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Fallt bloß nicht auf Mumford & Sons rein

Mumford & Sons ist nicht witzig, selbstironisch und mutig. Mumford & Sons ist so langweilig und durchschnittlich, es ist beleidigend. Also lasst euch nicht durch einen Trick dazu bringen, sie zu mögen.

Der größte Trick des Teufels ist, die Welt glauben zu machen, dass es ihn nicht gibt.
—Charles Baudelaire

Am Wochenende veröffentlichten Mumford & Sons ihr neues Musikvideo zu dem Song „Hopeless Wanderer“ von ihrem zweiten Album Babel. Im besagten Video verkleiden sich vier Comedians—Jason Sudeikis, Ed Helms, Jason Bateman und Will Forte—als schmutzige Landstreicher in abgetragenen Anzügen mit Hosenträgern, Westen und Schlips, voll ausgestattet mit Banjos, akustischen Gitarren und umgeschnallten Pauken und, anders kann ich es nicht beschreiben, rocken sich die Seele aus dem Leib. An einer Stelle spielt Bateman das Banjo wie ein saitenzupfender Teufel und zerschmettert das Ding, als wäre er Teil von Spinal Tap. Sudeikis durchlebt einen mentalen Zusammenbruch und fällt auf seine Knie, während er mit einer umgeschnallten Pauke auf dem Rücken ein Gitarrensolo imitiert. Alle vier sitzen in einem Boot mitten auf einem See und spielen dort ihre Instrumente. Forte beginnt zu weinen (und Bateman leckt seine Tränen weg). Dann machen Forte und Sudeikis rum.

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Das Video selbst ist natürlich sehr witzig. Und warum sollte es das nicht sein? Diese vier Jungs gehören zu den witzigsten lebenden Comedians und sie sich bei einer solchen völlig übertriebenen Folkrock-Parodie anzusehen, kann nur saulustig sein. Will Fortes Bart ist gerade falsch genug. Helms Tränen sind gerade echt genug. Das Licht ist gerade romantisch genug. Dieses Video zeigt ein selbstgewisses und -ironisches Porträt von Mumford & Sons und es zeigt, dass diese Jungs es merken. Sie wissen, dass Marcus Mumford aussieht wie ein Schalterbeamter im Computerspielklassiker The Oregon Trail und dass die Banjos von Natur aus genauso albern sind wie die Anzugwesten „schrullig“—was in diesem Fall so viel bedeutet wie „dumm“. Ihr Mitgröl-Trampel-Folk-Style ist inzwischen so gewöhnlich, dass es nur noch ein Klischee seiner selbst ist. Und sie raffen es! Gerafft? Raffen wir, dass sie es gerafft haben?

Die Antwort ist, ja, wir raffen es. Jeder rafft es. Und die Tatsache, dass wir es raffen, ist der Grund dafür, dass dies das schlimmste Video der Musikgeschichte ist und ein weiteres Beispiel dafür, warum Mumford & Sons eine schreckliche, schreckliche, schreckliche Band ist.

Mal abgesehen von diesem dummen Musikvideo ist die Musik, die Mumford & Sons machen, wirklich schlecht. Sie ist übertrieben ernst gemeinter Folkrock. Sie ist ernsthafter als ein Erstsemester an der Uni, der gerade Walt Whitmans Leaves of Grass entdeckt hat und es in jedem zweiten Satz zitiert. Sie ist anmaßender als ein „live, laugh, love“-Tattoo auf deinem Bein. Sie ist kostbarer als ein protestantischer Vikar in einer Cordjacke mit Flicken auf den Ellenbogen und einem Filzhut. Sie ist so berechnend, dass absolut nichts Unerwartetes, Natürliches oder gar Progressives geschieht. Der Sound von Mumford & Sons ist so langweilig und durchschnittlich, es ist beleidigend.

