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Mit We Are Scientists hast du immer gut lachen

Keith Murray und Chris Cain haben in diesem Interview wahrscheinlich mehr gelacht, als sie erzählt haben. Schön, wenn sich mal jemand nicht so wichtig nimmt in diesem bierernsten Musikbusiness.

Alle Fotos: © Daniel Hofer / VICE

Wenn du eine Lieblingsband hast, dann ist es als würdest du mit ihr eine Beziehung führen. Es gibt die Dauerbrenner, also Bands die du schon seit sieben Jahren kennst, so dass du dich langsam an sie gewöhnt hast—aber wenn es darauf ankommen würde, dann würdest du für diese Band alle anderen aus deiner Playlist löschen. Es gibt die saisonalen Liaisons, die meist nur ein halbes Jahr halten, danach aber zu Bruch gehen, da man sich „irgendwie auseinandergelebt” hat. Schlussendlich sind da noch die One-Night-Stands, also Bands die du am nächsten Tag schon wieder vergessen und nur ein einziges Mal als deine Lieblingsband bezeichnet hast, weil du dir oder jemand anderem etwas beweisen wolltest.

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We Are Scientists fallen für mich in die zweite Kategorie. Ich muss in etwa 15 Jahre alt gewesen sein, als sich „Nobody Move, Nobody Get Hurt” in meine Gehörgänge einbrannte und auf jeder Indie-Party mindestens drei Mal laut mitgesungen werden musste. Mit der Zeit hat sich jedoch mein Musikgeschmack gewandelt und die We Are Scientists haben verständlicherweise nicht die Rolle des klettenhaften Ex-Partners gespielt, der dir noch ewig hinterherrennt.

Als ich sie nun zum Interview traf, war es, als hätten wir nur eine Beziehungspause eingelegt. Ich erinnerte mich sofort, weshalb ich sie lieben gelernt hatte—es war dieser Humor mit dem sie allem und jedem begegnen. Während eines Interviews habe ich noch nie eine Band so viel lachen sehen und hören wie We Are Scientists. Das führt sogar so weit, dass ich in meiner handschriftlichen Überlieferung die redaktionelle Anmerkung „[lacht]” weggelassen habe—sie hätte sonst den kompletten Text unleserlich gemacht. Stellt euch also beim Lesen am besten das höchst ansteckenden Lachen von Keith Murray und Chris Cain vor, das sie nach jeder Frage und jeder Antwort wie ein Feuerwerk der guten Laune zünden. Ach ja, und vergesst nicht den Ironie-Modus einzuschalten, denn ernst wird es hier kaum einmal.

Noisey: Als ich gestern das Cover-Artwork für With Love and Squalor nachgeschlagen habe, spuckte mir die Suchmaschine als zwölftes Bildergebnis eine nackte Vagina aus. Wie könnt ihr euch das erklären?
Chris: Das muss eindeutig mit deiner Browser-History zusammenhängen.
Keith: Tja, das ist wohl Googles künstliche Intelligenz, die wussten einfach was du sehen willst.
Chris: Oder es ist das Artwork für die Kindle-Veröffentlichung von J. D Salingers Kurzgeschichte With Love and Squalor. Das würde ich jetzt mal vermuten.

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Chris, ich habe dich mal in einem Interview Deutschsprechen hören. Euer neues Album heißt TV en Français. Woher kommt diese Affinität zu außerenglischen Sprachen?
Chris: Hübsche europäische Ladies sprechen halt europäische Sprachen. Naja, aber auch viel der Literatur mit der wir aufgewachsen sind, waren Übersetzungen und stammen aus dem europäischen Raum. Wenn man älter wird, dann wächst in einem das Interesse diese Bücher auch mal in der Originalsprache zu lesen.

Woher stammt denn überhaupt die Idee, das Album so zu nennen?
Chris: Für uns ist das eine Metapher für die Beziehungen von Menschen untereinander. Darum dreht es sich auch in all den Songtexten des Albums. Diese Beziehungen sind so ähnlich, als würde man Fernsehen in einer Sprache sehen, die man nicht kennt. Aber dennoch versteht man manche Sachen allein durch die visuelle Komponente. Es ist, als würde man mit seiner Freundin streiten—man versteht zwar, was sie sagt, aber man kommuniziert nicht wirklich, man kommt einfach nicht voran.

Als ich eure Single „Dumb Luck” zum ersten Mal hörte, fühlte sich das nicht besonders nach den Scientists an. Das Intro klingt als würdet ihr jetzt Classic Hard Rock machen und ich dachte: jeden Moment kracht ein episch langes Schlagzeugsolo rein. Dann kommt später dieses Gitarrensolo, das in Terzen gespielt wird und dann dieser vertrackte Rhythmus am Ende. Habt ihr da versucht einen We Are Scientists Metal-Song abzuliefern?
Keith: Ich habe schon immer versucht einen Metal-Song zu schreiben. Da wurde auf jeden Fall endlich ein Traum wahr. Mike, ein Kumpel von uns hat einen Podcast, der sich „Worst Gig Ever” nennt, in dem er mit Bands die negativen Aspekte des Tour-Daseins bespricht. Sein Co-Moderator Jeff steht voll auf Punk und Metal. Mike hat uns erzählt, dass Jeff neulich den Song gehört hat und ihn wirklich gut fand, weil er etwas härter ist—es war das erste Mal, dass er uns als We Are Scientists respektiert hat. Jetzt haben wir eine ganz neue Zielgruppe.

