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Fachsimpeln mit Plusmacher über: Anbau und Ernte von Cannabis

Da Plusmacher sein Album ‚Die Ernte‘ genannt hat und früher selbst mal Hanfplantagen-Besitzer werden wollte, ist er der perfekte Kandidat, um all unsere Fragen über den grünen Samt zu beantworten.

Dass nicht nur in Holland und Jamaika gekifft wird, dürfte hinlänglich bekannt sein. Dass auch der Anbau von Cannabis nicht nur dort stattfindet, wohl auch. Davon zeugen zahlreiche Schlagzeilen über aufgespürte Hanfplantagen in Dreizimmerwohnungsgröße in Oberösterreich oder auch die drei kleinen Pflänzchen, die dem Nachbarn mal wieder über den Balkon gewachsen sind. Warum wird also auch hierzulande fleißig Cannabis angebaut? Und was muss man dabei beachten, um etwa die Qualität oder wahlweise den Absatz zu steigern? Welche Rolle spielt die Polizei dabei und wie ist es schließlich um das leidige Thema der Legalisierung bestellt?

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Da Plusmacher sein neuen Album Die Ernte genannt hat, und wir gelesen haben, dass er früher wohl selbst mal Hanfplantagen-Besitzer oder Nachtclub-Besitzer werden wollte, ist er der perfekte Kandidat, um all unsere Fragen zu beantworten.

Wolltest du wirklich immer schon gerne Hanfplantagen-Besitzer oder Nachtclub-Betreiber werden?
Was heißt wollen? Aber ja, früher wollte ich das mal.

Was hat dich damals schon daran gereizt?
Schon mit etwa zwölf Jahren hatte ich die Zeitschrift „Grow“. Die Poster mit den Haschplatten, die da drin waren, habe ich mir in meinem Zimmer aufgehängt. Jungs, die ich von der Straße kannte, haben wenig später männliche Hanfsamen bekommen, die man ganz normal im Shop kaufen konnte. Mich hat das total fasziniert, wie diese Samen aussahen, diese Struktur darauf. Kennst du das, wenn Hanfsamen schwarz strukturiert sind?

Nein, ehrlich gesagt nicht.
Ich weiß auch nicht genau, warum mich das so fasziniert hat. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch nicht mal selber gekifft. Ich wusste jedenfalls, dass da was dran wächst und dass es Geld bringt. Ich weiß noch ganz genau, wie ich das schon damals cool fand. Vom Anbau hatte ich damals natürlich keinen Plan. Ein Freund hatte dann ein Aquarium, in dem er Samen hat keimen lassen. Seine Mom war auch immer down damit. Die war da nicht so. Sie hat, glaube ich, verstanden, dass es nur irgendein Horst vom System da oben ist, der eine illegale Droge daraus gemacht hat. Es ist aber eine natürliche Pflanze. Der eine pflanzt Mais, der andere Hopfen an—und manche wollen eben Gras anpflanzen.

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Wie kommt man denn in Berlin an so richtig edles Gras? Der Westen liegt direkt bei Holland. Im Süden hat man die Schweiz. Was haben die Berliner?
Da gibt es bestimmt Leute, die das Import-Export-mäßig einfahren. Mittlerweile wird bestimmt auch hier in Berlin und Umgebung selber gegrowt. Viele Leute aus Holland kommen nach Deutschland und machen hier ihre Geschäfte, weil es dort schon viel strenger verfolgt wird. Und man muss wohl viel versteuern.

Der Anbau für Holland scheint ja zum Großteil im deutschen Nordrhein-Westfalen zu sein.
Habe ich auch gehört. Die bauen in Deutschland an und bringen es dann rüber, weil der Anbau dort eben viel schwieriger ist. Die Stromzähler sollen zum Beispiel viel neuer sein. Das sind alles elektrische Dinger, die viel krasser verschweißt und verplombt sind als früher.

