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Hans Entertainment tritt heute seine Haftstrafe an—das Problem liegt jedoch ganz woanders

Als wir vor einigen Wochen die fragwürdige Vergangenheit von Hans Entertainment beleuchteten, war das Echo riesig. Nur das eigentliche Thema wurde kaum diskutiert. Das holen wir jetzt nach.

Als wir vor einigen Wochen die, gelinde gesagt, fragwürdige Vergangenheit von „Facebook-Star“ Hans Entertainment beleuchteten, war das Echo riesig. Natürlich gab es die üblichen gehässigen bis menschenverachtenden Kommentare der minderjährigen Hobby-Pumper mit neongrüner Sonnenbrille, die sich bevorzugt auf das Gewicht oder das Aussehen des Mannes konzentrierten und ihre nicht minder oberflächlichen Freunde in den Kommentaren verlinkten, gefolgt von einer Flut unlustiger Smileys (ja, mir ist aufgefallen, dass ich dieses Klientel gerade ebenfalls auf ihr Aussehen reduziert habe, danke).

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Ein anderer Teil war empört, ob des angeblichen Mobbings: „Eigentlich schweigt man sowas doch tot“ oder „Lasst den dicken Jungen in Ruhe, der jetzt endlich (…) vom krummen Weg abgekommen ist und einigen Leuten anscheinend irgendwie Spaß bringt, ihr gehässigen, pseudocoolen, miesgelaunten Opfer“ waren da noch die harmloseren Kommentare. Besonders gewitzte Mitmenschen sahen gar „Sozialchauvinismus“ oder forderten „ … ein paar schöne Tagessätze Schmerzensgeld wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts“ für den Autor. Nur das eigentliche Thema wurde kaum diskutiert.

Nämlich, dass der in deutschen Bierzelten äußerst beliebte Entertainer, der inzwischen fast 500.000 Likes auf seiner vor schlechter Musik und bierseliger Dummheit nur so strotzenden Seite angesammelt hat, offenbar eine Vorliebe für faschistische Ideologien zu haben scheint. Und ja, auch der Salafismus des IS trägt natürlich faschistische Züge. Dass der lustige Mallorca-Hans sowohl die eine, wie auch die andere Seite schon verehrt hat, spricht für seinen offenbar tiefsitzenden Menschenhass. Es hat also nichts mit den Fähigkeiten eines Nostradamus gemein, dass wir schon damals ahnten: „Wir werden noch eine Menge von Hans Entertainment mitbekommen—auf welchem Wege auch immer.“

Am meisten Aufsehen erregte in letzter Zeit die Tatsache, dass Hans aktuell eine Haftstrafe bevorsteht. Er muss in den Jugendknast, da er 2014 einem Rentner einen Becher heißen Kaffee übergeschüttet hat. Dieser wiederum hatte sich über zu laute Musik beschwert. Arschloch-Aktion, aber OK. Davon geht die Welt nicht unter. Hans selber scheint sich ebenfalls keine großen Gedanken zu machen. Warum auch? Er wird auf den Gefängnisfluren garantiert für Bombenstimmung sorgen. „Ich freu mich drauf. Das wird eine Auszeit für mich. Da kann ich ein bisschen abspannen“, so sein lapidarer Kommentar. Easy, Bro! Außerdem verkündet er noch, dass er „mit fliegenden Fahnen da reingehen und mit fliegenden Fahnen wieder rauskommen wird.“ Na dann ist ja gut.

Die Tatsache, dass dieser Typ, der Wochenende für Wochenende in deutschen Großraumdiskotheken für Ballermann-Stimmung sorgt, offenbar weiterhin und entgegen seinen eigenen Beteuerungen und den Aussagen seines Managements, sich in keinster Weise von seiner nationalistischen und fremdenfeindlichen Vergangenheit gelöst hat, fällt wiederum kaum ins Gewicht (kleiner Lookism-Scherz am Rande). Wurde damals noch behauptet, die Reichskriegsflagge in seinem Zimmer diene lediglich dem Gedenken an seinen Großvater (hoffentlich hat der ihn nie ermahnt, die Musik leiser zu stellen während Hans einen Kaffee trank) und die Salafisten hätten ihm nunmal eine Frau versprochen, blieb es erstaunlich ruhig, als die Zeitung mit den vier großen Buchstaben vor kurzem ein „geheimes Facebook-Profil“ des Facebook-Kaspers veröffentlichte. Auf diesem privaten Profil wurden in der Vergangenheit eindeutig rechtsextreme Inhalte, rassistische Memes oder gar ein Foto von Adolf Hitler mit dem Spruch „Na, vermisst ihr mich?“ gepostet. Auch die Kommentare und anderweitig geteilten Inhalte ließen keinen Zweifel an der ideologischen Haltung des Verfassers. Dass Hans von diesem Profil aus anscheinend auch massiv Menschen körperlich bedroht hat, die auf seiner offiziellen Seite gegen ihn mobil machten—geschenkt.

Denn auch hier wird es wieder Menschen geben, die sagen: Mein Gott, lasst ihn doch. Das ist halt sein privates Profil, kann dir doch egal sein. Der ist halt nicht ganz sauber. Aber dafür ist er doch saukomisch. Macht mir halt Spaß, mir das anzusehen, da fühl ich mich gleich ein bisschen geiler, hübscher, klüger. Und genau hier liegt der Hund begraben. Problematisch ist nicht primär ein einzelner, übergewichtiger Typ vom Land, der offenbar nicht in der Lage ist, differenziert zu denken. Sondern, dass es inzwischen vollkommen akzeptiert wird, dass Faschismus und Rassismus eben eine „private Meinung“ sind und der hohlbirnige Content Vorrang hat. Hoch die Hände, Wochenende. Armes Deutschland (LOL).

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