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Dann könnt ihr bald auf dem Wacken-Festival spielen.
Keith: So lang wir denen nur diesen Song vorstellen.

Woher stammen denn die Ideen im „Dumb Luck”-Video?
Chris: Wir wollten ein paar analoge Oldschool-Horroreffekte fabrizieren.
Keith: Ich glaube wir versuchen einfach in allen unseren Videos alte Horrorfilme zu reproduzieren.
Chris: Genau.
Keith: Das Ende vom „Nobody Move, Nobody Get Hurt”-Video ist eine Hommage an Texas Chainsaw Massacre. Das Ende von „Nice Guys” ist eine Hommage an Freitag der 13.. Wir haben ein Werwolf-Video. Und das ist nun unser The Evil Dead / Final Destination-Video.
Chris: Wir brauchen übrigens unbedingt noch ein Weltraum-Horrorfilm.
Keith: Oh ja!

Auf eurer Facebook-Seite stellte jemand eine Frage über euer aktuelles Pressefoto: „WHY THE BABY ALLIGATOR?” Ich finde das ist eine sehr legitime Frage, also warum der Baby-Alligator?
Keith: Ehrlich gesagt, wurden wir gezwungen ihn zu halten. Wir waren in den Everglades mit einem Sumpfboot unterwegs, um ein paar Fotos zu schießen. Wenn man dann als Tourist mitten im Sumpf feststeckt, dann wissen die, dass du das machen wirst, was sie dir sagen. Dann haben sie uns gedrängt das Tier auf die Hand zu nehmen. Der Kleine hieß grausamer Weise „Gucci”, was wahrscheinlich auf sein Schicksal als Handtasche hindeuten sollte. Das traurigste an Gucci war aber, dass all seine Lebenskraft schon aus ihm heraus geprügelt worden war. Er hat sich nicht gewehrt. Er hat nicht versucht, uns umzubringen—was doch eigentlich jeder Alligator tun sollte.
Chris: Er war wie ein 12-Jähriger in einem Puff …
Keith: Du meinst, als wenn er da gearbeitet hätte?
Chris: Ja, scheußlich.

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Eure erste Station in Deutschland wird Hamburg sein. Ich hörte, an diesem Ort habt ihr bisher euer schlimmstes Konzert gespielt, weil Keith ziemlich betrunken war. Wollt ihr nun versuchen diesen Bann zu brechen, indem ihr Hamburg gleich als erstes in Angriff nehmt?
Keith: Ehrlich gesagt, hatte ich da eigentlich eine ganz gute Zeit. Nur unser Schlagzeuger fand das nicht so lustig.
Chris: Ja, Adam war wirklich genervt.
Keith: Eigentlich würde ich das gerne noch mal erleben, nur ohne so einen Miesepeter-Drummer.
Chris: Tja, und er wird nicht da sein, also könnte das vielleicht unser bestes Konzert überhaupt werden.

Noisey We Are Scientists Interview Foto Daniel Hofer VICE 2014

Ich habe eine kleine Geschichte, die ich unbedingt loswerden wollte, aber mir ist leider keine zwingende Frage dafür eingefallen. Vielleicht könnt ihr mir ja helfen eine Frage zu stellen.
Chris: Klar!

Als ich 16 war, habe ich in einer Cover-Band in der Schule gespielt und wir haben Songs von The Strokes, Weezer und Arctic Monkeys gecovert. Ich wollte immer „Nobody Move, Nobody Get Hurt” von euch spielen, aber wir waren einfach zu schlecht. Das ist im Prinzip schon die Story.
Keith: Die Frage wäre: Wie fühlt es sich an, wenn man ein besserer Musiker als die Strokes oder Weezer ist?
Chris: Es fühlt sich großartig an, danke! Die Frage hätte aber auch lauten können: Wie zur Hölle spielt ihr diesen Song?
Keith: Ich weiß übrigens aus erster Hand, dass Fabrizio Moretti von den Strokes unseren Schlagzeug-Part nicht spielen kann. Ich habe gesehen, wie er es versucht hat—die Drumsticks sind einfach überall umher geflogen.
Chris: Er war mal unserer Schlagzeuger, aber wir haben ihn gefeuert, als wir an dem Song arbeiteten—weil er nicht das abliefern konnte, was wir brauchten.

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Ihr habt mal auf dem Album Crap Attack das Lied „Sie hat was vermisst” von Bela B. gecovert. Habt ihr nicht Bock mal wieder was deutsches zu covern?
Chris: Das sollten wir auf jeden Fall machen. Was schlägst du vor?

Hmm … Wie wär’s mit Rammstein?
Chris: Au ja.
Keith: Unbedingt!

Das wäre dann schon euer zweiter Song für den Wacken-Auftritt.
Keith: Genau, dann haben wir ja schon fast eine komplette Setlist zusammen.

Ich habe mir gestern alle Episoden von „Steve Wants His Money” angesehen und ich muss sagen, ihr seid wirklich ganz gute Schauspieler. Habt ihr schon mal überlegt nach diesem ganzen Musik-Ding vielleicht in die Filmindustrie einzusteigen?
Keith: Ja, das haben wir!
Chris: Das ist unser Plan für den Ruhestand.

Und ihr macht dann die Indie-Rock-Spinal Tap-Version?
Keith: Ich glaube wir würden lieber in einem Weltraum-Horrorfilm spielen.
Chris: Sagen wir ein Zukunfts-Weltraum-Horror-Spinal Tap-Film.
Keith: Wow.

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