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Filme über Punk: die Guten, die Schlechten und der Andere

Warum scheint es beinahe unmöglich zu sein, Punk in Filmen richtig darzustellen? Wir geben einen Überblick zu gelungenen und nicht gelungenen Streifen.
Screenshoot via YouTube.com

Warum scheint es beinahe unmöglich zu sein, Punk in Filmen richtig darzustellen? Das ist nicht nur eine Hollywood-Sache, obwohl es in Hollywood-Filmen definitiv noch schlimmer ist als in Independent-Produktionen. Trotzdem, selbst Independent-Filme schaffen es scheinbar nicht, Punk nicht bloß als lächerlich darzustellen. Ich habe mich der schlimmen Erfahrung ausgesetzt, CBGB zu schauen, ein Film, der die ersten paar Jahre des Clubs dokumentiert (ich verwende diesen Begriff in der losesten Weise, die du dir vorstellen kannst) und ein paar der legendären Bands, die in diesen vier Wänden entdeckt wurden. Der Film dient als Lehrbuch jedes Fehlers, den man machen kann, wenn man versucht einen Film über Punkrock zu machen. Als ich den Film gesehen habe, hat mich das über das gesamte Subgenre des Punk-Films nachdenken lassen, das einige Klassiker des Kult-Kinos hervorgebracht hat, aber auch einige der sinnlosesten Klischees, die jemals auf Film gebannt wurden, zutage gefördert hat. Hier ist also meine kurze Liste der besten und schlechtesten Punk-Filme (ich habe absichtlich keine Dokumentationen berücksichtigt, das sollte ein eigener Artikel sein).

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Die Schlechten

CBGB

Obwohl ich hoffe, dass CBGB die Erfindung eines ahnungslosen Studio-Chefs war, bin ich mir ziemlich sicher, dass es wahrscheinlich eine Herzensangelegenheit von Randy Miller war. Wenn du mit Miller vertraut bist – und das bist du wahrscheinlich nicht: Er ist der Mann der dir Klassiker wie The Sixth Man und Houseguest mit Sindbad beschert hat; warum sollte er also nicht derjenige sein, der einen Film über Punk macht, richtig?! Was genau an dem Film so schlecht ist? Ganz einfach. Ihm fehlen eine zusammenhängende Handlung und glaubwürdige wie enthusiastische Schauspieler, er wird lose von einem willkürlichen Comicbuch-Thema zusammengehalten und das Drehbuch ist unerträglich. Darin fallen Sätze wie "Ich wette, die stinken", "Hey Mann, willst du das nicht ein bisschen aufdrehen" [ohne jegliche Überzeugung gesagt] und mein persönlicher Favorit: "Aus welchem Teil von Cleveland kommt ihr? Cleveland in Deutschland" [Frage an die Dead Boys, nachdem sie von der Existenz von Bageln verblüfft waren].

Es ist großartig, dass alle Schauspieler es geschafft haben, ihren Text zu sprechen ohne zu lachen. Erlesene Momente, die der Film bietet, sind:

- Eine tolle Szene, in der der Soundmann ‚Taxi" (um nicht in Hundescheiße zu treten und sich von Fliegen in die Knöchel stechen zu lassen) ein Paar Kampfstiefel kauft (eine Tat, die der Film als eine Art Erleuchtung darstellt).
- Die Ramones, die "I Wanna Live" spielen (einen Song, den sie 1987 veröffentlicht haben), während sie im CBGB vorspielen (was ungefähr 1974 gewesen sein muss)
- Unzählige Einstellungen, in denen man Aufkleber aktueller Bands sieht (was einfach zu vermeiden gewesen wäre).
- Und ein paar der schlechtesten Pantomime-Darstellungen vom Instrumente spielen, die du jemals sehen wirst (mein Favorit ist Evan Alex Cole in der Rolle Richard Hells und seine ausdrucksstarken Bass-Darbietungen).

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Man muss dazu sagen, dass der Film mit Lizensierungsproblemen zu kämpfen hatte und die Ramones deshalb keine Songs spielen konnten, die historisch korrekt wären. Während das zwar einiges erklärt, rechtfertigt es diese Entscheidung jedoch nicht. Um fair zu sein: Es gibt auch ein paar Dinge, die gut gemacht wurden. Alan Rickman schafft es, aus einem miesen Drehbuch und einem Regisseur, der den Schauspielern anscheinend gar keine Anweisungen gibt, noch das Beste zu machen. Der Film hinterlässt ambivalente Gefühle bei mir. Soll ich ihn weiterempfehlen und damit die unendliche Schande, die der Regisseur einstecken muss, vergrößern? Oder soll ich die Leute einfach nur warnen, davon bloß die Finger zu lassen? Ich neige zu Letzterem!

