Ich frage mich manchmal, ob die Ladys aus den Sonnenstudios die Acts jemals schon gehört haben, zu denen sie tanzen, aber auch das ist ok. Elektronische Musik ist eben mittlerweile auch weltberühmt in Wien. Wie lange das Projekt noch laufen wird, ist offen, Gerüchten zufolge sicher noch bis Sommer. Tatsache ist natürlich, dass durch die Kantine der Konkurrenzkampf noch härter geworden ist, die anderen noch mehr stöhnen und die Bookingagenturen sich noch mehr die Hände reiben, da wieder ein Laden gekommen ist, der bereit ist, überhöhte Gagen zu zahlen. Aber gut, für den Konsumenten ist das nun fast schon paradiesisch, soviele Clubs wie in Wien findet man europaweit mittlerweile in nicht vielen Städten—Berlin und London mal ausgenommen.

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Foto: Julian Haas

Und dann gabs ja noch die Posse um das Jessas. Mein Kollege Marco Weise schrieb im Kurier sinngemäss, dass zwei Parteien, die Kommunikaton quasi gelernt haben, offensichtlich mit Anlauf aneinander vorbei geredet haben. Die einen wollten eine Theaterkantine mit ein bisschen Party ohne viel Bahöö, damit die Subventionen ja weiter fließen, die anderen wollten zeigen wo der Hammer hängt. David Kreytenberg entfachte eine Werbekampagne, die wirklich als Schulbeispiel gelten kann, wie ein zu eröffnender Club promotet werden sollte. Doch der eröffnete dann eben nicht, weil die Eigentümer kalte Füße bekamen und kurzerhand die Schlösser tauschten. Ein Krone-Aufmacher, dass ein neuer „Elektroclub“ im ersten Bezirk aufsperrt, war dann wohl zu viel. Nicht die feine englische—aber irgendwie werde ich die Vermutung nicht los, dass hier Dinge, die vorher jedem, der die Situation im ersten Hieb ein bisschen kennt, klar sein mussten, einfach übergangen wurden. Ich glaube, ein Club wie ihn das Jessas machen wollte, hätte dort keine Überlebenschance gehabt, das hätte nie gut gehen können. Es tat weh, ich weiß, aber vielleicht kann man mit der nun erworbenen Bekanntheit woanders besser weiterarbeiten.

Die Auslage legte ebenfalls einen Floor nach, wieder machte Wolfgang Sauter das Soundkonzept, wieder machte er seine Arbeit sehr gut, scheinbar zu gut, denn die mit viel Werbeaufwand gehypte „Sunday Mornings“-Afterhour musste nach der Eröffnung gleich wieder pausieren. Der Tripper des Wiener Nachtlebens—der Nachbar—schlug wieder zu. Mittlerweile sind die Problemchen im Griff, ein bisschen fehlt noch der regelmässige Zustrom, doch das Team um Duke und Aleks ist dermassen motiviert, dass ich dem Ganzen schon gute Chancen gebe, sich 2015 zu etablieren. Es gibt ja genug Fans, vor allem von Crews wie „Superdrive“, „Still Classic“ oder nun neu „Stadtpark“.

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Das SASS baute etwas um, innen wie aussen, die Clubs bekamen neue Namen und auch die Afterhour hieß nun neu „Morgengymnastik“, etwas schwer unterscheidbar sind die Clubabende nun allerdings geworden. Ich will den bösen Namen „Einheitsbrei“ nicht in den Mund nehmen, aber ein bisschen fühlt es sich so an. Die Afterhour ist aber immer noch das Flaggschiff geblieben, und hat sich auch nach dem nicht in trauter Eintracht vollzogenen Split halten können. Alecante war mit einigen Dingen, z.B. dem Publikum nicht mehr ganz glücklich und wollte einen Neustart. Auf den warten wir nun schon ein Zeiterl, ich wünsche ihm, dass es bald klappen möge mit der Genehmigung in der Auslage. Das Publikum bei Afterhours in Wien ist natürlich so eine Sache: Die gorillaähnlichen Fleischberge, die oft in Rudeln einfallen, sind für mich das grösste Paradoxon: Da macht man endlos Sport und schießt sich Sonntagfrüh aus dem Leben—ist das nicht ungesund?

Der Volksgarten ist samstags immer noch ein Renner, vor allem im Sommer, der DJ-Pool ist eingespielt, etwas weniger Tralalala in der Mitte würde mir besser gefallen, dass es anders auch gehen kann, zeigt DJ Nils stets aufs Neue. Aber der Laden brummt, ist ja auch einfach ein schöner Club, die Lifeball-Afterhour ist ein weltweites Highlight und gemeinsame Feste mit der Säulenhalle sind immer ein Renner. Wie schon letztes Jahr würde ich mir wünschen, dass vielleicht das eine oder andre Mal vielleicht auch was Internationales geholt wird, auch wenn—ich weiss, ich weiss—es überhaupt nicht nötig wäre. Es wäre ein Bildunsauftrag der anderen Art.