Wird denn nicht auch viel in Polen angebaut?
Polen, Belgien, Tschechien—da läuft anscheinend ganz viel. Kann ich mir auch gut vorstellen, weil die Szene dafür auch sehr groß ist. Es muss echt ein großer Wirtschaftszweig sein.

Was muss man beim Grasanbau besonders beachten?
Mein Freunde haben immer gesagt, dass es die Erfahrung ist, die zählt. Viele denken, dass man einfach einen großen Raum mit Pflanzen vollpackt und irgendwann tausende Kilos aberntet und übelst viel Schotter macht. Growen ist aber anscheinend Geduldssache. Man muss sich viel Zeit nehmen und darf nicht in erster Linie ans Geld denken. Wie man eine Pflanze richtig growt, muss man sich mühsam erarbeiten, sagen sie. Die Pflanze müsse viel tragen können und dürfe keine Schädlinge oder Keime haben. Nur dann könne es ein geiles Gras werden.

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Und was darf man auf keinen Fall machen?
Es gibt bestimmt viele Fehler, die man machen kann. Das könne schon am Anfang beim Steckling-Keim anfangen. Den müsse man schon richtig in die Wege bringen und rechtzeitig blühen lassen. Meine Kumpels hatten aber glaube ich auch Mentoren zur Seite, also Jungs, die sich schon damit auskannten. Wichtig sei auf jeden Fall Geduld und Liebe—man müsse das schon wollen.

Wie anspruchsvoll ist das Aneignen des biologischen Fachwissens, das man benötigt?
Ach, ich kannte mal so einen Growshop-Typen, der meinte, dass Cannabis eigentlich ein Unkraut ist—es wächst einfach. Und ja, meinem Freund sind auf dem Balkon mal ein paar Samen runtergefallen. Er hatte die auf einem Teller mit Watte zum Keimen gelegt und zu lange liegen lassen. Die Watte ist getrocknet und die Samen sind vom Wind runter in die Ritzen vom Steinboden geweht worden. Monate später hat er dann gesehen, wie das Cannabisblatt aus dem Boden kam. Das war im Winter. Nichts war gegossen worden. Es wächst also eigentlich immer. Man muss dann wohl nur schaun, wie man es pflegt und düngt. Er meint, dass es im Endeffekt auf die Genetik ankommt. Wenn die Genetik scheiße ist und die Sorte auch, dann trage die Pflanze nicht richtig, knalle nicht richtig und schmecke scheiße.

Es entstehen sicher auch viele Abfälle dabei. Was passiert damit?
Da strickt er mir immer Pullover draus—Spaß. Die entsorgen die bestimmt einfach ordnungsgemäß im Bioeimer.

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Ist es aber doch bestimmt sehr zeitintensiv? Braucht man Angestellte, die nur abernten und sonst nichts weiter damit zu tun haben?
Das kommt wohl auf die Anlage an, die man bewirten will. Wenn man 2.000 bis 3.000 Pflanzen hat, schafft man das bestimmt nicht alleine, oder? Das muss ja richtig Arbeit sein. Ich stelle mir das wie mit dem Mucke machen vor. Nach dem Texte schreiben, habe ich die meiste Arbeit schon erledigt, aber trotzdem verdienen dann noch viele Leute mit. Ich will da auch nichts Falsches sagen, aber als Künstler habe ich schon mit die meiste Arbeit. Ähnlich wird das auch beim Anbau und Verkauf von Gras sein.

Im Track „Lachen“ auf deinem neuen Album Die Ernte erzählst du von Schutz und Untergrundherren. Glaubst du, dass man Schutz braucht, wenn man in diesem Geschäft tätig sein will?
Es geht da glaube ich nicht um Machtkämpfe in irgendwelchen Bezirken—ob Rotlicht oder Straße. Als Grower hat man halt bestimmt die meiste Arbeit und das meiste Risiko. Wenn sie dich ficken, dann ficken sie dich richtig. Dafür will man logischerweise auch was kriegen. Mein Kumpel hat auf jeden Fall schon früher Schutz gehabt, aber er hatte nie darum gebeten. Er ist zufälligerweise schon immer mit den richtigen Jungs down gewesen.