Sid and Nancy

Sid and Nancy von Alex Cox ist auffallend anders als sein Meisterwerk Repo Man. Wenn man es herunterbricht, ist Sid and Nancy im Prinzip eine 112-minütige Darstellung des heroinbedingten Verfalls der beiden Hauptfiguren. Der Film ist auf gleich mehrere Arten schmerzhaft. Die Schilderung des Drogenmissbrauchs wird sowohl zur Quelle von Begeisterung als auch von Ekel. Die Befürworter sehen in dem Film eine tragische Geschichte von zwei Liebenden, die gegen eine furchtbare Abhängigkeit kämpfen; die Kritiker sehen darin nur eine Glorifizierung von Heroin, schlecht getarnt als Punk-Biopic. Anders als bei einigen anderen dieser Filme, lohnt es sich bei Sid and Nancy wirklich, ihn zu sehen – und tatsächlich finden die meisten Leute, die ich kenne, daran etwas. Ich muss zugeben, dass Gary Oldman in seiner Rolle wie immer großartig ist. Er driftet – wie üblich – komplett in seine Rolle ab, trotz des eher eindimensionalen Drehbuchs. Unglücklicherweise schafft es dieses Abdriften nicht, dass er an seine geniale und unfreiwillig komische Darbietung aus Tiptoes herankommt und hinterlässt eine gut gespielte, aber trotzdem leere Figur. Chloe Webbs Darstellung von Nancy ist auf alle Fälle exzellent – wenn es nur darum geht, dass sie eine der unangenehmsten Darstellungen abliefert, die ich je gesehen habe. Der einzige Wert der Figur ist ihre Glaubwürdigkeit, die allerdings von dem wohl unerträglichsten Charakter in der Geschichte des Films übertroffen wird. Um ehrlich zu sein habe ich es noch nie geschafft, mir den ganzen Film mehr als einmal am Stück anzusehen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Film in Schleife die wirksamste Variante von Folter sein würde. Allein die Stimme von Nancy reicht aus, eine Person in den Wahnsinn zu treiben. Obwohl ich den Film nicht mag, ist meine Abneigung kein Resultat der Geschichte oder der angeblichen Glorifizierung von Drogen. Meine Abscheu beruht ausschließlich auf meiner Abneigung gegenüber Nancy; Chloe Webbs Darstellung wird mich immerzu verfolgen.

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SLC Punk

SLC Punk ist ein Film, der es geschafft hat, die Herzen vieler Punker zu erobern – obwohl er überhaupt nichts über Punk weiß. Ich muss ihm lassen, dass es tatsächlich einige witzige Stellen darin gibt. Und zwar nicht, weil man sich darüber lustig machen kann. Mein Hauptproblem mit dem Film ist, dass er vorgibt zu wissen, was die Zutaten für Punk sind – gleichzeitig aber der Vorstellung anhaftet, dass es am punkigsten ist, einen Job in einer Firma anzunehmen, mit der vagen Vorstellung, diese von innen zu zerstören. Das einzige was dieser Film erreicht hat ist, dass es überall "Büro-Punks" gibt, die denken, dass sie "das Ganze von innen auseinander nehmen". Sieh es ein, du machst einen Scheißdreck und ich mache SLC Punk dafür verantwortlich, dass du denkst, es wäre so.

Unlobende Erwähnungen: Pot Zombies, Wassup Rockers und SubUrbia (nicht zu verwechseln mit Suburbia; SubUrbia ist das miese, eintönige Werk von Richard Linklater und Giovanni Ribisi).

