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Eure Probleme mit Wanda kotzen mich an

Unsere Autorin versteht euch nicht.

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Meiner Wahrnehmung nach dominieren drei Themen die Medien in Wien: die Wien-Wahlen, Flüchtlinge und irgendwie auch Wanda—nicht zuletzt, weil sie auf Platz 1 der österreichischen und Platz 5 der deutschen Albumcharts eingestiegen sind. Das ist eine extrem seltsame Kombination, aber eure Facebook-Pinnwand wird euch das bestätigen können.

Die fünf Wiener von Wanda sind vor eineinhalb Jahren mit ihrem Hit „Bologna“ durchgestartet. Die ziemlich offene Anspielung auf Inzest in diesem Lied hat damals niemanden wirklich interessiert. Wanda war da, man stand für Amore und man konnte sich darauf einigen. Seit aber vor knapp zwei Monaten das Video zu ihrer neuen Single „Bussi Baby“ erschienen ist, gibt es kein Halten mehr. Letzte Woche erschien alle paar Tage ein neuer Artikel, der darüber berichteet, was Wanda nicht alles falsch machen. Sie machen offenbar so gut wie alles falsch—bis auf ihre Musik.

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Sexismus

In dem oben erwähnten Video zu „Bussi Baby“ sieht man eine Schauspielerin, die mit dem Sänger im Bett herumhüpft. Diese Frau ist Ronja von Rönne. Sie hat Anfang des Jahres einen Artikel darüber geschrieben, dass sie der Feminismus anekelt.

Die logische Schlussfolgerung der Medien war, dass sich Wanda damit ebenfalls als Anti-Feministen platzieren—daher kommt doch bestimmt auch ihr Macho-Gehabe. Wanda haben sich davon klar distanziert und gesagt, sie hätten nicht gewusst wofür Ronja steht (nämlich nicht für Amore). Danach wurde ihnen Kalkül vorgeworfen und behauptet, das wäre eine geplante PR-Strategie gewesen, um für Aufsehen zu sorgen.

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Bei aller Liebe, aber ich glaube, dass man die Band da ein bisschen überschätzt und es kein Kalkül war, sondern einfach eine patscherte Wahl mit zu wenig Background-Check. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich eine junge Band mit Absicht in so eine gefährliche Ecke stellen würde—weil dann fehlt nicht mehr viel und das wars auch schon wieder mit der Karriere. Was aber genau dahinter steckt, wird man wohl nie erfahren. Ronja hin, PR her: Was für mich außer Frage steht ist, dass Wanda einfach keine Sexisten sind. Wegen dem Macker-Gehabe braucht man ihnen nicht jedes Wort im Mund umdrehen und sie als Chauvinisten darstellen.

Egomanie

Vor einer Woche wurde ein Text von Stefanie Sargnagel publiziert—sie hat ein Review über Wandas neues Album Bussi geschrieben, indem sie auch sehr viel über Marco Michael Wanda schreibt. Sie spricht von pathologischer Egomanie, einem Sektenführer. Gleichzeitig aber auch von einem gespaltenen Verhältnis zu der Band, sie weiß nicht, ob es Hass oder Liebe ist. Ich kenne Marco nicht persönlich. Lediglich einmal habe ich ihn zufällig im Proberaum getroffen und drei Sätze mit ihm gewechselt. Er war zwar ein bisschen eigen aber ansich sehr nett—womit er vielen von uns schon einiges voraus hat.

Als Frontsänger einer Popband steht Egozentrik—glaube ich—schon in der Berufsbeschreibung. Darüber hinaus scheint es nicht einmal der Ruhm zu sein, der ihm zu Kopf gestiegen ist. Sargnagel erzählt nämlich auch von einer Beislnacht mit der Band vor dem großen Erfolg und da kommt er schon ein bisschen größenwahnsinnig rüber. Was ich eigentlich sehr sympatisch finde. Der ist anscheinend einfach so. Wir sind, wer wir sind—auch wenn man manche Leute damit wahnsinnig macht. Niemand muss ihn heiraten. Er ist nur der Sänger von einer Band und das macht er auch gut.

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Pop / Schlager

Es ist zwar, soweit ich weiß, in keinem Artikel festgehalten, aber immer wieder hört man, dass Wanda doch Schlager machen oder es wird abwertend von Pop gesprochen. Ich bin zwar keine Musikwissenschaftlerin, aber das letzte Mal als ich nachgeschaut hab (heute), war Schlager noch sowas hier.
Auch der „Vorwurf“ des Pop macht keinen Sinn. Sie haben nie behauptet etwas anderes zu machen oder die Musik neu erfunden zu haben. Mit Bravour schreiben sie großartige Popsongs, die der halben Nation nicht mehr aus dem Ohr gehen. Texte, mit denen sich Jung und Alt identifizieren können. Texte, für die man nicht Literatur studieren oder Teil einer Jugendbewegung sein muss, um sie zu verstehen. Nach dem ersten Erfolg haben sie sofort auf ein Majorlabel gewechselt und stehen auch dazu. Ganz klar wird gesagt „Groß ist gut.“

Die Kollegin Lynette, spricht in ihrem dezitiert subjektiven Konzertbericht über Wandas Album Release Konzert vor einer Woche von einem Ö3-Publikum und davon, dass bei ihr die Liebe für die Band raus ist. Das mit der Liebe kann ihr natürlich kein Mensch absprechen. Dass Wanda aber immer schon eine große, erfolgreiche Band sein wollte und das auch geschafft hat, auch nicht. Mit ihrem Erfolg haben sie bestimmt einige Indie-Band liebende Fans verloren, man kann sie aber auch nicht für immer im Chelsea einsperren.

Ich hatte auch selbst das Glück, ein Ticket für den ersten Termin der beiden Arena Konzerte zu ergattern, die seit Monaten restlos ausverkauft waren. Es war das erste Mal, dass ich Wanda live gesehen habe und ich war begeistert. Ich bin in der ersten Reihe zwischen Teenagern und 40-Jährigen gestanden. Mir war das ziemlich egal, denn ich war wegen der Band, den Liedern und der Amore dort. Die Jungs waren total unprätentiös und ich fand es entzückend wie sehr sie sich gefreut haben, da zu sein.

Wie immer kann man eh alles drehen und wenden wie man will. Ich sage niemandem, er soll die Band lieben. Ich verstehe nur nicht, dass auf Biegen und Brechen Gründe gesucht werden, um Wanda schlecht zu machen—und keiner davon bezieht sich auf die tatsächliche Musik der Band. Die finden nämlich die meisten Kritiker eh auch irgendwie gut. Aber das ist wohl das Schicksal von einer Band aus Wien, wo den Leuten die Missgunst aus den Ohren rauskommt. Ich finde, man kann Wanda nichts vorwerfen. Die machen das gut. Die haben sich das verdient.

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