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Das Schlimmste ist, dass Folk eine unglaubliche reiche und lange Tradition des Storytellings in musikalischer Form hat. Und das ist etwas, das Mumford & Sons—eine der bekanntesten Bands der Welt—nicht kann. Nichts an ihren Songtexten bringt mich zum Zusammenzucken oder Loslachen. Wenn wir schon darüber sprechen, lasst uns die Lyrics von „Hopeless Wanderer“ ansehen:

So when your hope's on fire
But you know your desire
Don't hold a glass over the flame
Don't let your heart grow cold
I will call you by name
I will share your road

But hold me fast, hold me fast '
'Cause I'm a hopeless wanderer
And hold me fast, hold me fast

Seht ihr wie Marcus fire und desire aufeinander reimt? Seht ihr wie er nicht will, dass euer heart auskühlt? Habt ihr gesehen, dass er euch mit eurem Namen ansprechen wird? Habt ihr gesehen, dass er die Road mit euch teilen wird? But hold on to him! Bitte! Er ist ein hopeless wanderer!

Ganz ehrlich, ich weiß, sich über Mumford & Sons lustig zu machen, ist ziemlich billig, so billig, dass es—wie ich schon geschrieben habe—ebenfalls ein Klischee seiner selbst geworden ist. Deshalb will ein Teil von mir der Band Anerkennung dafür zollen, dass sie selbstironisch genug ist, eine Gruppe von witzigen Comedians zeigen zu lassen, dass die Band den Witz selbst versteht, ihn sogar befeuert und dass sie versteht, warum viele abscheulich finden, was sie tut. Aber nachdem ich etwa eine Minute darüber nachgedacht habe, habe ich realisiert, dass das absoluter Bullshit ist. Ich bin jemand, der mit der Liebe zum Folk aufgewachsen ist. Ich würde jederzeit darüber einen Streit beginnen, ob Bob Dylan der größte Songwriter aller Zeiten ist und ob Self-Portrait sein bestes Album und unfassbar unterbewertet ist. Ich würde mich darüber streiten, dass Folk einen Teil in uns anspricht, den wir alle anerkennen und mit dem wir umgehen müssen, um mehr über uns selbst zu erfahren, darüber, warum wir so denken wie wir denken und was all das hier zu bedeuten hat. Wollen wir also wirklich einer Band erlauben, dieses Genre zu verfälschen und beschissene Musik zu machen und verdammt viel Geld damit zu verdienen, dieses Genre zu zerstören und beschissene Musik am Fließband zu machen, nur weil sie Selbstironie zeigt? Nein. Dies ist etwas, das wir ihr nicht durchgehen lassen sollten.

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Dieses Musikvideo, genau wie die Musik der Band, ist—ohne Frage—bis hinunter zur Anzahl der Strohballen in der Scheune berechnet. Jeder einzelne dieser Comedians bekommt automatisch die volle Breitseite Anerkennung von allen wichtigen Tastemaker-Websites der Popkultur. Kaum dass das Video vorgestern viral ging, hat Vulture einen Post des Videos „in 5 Gifs“ gebracht. Ein paar kluge, kritisch gesinnte Freunde von mir posteten das Video in Sozialen Netzwerken und schrieben, „Oh ich schätze, ich werde doch noch zum Mumford & Sons-Fan“ und „Haha! Diese Jungs sind witzig.“ Die Reaktionen auf dieses Video sind so, dass es scheint, als ob die kritische Welt einfach nur denkt, dass es witzig und großartig ist, dass die Jungs die Eier haben, sich so über sich selbst lustig zu machen. Irgendjemand sollte diesen Jungs einen Preis verleihen, weil sie so verdammt mutig sind, oder?

Freunde, Feinde und der ganze Rest dieser Welt, bitte, um Gottes Willen, hört mir zu: Ihr solltet jetzt nicht anfangen, Mumford & Sons zu mögen. Selbstironie bringt euch nur bis zu einem gewissen Punkt, aber am Ende des Tages bleibt das hier schlechte Musik und das hier bleibt eine Band, die verdammt viel Geld mit schlechter Musik macht. Und wisst ihr, was am widerlichsten an dieser Widerwärtigkeit ist? Was letztlich noch problematischer ist als die Tatsache, dass diese Jungs schlechte Musik machen? Es ist die Tatsache, dass sie nun der Welt offenbart haben, dass sie wissen, dass sie schlechte Musik machen. Und aus irgendeinem Grund, erkennen wir das auch noch an.

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