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HipHop-Jobs auf Tour, nach Absurdität gereiht

US-HipHopper reisen meist mit einem großen Tross durch Europa. Manche Leute aus der Entourage haben wirklich seltsame Aufgaben.

Foto via Facebook

Ich war in meinem Leben auf einer Menge HipHop-Konzerten—vor und hinter der Bühne. Durch meinen Job und einige persönliche Bekanntschaften habe ich wirklich viele, viele absurde Storys über US-Rapper, die durch Europa touren, gehört und miterlebt. Zum einen über ihr seltsames Verhalten—man darf nicht vergessen, dass das oft echt junge Burschen sind, die unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen sind, plötzlich viel Geld haben und die ganze Zeit Zucker in den Arsch geblasen bekommen. Aber auch seltsame Storys über die Crews und Menschen, die diese Rapper auf Tour begleiten. Ich hab versucht, ein paar dieser Jobs zu beschreiben und nach aufsteigender Absurdität zu ordnen.

Der DJ

Fangen wir eher konventionell an. Jeder Rapper—vorausgesetzt, er tourt nicht mit Live-Band—hat einen DJ dabei, der ihm die Beats liefert. Diese DJs unterscheiden sich natürlich in Punkto Können und Ausrichtung. Beim Golden Age-HipHop sind das oft ältere Dudes, die allen zeigen wollen, wie gut sie scratchen können und technisch versiert sind. Das stimmt meistens auch. Je jünger die DJs sind, desto mehr scheißen sie für gewöhnlich auf Oldschool-Techniken. Gerade heutzutage sind es oft eher nerdige College-Boys, die vor allem wissen, wie man die richtigen Knöpfe drückt. Hashtag SWPL. Die meisten DJs sind eher still, manche haben aber auch ein Mikro und supporten den Rapper mit Durchsagen oder einstudierten Witzen. Da ist dann der Übergang zum Hype-Man (siehe unten) fließend.

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Foto von Philipp Gladsome

Der Tour-Manager

Dieser Job unterscheidet sich im Grunde nicht groß von den Jobs eines Tour-Managers einer Indie- oder Blues-Band. Die Aufgabe des Tour-Managers ist es primär darauf zu schauen, dass man alles bekommt, was ausgemacht war: Gage, Verpflegung, alles Absurde, was auf dem Rider stand, die gigantische LED-Wand. Der Manager muss daneben schauen, dass sein Schützling bei Laune gehalten wird. Weil diese Schützlinge noch jung sind, nicht die besten Manieren haben und es meist gewohnt sind sich wie Stars aufzuführen, ist das oft nicht die einfachste Aufgabe. Es gibt Tourmanager, die zwischen Veranstalter und dem Artist vermitteln, damit beide irgendwie zufrieden sind. Und es gibt Tourmanager, die ziemlich dreist alles vom Veranstalter fordern, was dem Artist in den Kopf kommt. Ich hab nur gerade vergessen, wer von den beiden der gute Tourmanager ist.

Der Hype-Man

Joe Dominguez, Ricardo Tubbs, Milhouse—der Hype-Man reiht sich ein in einer lange Tradition von Männern der zweiten Reihe ein. Er ist der Sidekick, der Supporter, der die Menge bei Laune hält und den Haupt-Rapper unterstützt. Das kann eine durchaus erfüllende Aufgabe sein. Gute Hype-Men kennen ihren Platz, drängen sich nicht in den Vordergrund, wissen was geht und was nicht. Wer damit leben kann, lebt als Hype-Man nicht schlecht.

Der Bodyguard

Viele der großen, bulligen Menschen, die mit US-Rappern auf Tour gehen, sind zu ihrem Schutz abgestellt. Sie stehen unauffällig neben ihnen, sind aber immer bereit auszuteilen. Artists brauchen sie in Europa eigentlich nicht, aber man kann ja bekanntlich nie vorsichtig genug sein. Sie haben im Normalfall keine professionelle Ausbildung, man sollte sich aber trotzdem nicht mit ihnen anlegen, wie auch zahlreiche Videos beweisen. Gelegentlich sind sie sogar bewaffnet. Es kursieren Storys von einem recht bekannten US-Rapper, der beim Frauenfeld Open Air mit einem gigantischen Waffenarsenal anreiste, von dem sich bis heute niemand erklären kann, wie er das durch den Zoll bekommen hat.

