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Thump

Gigi D'Agostino war und ist ein geiler Typ wie sonst nur wenige heutzutage

A-A-ben-quare-a-BEN-BEN! Ein Tag mit dem Helden meiner Teenagerzeit.
So sieht er aus, der Held deiner und meiner Jugend: Gigi aus Italien. Foto mit freundlicher Genehmigung von ZYX Music.

Es ist 1999. Nach Michael Jackson, The Offspring, Eagle Eye Cherry und Limp Bizkit kaufte ich meine erste CD aus dem Bereich der Dance-Musik. Gigi D'Agostinos "The Riddle". Mit diesem Video, in dem zwei grün-weiße Strichmännchen aufeinander zureiten. Immer wenn ich MTV oder Viva angesehen habe, hoffte ich auf dieses simple und dennoch faszinierenden Video mit dieser umwerfenden Stelle, an der das zweidimensionale Bild plötzlich 3-D wird. "The Riddle" war nicht weniger als der kopfnickende Soundtrack meiner Teenagerzeit. Und deiner war es wahrscheinlich auch.

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Mein Redaktionskollege kann das jedenfalls bestätigen. Neulich sind er und ich auch irgendwie auf Gigi D'Agostino gekommen. Also höre ich mir "The Riddle" einfach wieder mal an. Ah. Läuft immer noch bei mir, guilty pleasure my ass. Dank YouTube-Autoplay laufen jetzt allerdings weitere Tracks von Gigi. "Bla Bla Bla" find ich ja immer noch nervig, auch wenn mein Sitznachbar bei Noisey irgendwas von Dadaismus redet. Immer wenn sinnlose Vocals auftauchen, reden die Leute von Dadaismus. Egal, ich höre weiter. "Another Way"… hatte ich schon ganz vergessen, auch eine schöne Nummer. Ich fühle mich wieder wie 15. Wobei ich das eigentlich nicht mehr möchte. Also doch schnell weiter skippen in der Gigi-Playlist. Da gibt es auch mir unbekannte Nummern. Ruhig und melancholisch. Um mich wieder hochzupushen höre ich noch mal "The Riddle" und frage mich, was aus Gigi geworden ist.

Wie ist es ihm ergangen, seit wir uns aus den Augen verloren haben?

Wikipedia will mir weiß machen, dass Gigi nächstes Jahr 50 Jahre alt wird. Lügenpedia!, denke ich spontan. Dann frage ich mich aber, für wie alt ich Gigi damals gehalten habe, back in 2000. Ich vergleiche die Bilder. Er sieht noch so aus wie damals eigentlich. Was das heißt? Gigi ist unsterblich. Und das heißt: Er lebt. Seine letzten Chart-Erfolge sind allerdings schon etwas her.

Doch der Reihe nach. Ich mache noch mal, also zum dritten Mal, "The Riddle" an, mein Energielevel steigt ins Unermessliche. Was hat Gigi vor diesem Track gemacht? "Bla Bla Bla". Ja, ok, vielen Dank für den Hinweis. Aber wie hat alles angefangen?

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Am 17. Dezember 1967 wurde Luigino Celestino Di Agostino in Turin geboren. Er wuchs allerdings in Brescia auf. Der Traum des kleinen Wonneproppen war es, eines Tages ein Star der Disco-Welt zu werden. Bevor er DJ wurde, arbeitete Gigi jedoch erstmal als Steinmetz und Schlosser, sagt die englische Wikipedia-Seite. Die deutsche schreibt von einem Maurer-Beruf. Ich entscheide mich für mein Bild von Gigi für die Synthese: Steinmetz und Maurer.

