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Eine Ode an den Warm Up-DJ

Und das Warm-Up an sich.

Foto: Flickr | David Burke | CC BY 2.0

Das Warm Up ist der interessanteste, schwierigste und zugleich undankbarste Slot, den ein DJ haben kann. Wenn du zu spielen anfängst, ist die Tanzfläche meist völlig leer. Im Idealfall solltest du eine volle Tanzfläche an den Mainact übergeben. Allerdings wird von dir erwartet, dass du das schaffst, ohne die Leute zu sehr zu beanspruchen, damit sie noch genug Energie für den restlichen Abend haben. Du darfst keine offensichtlichen Hits spielen, weil du sie sonst dem Peak Time-DJ „wegspielst“ und du solltest, vor allem im House und Techno, nicht zu schnell spielen, so dass sich die Geschwindigkeit über den Abend noch steigern kann. Du musst eine Kopfnickstimmung erzeugen, die Leute langsam von der Bar weglocken und in weiterer Folge zum tanzen bringen. Aber die Leute werden sehr undankbar sein und sich genervt so etwas wie Hotline Bling von dir wünschen. Du darfst dich nicht von deinem Konzept abbringen lassen. Wer das alles schafft, ist eine eierlegende Wollmilchsau und hat meinen größten Respekt.

Obwohl das Warmup meiner Meinung nach die schwierigste Disziplin des Auflegens ist, ist es auch die schönste. Du fängst praktisch von null an und hast dadurch die Freiheit, die Energie deines Sets zu steigern und zu lenken wie du magst. Nur solltest du eben noch ein bisschen Energie für die DJs nach dir übrig lassen. Niemand erwartet von dir, dass du irgendwelche Banger spielst. Also spiel einfach die Musik, die du magst: Weirde Tracks, die du dich sonst nie spielen traust, alte Lieblingslieder, Sachen, die du gern mal auf einer besseren Anlage als zu Hause hören wolltest. Vor allem ganz am Anfang, wenn fast niemand da ist, kannst du machen was du willst. Einmal habe ich ab zehn in der Pratersauna aufgelegt und die Leute dachten, dass sie erst um elf aufmacht. Nicht mal die Veranstalter waren zu finden. Ich hatte die beste Zeit für mich alleine. Mag traurig klingen—ist es nicht. Warm Ups sind ein bisschen wie Ausgehen an Donnerstagen: Die Leute haben keine allzu großen Erwartungen und du auch nicht. Was sich daraus entwickelt, kann viel besser sein als Ausgehen am Freitag oder eben Auflegen zur Peak-Time.

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Foto: Flickr | Marcelo Páez Bermúdez | CC BY 2.0

Die Schwierigkeit eines Warm Ups besteht darin, die Leute nicht zu pleasen, aber trotzdem für dich zu gewinnen. Dazu kommt, dass die Leute zu früher Stunde noch nicht genug Alkohol intus haben, um sich beim tanzen gehen zu lassen. Sie bemerken verkackte Übergänge. Und sie sind nicht gekommen, um dich zu hören. Ein gutes Warm Up-Set lässt sich auch nicht immer daran messen, wie sehr die Leute darauf abgehen. Wenn die Leute zu früh zu motiviert sind, hält sich die Energie meist nicht über den ganzen Abend. Natürlich gibt es Ausnahmen: So wie Silvester. Oder Fun-Nights (zum Beispiel 80s-Partys). Es kommt auch immer darauf an, wer nach dir spielt. Als ich zum Beispiel vor Rustie gespielt habe, wusste ich, dass er ohnehin mehr draufhauen würde als ich. Deshalb musste ich mich nicht zurücknehmen. An andere Acts musst du dich mehr anpassen und dir überlegen, wie sie ihr Set beginnen werden und wie du ihnen am besten die Rutsche legst.

Festgelegte Regeln, wie das perfekte Warm Up auszusehen hat, existieren nicht. Im House gibt es ein paar Sachen, an denen man sich orientieren kann: Die Tracks sollten keine oder wenige Vocals haben, langsam, aber doch treibend sein. Im Bass-Bereich lässt sich das nicht so einfach sagen, denn die Geschwindigkeiten und Stile variieren ständig. Ich denke die Songs sollten nicht zu überladen und nicht allzu hart sein. Manche Leute behaupten, dass es bei Rap- oder Bass-Partys keine Warm Ups gibt oder geben kann. Ich finde das ist Bullshit, in jedem Genre existiert so etwas. Ich glaube es macht Sinn ein Warm Up deep anzufangen, die Energie zu steigern und bevor der Mainact übernimmt, wieder runterzufahren. Ich mixe nicht so schnell wie in der Peak-Time, es ist OK wenn es mal ein bisschen „langweilig“ klingt.

Jeder der zum Auflegen anfängt, bekommt zuerst nur frühe Slots. Deshalb spielen oft unerfahrene DJs das Warmup und wollen dabei zu sehr zeigen, was sie können. Für die Mainacts ist es schwierig, an solche Sets anzuknüpfen. Das selbe Problem entsteht, wenn zu viele Headliner auf einem Floor spielen: Jeder sieht sich als Höhepunkt des Abends und niemand hat Lust dem nächsten DJ den „Weg zu ebnen“. Bekannte DJs greifen oft auf einfache Tricks zurück, um die Leute wieder runterzubringen: Sie drehen die Musik ganz aus und beginnen ihr Set mit einem langen, untanzbarem Intro. Oder sie sichern sich im Vorhinein ab—angeblich soll Nicolas Jaar, als er in Wien gespielt hat, nach einem Warm Up-DJ verlangt haben, der die 118 bpm nicht übersteigt.

Ich fände es spannend, wenn Headliner und Local-Warmup-DJs mal ihre Settimes tauschen. Ein guter Peak-Time-DJ ist nicht automatisch ein guter Warm Up-DJ. Der Headliner müsste ganz andere, sorgfältig ausgewählte Tracks spielen. Ein angenehmer Nebeneffekt wäre, dass die Leute früher in den Club kommen müssen und man den Mainact auch mal nüchtern anschauen kann.

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