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Im Sommer gibt es ja auch noch immer das Techno Cafe, das heißt so seit 1995, damals im „Scheffel“ wurde auch noch Techno gespielt, nun ist es der Sommer After Work Nummer eins für jene, die ständig über das junge Publikum lästern. Gepaart mit anzugtragenden Anwälten und Managern auf Aufriss. Auch ok, die Musik ist da völlig nebensächlich und das Phänomen, dass an diesen Abenden 10x soviele Leute gerne Eintritt zahlen um ständig über andere zu stolpern, wie an allen anderen Gratisnächten zusammen, verwundert mich schon seit 20 Jahren.

Was war sonst noch? Die Camera gibt’s immer noch, doch sind ihre stärksten Abende mittlerweile HipHop-Formate, wie etwa der „Mixwoch“. Vielleicht auch gut so. Das FLUC macht nach wie vor straighte Arbeit, ich finde, obwohl vor meiner Haustüre, aber viel zu selten Anlässe um hinzugehen.
Das Celeste und das Brut mauserten sich zu Treffpunkten für die „Ich geh nicht in die grossen Clubs“-Fraktion. Vor allem das Celeste ist für für viele die Rettung vor dem Untergang, ich glaube, das wurde es eher zufällig, denn die Location gibt es ja schon lange. Das Morrison entschwand in die ewigen Jagdgründe, schade, auch am neuen Ort gabs Nachbarn, die etwas dagegen hatten, nachher ist man immer gescheiter. Auch den Laderaum im Badeschiff gibt es nicht mehr, ich mochte den Club, richtig angenommen wurde er leider nie. Das Leopold gibt’s auch noch immer, viel Hip Hop, aber auch das „Bande apart“ läuft, warum ich dort nie heimelig wurde kann ich nicht schlüssig erklären, vielleicht zu viele Hipster. Ich sehne den Tag herbei, an dem der Hipster den Weg des Krachers geht. Die Arena öffnete ihre verkrusteten Strukturen ein wenig für neues, z.B. Techno Sonntag, ich finde es dermaßen jammerschade, dass es dort nicht mehr davon geben kann, stattdessen gibt es seit gefühlten 300 Jahren den Iceberg, dort habe ich schon 1990 mit einer Kremserin geknutscht und zu Major Tom getanzt—ich weiss, rennt gut, aber einer weniger würde die Welt auch nicht untergehen lassen.

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Das Chaya Fuera verschwand ein bisschen aus dem Blickfeld der seriösen Clubmusik. Ich meine, Robin Schulz ist mittlerweile Hitparade, selbst die bestbetuchten halstuchgepeinigten Collegejungs können sich den Herrn nicht mehr leisten, das „Happiness“ versank im Unglück, dafür brannte die Hütte im Oktober ein wenig. Doch vielen Gerüchten zum Trotz hat sie nun wieder offen und ich weiss trotzdem nicht, ob ich dort jemals Stammgast werde. Das WUK—einst Wiens Lieblingsvenue—ist mittlerweile ein Schulbeispiel dafür, wie geförderte Projekte NICHT geführt werden sollen. Irgendwie sollte da mal ein kleiner Hurricane viel frischen Wind reinbringen. Das OBEN sperrte zu—Arroganz und selbsternannte Coolness machen noch keinen erfolgreichen Club, und selbst wenn man sich seines eigenen Erfolges so sicher ist, so hätte man das Rezept auch weitergeben können.

Es gab auch wieder den Tanz durch den Tag, aber mit der seltsamen Bitte um „Crewfunding“..ähem..wie bitte?? So ganz habe ich das nicht geschnallt, Ich finde es aber natürlich schade, dass das Ding so riesig ist, dass offensichtlich alle Behörden Angst haben, eine Genehmigung zu erteilen, Unvergessen bleiben für mich die kreisenden Helikopter letztes Jahr über der Donau. Als Side Project wurde der „Ochsenfrosch“ eröffnet, eine Druffihochburg de luxe noch dazu am Alberner Hafen(!). Man kann sich drei Tage wegschießen ohne Mami zu fragen, seine bleichen Zehen in die Donau tunken, sämtlichen DJs von Wien zuhören, die angeblich alle gratis spielen oder Patrick Testor beim Neuerfinden des Rades zusehen. Nach holprigen Beginn lief das Ding Ende des Sommers dann richtig gut an, viele fühlten sich an den „Kater“ erinnert, das animierte wahrscheinlich.