Um sich selbst die Chance zu seinem DJ-Debüt zu verschaffen, organisiert Luiginio eigene Partys. Im Turiner Club Woodstock begann seine Karriere. Im Ultimo Impero, ebenfalls in Turin, war er Resident-DJ von 1993-1998. Weil er viele Tracks langsamer abspielte als im Original, wurde sein Stil als Lento Violento, langsam und gewaltig, bezeichnet. Und hier entdecke ich wieder eine Gemeinsamkeit zu Gigi. Die meisten Tracks werden runtergepitcht besser, die Musikalität entfaltet sich mehr. David August hat früher in seinen DJ-Sets "What I Might Do" von Ben Pearce auf 115 BPM abgespielt, statt auf den 122, die das Original hat. Dadurch vermittelte der Track eine ganz andere Atmosphäre.

Ich informiere mich weiter und höre "Cerimonia", einen Track aus seiner B-Seiten-Sammlung von 1995-2015. Viel gibt es nicht zu lesen über Gigi D'Ag, wie er sich auch verkürzt nannte. In den 90er Jahren fing er schließlich mit dem Produzieren an. Sein erster Release war das Noise Makers Theme, das zugleich auch die erste Platte seines gleichnamigen Labels war. Sein erstes selbstbetiteltes Album erschien Mitte der 90er Jahre und verkaufte sich 60.000 mal in Italien. Seinen erste erste Nummer eins in der Heimat erreichte er mit "Fly", das auch später auf L'Amour Toujours enthalten war. Mit Letzterem gelang ihm bekanntlich der Durchbruch – bis hinein in dein und mein Kinderzimmer.

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Allerdings konnte Gigi nie auf eine große Welttournee gehen, denn er hatte Flugangst. 2004 kam dann der Nachfolger L'Amour Toujours II heraus, dessen Auskoppelungen aber nicht mehr an den Erfolg der vorherigen Kracher heranreichten. Sein letzter Release war die Single "Stay With Me" von 2011. Zuletzt hatte er auch noch Management-Probleme. Dafür halten ihn die Leute heute aber auch für den Vorreiter des Progressive House.

Am erfolgreichsten waren die Tracks, die Gigi gecovert hatte. Wie Nik Kershaws "The Riddle". Dabei fällt mir ein, dass ich den Track noch mal anspielen könnte. Während ich also zum vierten Mal vor mich hinwippe, wundere ich mich, ob es Gigi ähnlich ging wie James Blake. Man wird auf Cover-Versionen reduziert und keiner interessiert sich für die Originale, die man geschrieben hat.

Gigi wirkt bei wie ein lustiger Typ – denk mal nur an seine Outfits – , aber viele seiner Tracks haben eigentlich eine offensichtlich melancholische Note. Ich würde gerne wissen, wie es ihm geht, wie er seinen Erfolg sieht. Auf seiner Homepage ist eine Handynummer angegeben. Also schreibe ich Gigi eine SMS. Es wäre unhöflich, ihm sofort eine persönliche Frage zu seinen inneren Gedanken zu stellen. Daher stelle ich zwei andere wichtige Fragen:

Mittlerweile habe ich die Playlist durch. Noch mal "The Riddle"? Na klar. Ab geht die Post! Während ich mir das Zeichentrickmännchen ansehe, lass ich das bisherige Leben von Gigi noch mal Revue passieren.

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Welchen Einfluss hatte er? Haben Solarbänke von ihm profitiert? Sind Menschen seinetwegen an Hautkrebs erkrankt? War die Dance-Musik in den 90ern besser? Waren Sachen früher vielleicht besser? Kling ich wie ein alter Mann?

Während ich mich mit diesen Frage beschäftige, fällt mir ein: "The Riddle" war nicht meine erste Dance-CD, sondern Dario G mit diesem WM-Song. Und der ist wirklich schlecht. Und früher war vieles schlechter. Außer Gigi. Der ist 1 geiler Typ, dessen Songs man sich gut zum aufräumen gönnen kann. Darauf noch eine Runde "The Riddle".

Und Gigi, du hast mir zwar noch nicht geantwortet, aber, mein Lieber: Keep on playin', auch wenn es mal nicht so läuft!

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