Wenn man alleine einfach loslegen will, ist das also nicht so einfach?
Wenn man sich alleine zwischen die Kaputten an eine Ecke am Kottbusser Tor, an der Hasenheide oder im Görlitzer Park stellt, wird man doch bestimmt Probleme kriegen. Man könne sich aber auch mit den richtigen Leuten treffen und denen sagen, was man vorhat und fragen, ob die einem was abnehmen können. Wenn man dann den Stuff auch liefern kann—warum sollten die darauf nicht einsteigen? Ich glaube nicht, dass es dann eine Rolle spielt, wo man herkommt.

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Eine Drogenübergabe ist bestimmt immer eine aufregende Sache. Hast du dabei schon mal von einer lustigen Geschichte gehört?
Ob das lustig ist, weiß ich nicht, aber ein Kollege hatte mal Hashpackets. Von denen waren mehrere offen, so dass die Platten rausfallen konnten. Und bei der Übergabe haben sich alle Platten auf der Straße verstreut. Die haben dann die ganzen Dinger schnell zusammengesammelt und waren weg. Ansonsten keine Ahnung, Digga. Ich kiffe gerade auch. Vielleicht erinnere ich mich gerade an etwas nicht, was ich erlebt habe.

Wie halten die es denn mit der Angst vor der Polizei? Ist das ein Grund dafür, dass sie professioneller arbeiten?
Die haben natürlich keinen Bock gebustet zu werden, aber Angst haben die vor denen nicht. Verschwinden tun sie dadurch natürlich auch nicht. Ich hätte bestimmt auch keine Angst, aber vielleicht Paranoia. Die habe ich bestimmt alleine vom Kiffen schon ein bisschen. Und die meisten, die damit handeln, kiffen bestimmt auch selbst. Aber damit müssen die halt versuchen umzugehen. Das hat man sich ja ausgesucht und wurde nicht dazu gezwungen.

Vielleicht konzentriert sich die Polizei auch mehr auf chemische Drogen.
Keine Ahnung. Sollen sie von mir aus gerne machen. Beim Thema Cannabis könnten die sich echt mal was Neues einfallen lassen. Es ist doch eigentlich schon kriminell, jemanden strafrechtlich zu verfolgen, der sich dazu entschieden hat, Cannabis zu rauchen, anstatt zehn Tassen Kaffee am Tag zu trinken oder drei Schachteln Zigaretten zu rauchen oder sich jeden Abend drei, vier Bier reinzupfeifen. Dass man einen BTM-Stempel oder irgendeinen Eintrag in deren Dreckssystem kriegt, nur weil man einen Joint raucht, ist doch behindert. Aber Bier gibt’s überall. Dieses Späti da steht voll mit Alk. Damit könnte ich mich umbringen. Joints kiffen verträgt jeder anders, aber meiner Meinung nach ist Cannabis tausendmal harmloser als Alkohol—definitiv. Kindern etwas Anderes zu erzählen, ist schlimm.

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Siehst du kein Problem darin, dass viele Menschen im Falle einer Legalisierung ihre Arbeit verlieren würden?
Nein.

Es kann aber doch nicht jeder, der jetzt am Ticken ist, seinen eigenen Coffee Shop aufmachen oder da arbeiten.
Das Straßengeschäft würde aber doch trotzdem weiterleben. Das sieht man in Holland. Da quatschen dich die Marokkaner auf der Straße an. Die ballern dich doch zu mit Stoff. Meine Kumpels sagen immer, dass in Amsterdam der Großteil der Coffee Shops ihr Gras von der Straße bezieht—von Growern oder Dealern, die sich keine offizielle Lizenz zum Anbauen geholt haben. Dafür würden die Shops wesentlich weniger bezahlen und könnten viel mehr Nachschub bekommen. Die kämen sonst gar nicht hinterher. Dass wäre bestimmt auch hier in Deutschland der Fall, wenn man es legalisieren würde. Außerdem seien die Offiziellen oft auch gar nicht auf demselben Stand wie so mancher Untergrund-Grower. Dieses Geschäft würde auf jeden Fall weitergehen. Es würde vielleicht sogar noch viel größer werden, weil mehr Leute zum Kiffen kommen, weil es eben legal ist.