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Zu den Bundesländern: Graz liegt im Trend, die Postgarage brummt jedes Wochenende, vor allem bei „Plem Plem“. Daniel Morgenstern, ein guter wortgewandter Promoter, nennt das sogar „Die Mutter aller 2.0 Raves“(!). Das tut weh, für solche Slogans sollte er zurück in die DJ-Schule, ansonsten läuft das Ding fast wie von selbst und steht vor einer Rückkehr nach Wien. Die Grazer selbst wünschen sich hingegen einen weiteren Club, nach dem Ende der Niessenberger durchaus berechtigt. Das Springfestival verschwand unter merwürdigsten Umständen blutrot vom Horizont. Warum hat Stefan Auer seine Reputation dermassen verspielt, dermassen ramponiert? Eine Pleite ist keine Schande, aber das Hick Hack, die Drohungen, die falschen Versprechungen rund um die Nachfolge und der am Ende entstandene Trümmerhaufen lassen uns arrogante Hauptstädter fragen, warum in der Steiermark ein einst sehr erfolrgeiches Produkt am Ende noch erfolgreicher den Bach runter ging? Kommt Nachfolge? Ja? Jein? Wann gibt es Antworten?

In Linz gibt es die Tischlerei, die vieles versucht, meist muss das Altbewährte ran, Experimente sind in den Bundesländern schwierig. Ähnlich in Salzburg, wo mit dem Felsenkeller eine neue, spannende Location eröffnete, die groß eingeschlagen hat. Innsbruck hat viele kleine Clubs und Bars, die Stadt lebt von den Studenten—mit all den Vor- und Nachteilen. In Vorarlberg hält sich das Conrad Sohm beständig, viele auch in Wien beheimateten Crews starteten dort ihre DJ-Karriere. Das Opal in Lochau habe ich erst heuer entdeckt, das ULLR in Zürs schon letztes Jahr.

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Unsere Produzenten haben auch heuer viel geleistet. Beständig die Arbeit der Schönbrunner Perlen, ich wünsche es Ken Hayakawa und seinem Team so sehr, dass 2015 ihr Jahr wird. Die letzte Oberst und Buchner EP lässt Hoffnungen keimen und unser aller Lieblingsspruch „Nächstes Jahr ist's so weit“ möge wahr werden. „Space Echo“ feilten ebenfalls an ihrer Karriere, das Label Luv Shack ist im Ausland angesehener als hierzulande, Thumps Up!

Daneben haben noch Joyce Muniz, Matt Mor, Florian Kaltstroem, Emil Berliner, Philipp Lichtblau, Steve Hope, Austrian Apparel und natürlich noch einige andere für viel beachtete und gespielte Produktionen gesorgt und spielen schon sehr oft im Ausland, alles in allem ist aber noch viel Luft nach oben, denn im Ausland sind nach wie vor Kruder und Dorfmeister (haben sich leider noch immer nicht versöhnt), Pulsinger, Dzihan und Kamien oder Tosca die Namen, die man mit Österreichs Clubmusik in Verbindung bringt. Wie es gehen kann zeigt uns ja jedes Jahr Affine aus dem abstrakteren Bereich (Dorian Concept und Co). Die Drum and Bass-Kollegen-Kamo & Krooked sind ja mittlerweile „echte“ Superstars, das wären Klangkarussell auch gerne, doch nach dem 100. Wiederaufkochen der alten Hits und der Verpackung in ein EDM House Album, muss nun 2015 was neues her, sonst wird’s seltsam, aber eigentlich ist es ja egal, sie sind ja ohnehin so teuer, dass sich das bei uns keiner mehr leisten wird wollen.

Getrauert habe ich um Fritz Fitzke, nach langem Leiden ging er im August von uns, er war der beste Visualist des Landes, das Fest für ihn in der Sauna wird mir ewig in Erinnerung bleiben.

2015 steht an. Meine Wünsche ans Christkind:

- Das FLEX möge sich erfangen und wieder ein urban player werden.

- Nicht noch ein Club, bitte nicht noch einer…..

- Fritz „the Nörgler“ Plöckinger möge sich auf sein Kerngeschäft, das Verkaufen von Platten konzentrieren, warum sich alte Weggefährten ständig dissen müssen bleibt mir ein Rätsel. Soviel ich weiß hat der Mann noch nie etwas selbst veranstaltet.

- Endlich ein Festival in Wien, das es wert ist so genannt zu werden, nichts gegen soundframe und Prater Unser, aber es gäbe andere Ressourcen, wenn endlich die Stadt mitspielen würde. Aber 2015 ist Wahl, ist das der Wink mit dem Hochhaus?

- Ein schnelles Wassertaxi zur Forelle, der Zugang is ja kein Zustand.

In diesem Sinne: Frohes Festtanzen und lautes Rutschen!!

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