DIE GUTEN

Repo Man

"Ordinary fucking people." Wenn du diese Zeile erkennst, weißt du genau, warum ganz oben auf meiner Liste ein Film steht, den ich für den besten Punk-Film aller Zeiten halte: der Kult-Klassiker Repo Man von Alex Cox aus dem Jahr 1984. Ich weiß nicht wie dieser Film entstanden ist, aber dank eines kleinen Wunders oder einer Erbschaft zum richtigen Zeitpunkt, ist er es. Repo Man ist zum Teil Science Fiction, zum Teil Thriller, zum Teil Comedy und zum Teil absoluter Wahnsinn. Es ist ein fast perfekter Film – der es sogar in die prestigeträchtige Criterion Collection geschafft hat. Der Film erreichte seine Größe durch die Manipulation verschiedener Genrekonventionen und seine eigene Form von Humor, die den ganzen Film über anhält. Den Film auf ein einzelnes ideologisches Statement zu beschränken wäre beinahe unmöglich. Der Grund, warum der Film in der Punk-Community solche Wellen geschlagen hat liegt an seinem Verständnis für alles Gewöhnliche. Gewöhnliche Leute, gewöhnliche Jobs und sogar die gewöhnliche Art, Filme zu machen, werden durch die Vision von Cox und den Figuren, die er erschaffen hat, kritisiert. Wie wir alle wissen ist "das Leben von Repo Man immer intensiv." Und auch wenn man sonst nichts daran findet: Wer könnte einen Film nicht lieben, in dem der großartige Harry Dean Stanton"Gypsy dildo punks!" schreit?!

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Suburbia

Knapp dahinter folgt in meiner Liste Suburbia von Penelope Spheeris. Sie hat, kurz nachdem sie mit ihrer Punk-Doku The Decline of Western Civilization auf sich Aufmerksam gemacht hat und lange bevor sie mit Wayne’s World kommerziell erfolgreich wurde, mit Suburbia fast alles richtig gemacht. In Suburbia findet man einige wirklich geschmacklose Dialoge ("Where’s the war?" – "Up your ass."), Auftritte von DI, TSOL und den Vandals und eine Besetzung, die fast ausschließlich aus echten Punks besteht. Und ja, bevor du dir den Kopf drüber zerbrichst: Flea hat in dem Film mitgespielt. Der Streifen wurde im selben Jahr gedreht, in dem sich die Red Hot Chili Peppers gründeten – also war er zu der Zeit der breiten Öffentlichkeit genauso unbekannt wie der Rest der Darsteller. Suburbia unterscheidet sich im Ansatz und im Ton stark von Repo Man. Während Repo Man nichts anderes versucht als pure Absurdität darzustellen, versucht Suburbia sich ernsthaft an einer Hollywood-Erzählweise. Was den Film so unterhaltsam macht, ist die Art, mit der er daran scheitert. Es kann sein, dass das Versagen des Films an der Normalität das ist, was ihm so ein authentisches Punk-Gefühl verleiht. Der Film hat wirklich Herz. Er mag vielleicht kitschig sein und manchmal sogar übertrieben sentimental, aber er macht einfach Spaß; ein Muss für jeden, der seine frühen Jahre damit verbracht hat, auf Punk-Shows zu gehen.

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Rock ’n’ Roll High School

Natürlich kann man nicht über Punk-Filme reden ohne Rock ‘n‘ Roll High School zu erwähnen. Der Film, der von B-Movie Legende Roger Corman produziert wurde, repräsentiert alles, was an 80er-Jahre-Kino bemerkenswert ist. Sicher, die 80er markieren den Beginn einer der bemerkenswertesten Epochen des Independent-Kinos (Spike Lee, die Coen Brüder usw.), aber sie haben auch den Retro-Trash, den wir alle lieben, hervorgebracht: Rock ‘n’ Roll High School, Killer Klowns from Outer Space und The Toxic Avenger sowie unzählige andere. In vielerlei Hinsicht ist dieser Film schlecht. Aber er ist die Art von schlechtem Film, die wir alle lieben; ein Film, der seinen eigenen ansprechenden Kitschfaktor feiert. Eine Mischung aus einem 60er-Jahre-Teenie-Film, Musicals und einer absurden Komödie – somit ein Traum für jeden Ramones-Fan. Während Sid and Nancy daran scheitert, die Realität des Lebens eines Punkers zu vermenschlichen, ist Rock ‘n‘ Roll High School erfolgreich darin, die Realität zu missachten. Übrig bleibt pure Unterhaltung mit lebensgroßen Ratten, einem tollen Soundtrack mit vielen Ramones-Tracks und das Beste von allem ist, dass die Ramones wirklich witzige, selbstironische Karikaturen als Pizza fressende Rocker abliefern.