Oder die Leute hören halt auf, weil es nicht mehr verboten ist.
Ach, es saufen doch auch alle.

Aber die Jugend in Holland kifft wohl weniger als die Jugend in Deutschland.
Ja, da könnte stimmen. In Frankreich wird wohl auch tausendmal mehr gekifft als in Amsterdam. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass eine Legalisierung nicht so schlimm wäre. Dann würde ich mir vielleicht eine Lizenz holen und einen Laden aufmachen, aber ohne Legalisierung ist mir das auf jeden Fall zu stressig.

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Der Verkauf wäre vielleicht erlaubt, aber der Anbau wie in Holland vielleicht immer noch verboten.
Vielleicht. In Holland ist das ja schon seit den 60er Jahren so. Es ist echt komisch. Ich glaube, der Anbau an sich ist illegal, wenn du es dir nicht vom Staat kaufst. Meine Kumpels, die auf jeden Fall einen Laden aufmachen würden, haben gesagt, dass man sich ansonsten halt nicht erwischen lassen darf. Sobald die Scheiße hinter der Theke ist und die dann erst ihre Steuern an Vater Staat draufzahlen würden, wäre es wohl wieder okay. Wenn die Kohle kommt, läuft Vieles nun mal anders.

Wird eigentlich schon beim Anbau viel gestreckt oder durch Duftspray verändert?
Das weiß ich gar nicht so genau. Aber klar, manche Ottos benutzen bestimmt so ein Spray—habgierige Wichser. Qualität währt aber doch am längsten.

Ist zusätzliches Duftspray schädlich?
Bestimmt. Mein Freund meinte, dass das Cannabis dadurch verklebt, schwerer wird und Flüssigkeit verliert. Er ein richtiger Gegner davon. Auch von Brix und dem ganzen Müll. Er kifft das Gras ja selber. Das ist nicht gut. Das gab es früher auch nicht, sagt er immer. Man könne außerdem auch so noch genug Schotter machen. Auch wenn aus 600 Gramm 1 Kilo werden können, wenn man Brix drauf macht. Das sind 400 Gramm mehr. Wenn du die für fünf Euro vertickst, sind das zwei Scheine.

Was sind denn Brix?
Das ist Sprühplastik. Das Gras schmecke davon säuerlich, als ob du eine Batterie mit der Zunge berührst. Es stinke auch ganz anders, nicht nach Cannabis. Und er meint, dass sich die Bolle [Anm. d. R.: die Knospe] davon auch verzieht, klein werde und wie Cornflakes aussehe. An der Asche kann man es dann wohl auch erkennen. Die Asche werde wie bei der Kippe eigentlich grau und weich und falle ab. Wenn sie aber hart und schwarz werde, dann sei auf jeden Fall irgendein Scheiß dran.

Ist man denn in Coffee Shops vor solchem Gras sicher?
Das habe ich ihn auch gefragt, aber leider nicht. Es sei mittlerweile sogar so, dass viele kleine holländische Coffee Shops mit gutem Gras von Straßenjungs, die sich selbstständig gemacht haben, pleite gehen würden. Und zwar, weil diese separaten Raucherbereiche eingeführt wurden. Dafür bräuchte man so teure Raucherwände und Klimaanlagen, die sich viele nicht leisten könnten. Und die großen Shops, die schon lange an der Macht sind, könnten sich das leisten und würde sich dann das gestreckte Gras reinholen. Das ist natürlich günstiger und Alternativen gibt es quasi nicht mehr. Außerdem seien die Leute davon abhängig und Touris eh dumm genug. Dass sogar Coffee Shops Scheiße verkaufen, habe ich schon oft gehört. Und die ist teilweise auch noch richtig teuer.

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