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Eurosonic, Tag 2—Überzeugende Schwedinnen und diebische Briten

Wir sind immer noch in den Niederlanden, um für euch die Trends des Jahres 2015 zu verreißen.

Unser Chef Jonas ist noch bis Samstag beim Eurosonic Festival in Groningen, um für euch herauszufinden, was das Jahr 2015 musikalisch bringen wird. An dieser Stelle beschreibt er jeden Tag, was er sich angeschaut hat und warum das scheiße war.

Donnerstags geht das Eurosonic eigentlich erst richtig los, weil zusätzlich zu den busy busy-Delegates auch das Interesse des normalen Publikums erwacht und die größeren Acts auch eher Donnerstag/Freitag als Mittwoch spielen.

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Wir quetschen uns ins Grande Theatre, um uns Seinabo Sey anzuschauen. Die junge Schwedin bringt bereits einen gewissen Hype-Faktor und einen gehörigen Pop-Appeal mit, so dass man sich das Grand Theatre teilweise mit Grandparents teilen darf. Was eigentlich ziemlich cool ist. Die Musik klingt ein bisschen so, als hätte man baukastenmäßig vieles zusammengefügt, das in den letzten Jahren populär wär: R'n'B, afrikanische Rythmen, darüber eine Adele-Stimme. Aber irgendwie geht das Ganze auf, was sicher auch an der eleganten, leicht divenhaften Erscheinung der Sängerin liegt. Vor exakt einem Jahr stand ich an derselben Stelle bei Sam Smith und dachte, das Pop 2014 bitte nicht so klingen sollte. Bei Seinabo Sey ist es anders. Eine runde Sache.

Um den Hype-Faktor noch zu steigern, stiefele ich danach zum Simplon und stehe 20 Minuten an, um mir nacheinander Years & Years und Mapei anzuschauen. Years & Years haben letzte Woche die BBC-Auswahl zum Sound of 2015 gewonnen. Und man kann leider sagen: Es wird offenbar ein furchtbares Jahr. OK, das ist gewaltig übertrieben. Years & Years sind nett. Es sind süße Burschen, die liebe, aber sehr inspirierte Musik machen. Und leider wirkt auch irgendwie jede Hook geklaut. Mal von The Weeknd, ziemlich oft von Hot Chip, mal den Klaxons, mal von Whitney Houston. Ich bin sehr davon überzeugt, dass die selfulfilling prophecy der BBC aufgeht. Years & Years werden heuer auf vielen Festivals irgendwelche midsize-Slots spielen und 18-jährige Mädchen begeistern. Aber sorry—das ist einfach keine gute Musik.

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Ganz anders Mapei. Diese junge Schwedin—eine Wortkombi, die man heuer noch öfters lesen wird, siehe Seinabo Sey—ist weniger Pop, dafür deutlich mehr Soul und HipHop als ihre Kollegin. Mapeis Hüften kreisen etwas überzeugender als die gelegentlich Raps sitzen, dafür ruft sie immer wieder Dinge wie „Are we all feeling sexy tonight?“ ins Publikum. Das ist irgendwie schon sehr OK, wenn man sich auch gelegentlich wünscht, sie würde ein bisschen die ausgetretenen Pfade verlassen—was sie auf Platte eigentlich mehr tut als live. Alles in allem überzeugen die Schweden aber schon sehr. Seinabo Sey gehört die große Bühne, Mapei wahrscheinlich eher die Clubs und die kleineren Venues.

Danach wird’s alles ein bisschen unübersichtlich. Man kommt in zahlreiche Venues nicht mehr rein, dafür stehen andere mehr oder weniger leer. Das ist sehr ärgerlich für die Bands, aber das liegt halt nicht an ihnen: Beim Eurosonic hängt vieles mit dem Slot und der Konkurrenz zusammen. Kiasmos haben offenbar einen recht guten erwischt: Bei dem isländischen Elektronik-Duo ist der Saal knallvoll. Kiasmos klingen sehr nach Moderat, aber das macht ja nichts. Den Namen haben in den Tagen davor mehrfach Leute genannt, und nicht zu Unrecht. Man sieht eine durchaus überzeugende Live-Show, die perfekt auf's Urban Art Forms oder in die Forelle passen würde. Da sollte mal jemand tätig werden.

Als letzter richtiger Act des Abends dürfen dann noch JoyCut herhalten. Live dreschen die Italiener besinnungslos auf Drums und Gear ein, das einem schwindelig wird. Das ist irgendwie ziemlich Noise und ziemlich geil.

Während uns der Weg dann noch ins Subsonic verschlägt, wo wir ein bisschen niederländische Feierkultur miterleben (Schreiben, das T-Shirt vom Leib reißen und über dem Kopf kreisen lassen), denke ich über das Eurosonic 2015 nach. Irgendwie ist das alles OK, aber nicht ganz zufrieden stellend. Die Zahl an Bands, die wirklich überzeugt, ist gefühlt geringer als die Male davor. Aber das kann ja noch werden. Und heute Abend gibt es dann erstmal diese eine komische Band, von der seit Tagen auch die internationalen Delegates reden: „Bilderbuk“.

Folgt Jonas für noch mehr unqualifizierte Meinungen auf Twitter: @L4ndvogt

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