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Eine musikalische Analyse des „Rendezvous im Paradies“-Finales

Wir haben Trash-TV geschaut. Es war irgendwie wunderbar.

Alle Screenshots von VICE. Die Sendung könnt ihr euch auf puls4.com anschauen.

Ich schaue nie fern. Das hat eigentlich keinen tieferen moralischen Grund, sondern liegt eigentlich eher daran,dass ich keinen UPC Anschluss in meinem Zimmer habe. Einmal die Woche besetze ich aber das Zimmer meiner Mitbewohnerin. Denn Puls4 und ich haben ein Date. Einen Pflichttermin gar. Und das reicht dann auch für die nächsten sieben Tage. Denn wenn ich eins in meiner Zeit auf der Erde gelernt habe: Eine Sendung, wenn sie denn gut gewählt ist, kann das menschliche Hirn mit genug Trash für die gesamte Woche versorgen. Was für andere „Schwiegertochter gesucht“ oder „Das Geschäft mit der Liebe“, ist für mich „Rendezvous im Paradies“.

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„Rendezvous im Paradies“ ist ein Spin-off von Austrias Next Topmodel. Ja, davon gibt es ein Spin-off. Die Puls4-Drehbuchautoren sind genial, was ich jetzt noch einige Male betonen werde. Der Inhalt von RIP(ha!): Miro und Damir, beide ANTM-Models Anfang 20, sind beide auf der Suche nach der großen Liebe. Da soll nochmal jemand sagen, junge Männer seien bindungsunwillig. Miro ist ein Student der Uni Wien und Damir ist aus Baden. Keine Ahnung, ob sie andere Modelerfahrungen als die Teilnahme bei ANTM haben—ich vermute mal eher nicht.

Miro und Damir sind jetzt quasi die österreichischen Bachelors in St. Tropez. Ebensfalls in St.Tropez: Eine Gruppe von Frauen, bereit um die Herzen der Burschen zu kämpfen. Die Damen sind in zwei Gruppen eingeteilt: „Miros Harem“ und „Damirs Harem“. Es gibt Dates und so weiter, und am Ende bekommen die Damen keine Rose—das wäre zwar sexistisch, aber immerhin noch halbwegs stilvoll. Nein, diejenigen, die unter den stark geschminkten Frauen, die nächste Woche nicht mehr Teil des Harems sein sollen, werden in einen Pool geschmissen. Applaus. Ich bin hin und weg. Worte können kaum beschreiben, wie super das Ganze ist. Die festgelegten Rollen; Damirs offensichtliches Vorlesen der Texte; die kurzen Momente, wenn die Maske vor der Kamera fällt.

„Rendezvous im Paradies“ wäre nicht dasselbe ohne die fantastische Musik-Untermalung, die sich durchweg auf „My Heart Will Go On“-Niveau bewegt. Und weil ich so ein großer Fan dieser Sendung und ihres Soundtracks bin, habe ich mir angeschaut, welche Szenen des Finales wie musikalisch unterlegt wurden. Übrigens bin ich bin mir durchwegs bewusst, dass ich als Fan dieser völlig menschenverachtenden Sendung in die Hölle komme.

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1. Das Lied zur Sendung: Stromae—„Tous les Memes“

Stromae hat sich bestimmt schon daran gewöhnt, dass seine Lieder grundsätzlich im falschen Kontext benutzt werden. Das systemkritische „Alors on danse“ zum Beispiel wurde als platter Tanzflächenbrecher verstanden. „Tous les Memes“ ist ein Herzschmerzlied. Aber dafür sagt er im Refrain ganz oft „Rendezvous“. Die Frage, die offen bleibt: Was war zuerst da? Der Titel der Sendung oder der Soundtrack?

2. Szene: Die Braunhaarige schmeißt andere Finalistinnen aus der WhatsApp-Gruppe

Song: Blue Foundation—Eyes on Fire

Die braunhaarige Indira war im Team Miro—oder war es Miros Harem?—und wurde letzte Woche in den Pool geschmissen. Sie verabschiedet sich mit dem langsam lauter werdenden „Eyes on Fire“. Das hat schon in Twilight funktioniert, dann funktioniert das hier auch. Die inhaltliche Dramatik dahinter ist, dass sie auch die Erstellerin der WhatsApp-Gruppe ist, in der sich alle Hausbewohnerinnen ausgetauscht haben. Und nach ihrem Auszug Miros übrige Kandidatinnen einfach so aus der Gruppe entfernt hat. Ein starkes Stück. Nachdem der Verrat aus dem Off verkündet wurde, verlässt sie in slow-motion die Villa, während es AH-AH-AH-HA-Ha macht. Wundervoll.