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Foto: Stefan Kuback

Der Side-Homie

Jetzt wird es langsam ein bisschen absurder. Der Side-Homie ist eigentlich weniger ein konkreter Job als mehr eine Kategorie, er kann auch gleichzeitig andere Jobs machen. Ein Side-Homie steht ein bisschen abseits auf der Bühne, zum Beispiel neben dem DJ-Pult. Er nickt, wippt mit, macht Handyfotos, reicht dem Rapper gelegentlich ein Wasser oder ein Handtuch und behält das Publikum im Auge. Der Side-Homie ist oft ein Bruder oder Cousin des Artists oder mit ihm aufgewachsen. Irgendwann während des Konzerts wird der Artist auf seine Side-Homies eingehen und sie „My brother“ oder „My N*gga“ nennen. Auch wenn es während des Konzerts meist so aussieht, als hätte der Side-Homie keine Funktion, stimmt das nicht. Mit den Side-Homies zeigt man, dass man einer großen Crew angehört und sich nicht ficken lässt. Außerdem ist dieser Job eben oft eine Belohnung für Menschen, mit denen man viel Zeit verbracht hat. Never forget where you're coming from.

Der Joint-Dreher

Das ist kein Scherz. Ich habe 2x in meinem Leben mitbekommen, dass US-HipHopper jemanden mit auf Tour genommen haben, dessen einzige wirkliche Aufgabe es war, ihnen Joints zu drehen. Der Job war auch schon mal kurz in den Medien, weil Waka Flocka Flame jemanden gesucht hat, der diesen Job für 50.000 Dollar im Jahr für ihn macht. Gemeinsam mit dem Tour-Manager nervt der Joint-Dreher nach dem Ankommen mittags den oder die bedauernswerte Person, die zu ihrer Betreung angestellt sind, und sagen dass sie dringend Drogen brauchen. Wer öfter in dem Bereich veranstaltet, hat da eventuell schon vorgesorgt. Der Rest sollte spätestens jetzt eine Idee haben. Nach dem Soundcheck, vor und nach dem Konzert sitzt die Crew dann oft irgendwo und bufft sich das Hirn weg. Der Joint-Dreher schaut, dass der Nachschub nicht abreißt.

Der Bitches-Selector

Wer dieses Schauspiel zum ersten Mal sieht, wird das sehr, sehr strange finden. Aber nach jedem Konzert von zumindest bekannteren US-Rappern wollen sehr viele junge Mädchen backstage. Bei jemandem wie Kendrick Lamar kann sich da schon mal eine 25 Meter lange Schlange bilden. Aber nicht alle Bitches haben Platz im Backstage-Bereich, und vor allem nicht später im Hotel. Irgendjemand muss also die verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen, da die Spreu vom Weizen zu trennen. Das macht der Bitches-Selector. Das läuft normalerweise folgendermaßen ab: Er tritt vor die Traube von jungen Mädchen und fragt zu allererst mal ob „everybody 18“ ist. Wer da zu jung oder zu blöd ist, muss gehen. Klar, in Österreich oder in Deutschland würde ein Rapper nicht ins Gefängnis kommen, wenn er mit einer 17-jährigen Sex haben würde. Aber wenn man jede Nacht in einem anderen Land spielt, kann man nicht immer auf dem Laufenden sein, was die dortige Gesetzeslage angeht. Deshalb halten sich die meisten an die einfache Regel: Ab 18 ist OK.

Nachdem die wirklich jungen Frauen weggeschickt wurden, beginnt die Selektion. Wenn es eine Schlange gibt, ist das wirklich wie vor einer Clubtür im Film: Der Selector nickt und lässt die Mädchen rein oder schüttelt den Kopf. Wenn es eine Traube gibt, schaut er normalerweise drüber und sagt irgendwann etwas á la „You, You, You, You and You.“ Man hat dann aber auch immer noch die Möglichkeit Nein zu sagen. Zum Glück. Für alle diese jungen Nachwuchs-Groupies öffnet sich dann die Tür zum geheiligten Backstage-Bereich, wo es Alkohol, Drogen und Stars gibt. Das ist nicht immer so spektakulär, wie man sich das vorstellt. Manchmal aber schon. Aber jetzt mal ganz kurz ernsthaft: Passt auf euch auf. Es gibt in dem Zusammenhang genug Storys über K.O.-Tropfen, Gang Rape etc, von denen man sich wünscht, dass es urban legends sind.

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