Desperate Living aka Punk Story

Ich gebe zu, dass Desperate Living technisch gesehen kein wirklicher Punk-Film ist, da seine Geschichte sich nicht um Punk-Charaktere oder -Kultur dreht. Ich habe mich entschlossen, ihn trotzdem aufzuführen, da John Waters auch der König des Punk-Kinos sein könnte. Obwohl seine Filme nicht unbedingt von Punkrock handeln, gibt es etwas an ihm und seinen Filmen, das unbestritten Punk ist. Seine komplette Ablehnung einer gewöhnlichen Lebensweise und seine Bewunderung für merkwürdige Typen und das Unerwünschte erschaffen aus etwas, was sonst nur als reine Erniedrigung und Verdorbenheit beschrieben wird, eine wundervolle Brillanz. Desperate Living ist nicht mein Lieblingsfilm von John Waters, aber es ist der, der mich am längsten begleitet. Er bleibt einer der verstörendsten und unbequemsten Filme, die ich je gesehen habe, aber ich habe jede Minute dieser Sauerei geliebt.

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Lobende Erwähnungen: Return of the Living Dead, Class of Nuke ’Em High und Thrashin’

DER ANDERE

What We Do is Secret

Zu guter Letzt gibt es noch What We Do is Secret. Ich ringe mit mir, ob ich ihn auf die Liste der Guten oder der Schlechten setzen soll. Ehrlich gesagt ist das kein wirklich schlechter Film. The Germs waren vielleicht eine der ersten Punkbands, von denen ich besessen war: ich habe meine Lexicon Devil-Platte stolz durch die Gänge der Mittelstufe getragen, als wäre es so etwas wie Krieg und Frieden oder irgendein anderes literarisches Meisterwerk, das andere beeindruckt. Du nimmst vielleicht an, dass ich vorbestimmt wäre, einen Film zu hassen, der sich aus etwas, das mir viel bedeutet, Kapital zu schlagen versucht – aber das kann ich nicht behaupten. Der Film hat seine Probleme: das eklatanteste ist die Erzählstimme. Es gibt gravierende narrative Richtungsänderungen in dem Film; der Schwenk vom pseudo-dokumentarischen zur klassischen Erzählung nach einem Viertel des Films und das Einbeziehen von erzählenden Figuren (Claude Bessy und Rodney on the Roq), die nur dabei zu sein scheinen, um die Geschichte voranzubringen, machen das Ganze verwirrend. Des Weiteren haben einige Leute sich an der historischen Genauigkeit des Films gestört. Während viele der Schlüsselereignisse richtig dargestellt werden, erlaubt der Film sich an anderen Stellen merkwürdige Freiheiten.

Für mich überwiegen die Dinge, die der Film richtig macht gegenüber den Ungenauigkeiten bei historischen Begebenheiten (zum Beispiel das Jahr, in dem Don Bolles zur Band stieß und die Randale im The Whiskey). Noch wichtiger ist, dass der Film die feindselige Meinung gegenüber Homosexualität in der Punkszene von L.A. in den späten 70ern bzw. frühen 80ern recht gut darstellt und weder die Geschichte umschreibt, indem er Darby outet – noch die Homophobie exzessiv ausschlachtet. Es existiert einfach als Tatsache dieser Szene, die Interpretation ist dem Zuschauer überlassen. Man muss außerdem feststellen, dass, egal ob man ihn liebt oder hasst, Shane West eine außergewöhnliche Leistung abliefert und die eher durchschnittlichen Darbietungen der anderen mitreißt. Was für mich am beeindruckendsten an dem Film ist, ist die Art, mit der die Live-Musik präsentiert wird. Anders als die meisten Biopics (Siehe CBGB), bei denen Playback-Darstellungen über Studioaufnahmen gelegt werden, wurden für diesen Film alle Live-Auftritte neu aufgenommen, um dadurch ein Live-Gefühl zu erzeugen. Diese Technik trägt wirklich zur Glaubwürdigkeit des Films bei. What We Do is Secret ist weit davon entfernt, ein perfekter Film zu sein – und ich bin nicht einmal sicher, ob ich ihn für einen guten Film halte. Aber es gibt darin Aspekte, die auf jeden Fall deine Zeit wert sind. Sieh ihn dir unvoreingenommen an und du kannst vielleicht etwas daraus ziehen.

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