3. Szene: Die andere Braunhaarige meistert das Shooting mit Damir

Song: Rita Ora—„Shine ya Light“

Jede der Finalistinnen bekommt ein Shooting mit ihrem Haremsführer. Melody ist ehemalige DSDS-Kandidatin und kurviger als der Rest der Mädels. Deshalb gibt es ganz viel französische Klaviermusik und Erklärungen für Damir und den Fotografen, wie schrecklich diese Situation für sie sein muss, da sie ja Normalgewicht hat. Doch es gibt ein Happy End: Nachdem sie Damir fast küsst, erklärt dieser, dass das Shooting „Bombe war, ihre Augen sind Wahnsinn.“ Musikalisch feierlich untermalt mit „Shine ya Light“ von Rita Ora. Ab jetzt lasse ich mich nur fotografieren, wenn dieser Song kommt. Und wenn mir jemand sagt, dass meine Augen „Wahnsinn“ sind.

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4. Szene: Die Blonde hat ihre vielleicht letzte zweisame Zeit mit Damir

Song: Sia—My love

Wieder ein Twilight-Track. Ähm, das weiß ich, weil ich gewissenhaft Recherche betreibe. Sie erzählt vom ersten Mal, als sie ihn gesehen hat, während sie nebeneinander im Bett liegen. Eine intime Situation. Nur er, sie und das zehnköpfige Produktionsteam.

5. Die Dunkelhaarige hat ihre vielleicht letzte zweisame Zeit mit Miro

Song: Birdy—„Shelter"

Nein, nicht Melody, sondern die, die eh Model ist. Es wird eine dramatische Rückblende gezeigt. Bei einer Entscheidung ist sie in Tränen ausgebrochen, weil ihr das alles hier so wichtig ist. Sie hat überhaupt die beste Zeit ihres Lebens. Sie erklärt Miro noch einmal, wie sehr sie das alles mitgenommen hat.

6. Szene: Die ehemalige DSDS Kandidatin hat statt einem Liebesbrief einen Song geschrieben

Leider, leider nicht auf YouTube oder sonst wo. Der Song geht ca. so:

Ich will das alles hier, aber ich bleib skeptisch
Sind wir wirklich wie Angelina Jolie und Brad Pitt?

Existentielle Fragen, die Melody in Richtung Damir stellt. Es bleibt spannend. Falls jemand weiß wo man den Song kaufen kann, bitte mir einen Link schicken.

7. Szene: Die Blonde schmeißt ihren Liebesbrief dramatisch in den Pool, weil das „die einzige Art ist, wie ich dir zeigen kann, wieviel du mir bedeutest“

Song: Labrinth ft. Emeli Sandé—„Beneath you are beautiful“

Danach geht sie in Slow-Motion zu Damir und küsst ihn stürmisch. Damir sagt poetische Worte: „Oh mein Gott, das ist so schwer“. Da es das Finale ist, darf er sich jetzt entscheiden. Er küsst Melody dramatisch auf die Stirn, bevor er sie langsam in den Pool stößt und ein „Adieu“ haucht. Dann maximale Lautstärke, Refrain setzt herzzerreißend ein. No comment.

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8. Szene: Dramatische Wendung in Miros Entscheidung

Song: Ed Sheeran – „Thinking out loud“

Miro geht in Slow-Motion auf den Pool zu. Auf einmal fängt die Braunhaarige zu reden an, obwohl ihre Zeit eigentlich vorbei ist und jetzt gespannte Stille gefordert ist. Sie erzählt, wie schrecklich sie Miro und auch ihre Konkurrentin liebt, und wie sie die Liebe zwischen den Beiden sieht. Und springt dann selbst ins Wasser. Im Abspann sind Miro und die Übriggebliebene zu sehen, die Miro hoffnungsvol fragt: „Wie hättest du dich entschieden?“ Miro sagt nach einem dramatischen Schnitt: „Ich hätte mich eh für Anna entschieden“. Ein Kuss. Und ich bin sprachlos.

OK, mein Trash-Bedürfnis ist jetzt wirklich für die nächsten drei Wochen befriedigt. Falls es irgendwelche Preise für TV-Show Entwickler gibt–ich nominiere dieses Team. Selbstverständlich wünsche ich Damir, Miro, Anna und Julia nur das Beste. Liebe ist doch das Schönste. Auch wenn sie auf Puls4 stattfindet.

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