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Death Metal für Dummies—Eine Einführung

Wir haben für Menschen, die keinerlei Ahnung vom Genre haben, die absoluten Basics zusammengeschrieben.

Grafik: VICE Media

Death Metal ist wohl eines der unzugänglichsten Genres, welches die Musikwelt hervorgebracht hat. Laut, schnell, keine Sau versteht den Sänger und wieso zur Hölle ist auf jedem zweiten Albumcover eine durch Photoshop massakrierte Frau (Alter irrelevant)?

Mal schauen, was Kollege Wikipedia zu diesem Thema sagt, denn danach sind wir bestimmt schlauer. Right?

„Death Metal ist ein Subgenre des Metal und gehört neben Black Metal und Thrash Metal zum Spektrum des Extreme Metal. Kennzeichnend sind martialische Melodien, die auf sehr tief gestimmten E-Gitarren und E-Bässen gespielt werden. Am Schlagzeug dominieren schnelle Rhythmusfiguren in Kombination mit einem häufigen Einsatz von Doublebass- und Blastbeat-Techniken."

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Tja, jetzt kann sich bestimmt jeder ein Bild machen, wieso diese Bands so klingen wie sie klingen und wie dieser Sound im Laufe der Jahre entstanden ist und sich weiterentwickelt hat.

Nein? Dann begeben wir uns mal etwas tiefer in die Materie.

Foto: scragz via photopin cc

DIE ROOTS

Wie alles Gute auf diesem Planeten ist Death Metal erstmals in den 80ern auf die Musikwelt losgelassen worden. Bands wie Motörhead, Venom, Slayer und Kreator waren vor 30 Jahren der härteste Stoff im Metalkosmos und genau dieser schnelle, vom Punk beeinflusste Metal legte das Fundament, auf dem die Musiker ihr Konzept eines noch extremeren Stils aufbauten. Bands wie Death und Possessed lieferten Mitte der 80er mit ihren Debüts die ersten Prototyp-Alben für das noch blutjunge Genre.

Der Thrashsound wurde übernommen und durch chaotischere Songstrukturen, schnellere Tempos und rauhe Vocals an seine Grenzen getrieben. In den kommenden Jahren saugten immer mehr Bands diesen "Slayer on Steroids"-Stil auf und kreirten in Kombination mit ihren persönlichen Vorlieben ihr eigenes kleines Metal-Süppchen. Ab diesem Zeitpunkt wurde erkennbar, dass Possessed und Konsorten nicht nur Metallica 1.5 sein wollen, sondern dass hier etwas Anderes, etwas Neues am entstehen ist.

Zwischen Napalm Deaths rasenden, vom Hardcore beeinflussten Krach-Eruptionen und Autopsys kriechend langsamen „Black Sabbath meets B-Movie" Groovemonstern, festigte sich nach und nach ein Genre, in dem sich jeder musikalisch so austoben konnte, wie er wollte. „Hauptsache es klingt brutal" lautete die Devise. Nach und nach festigten die Musiker nicht nur ihr Rezept, wie Death Metal zu klingen hat, sondern auch ihre Konzepte für Lyrics und Artworks. Auch das Bandimage wurde wichtiger, um aus simplen Garagenbands ein professionelles Gesamtpaket zu formen. Die Alben von Bands wie Autopsy, Cannibal Corpse oder Impetigo glichen durch blutige Artworks und Texten über Zombies, Kannibalen und Co einer akustischen Version alter Giallo- und Splatterfilme ala Argento und Fulci. Bands wie Morbid Angel und Deicide waren im Bereich des Okkulten beheimatet, durch Napalm Death waren auch sozialkritische Lyrics kein Tabu mehr in der Szene.

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Die ersten Releases, Tapetrading, Fanzines und natürlich Gigs brachten den Death Metal-Underground mächtig zum brodeln. Auch professionelle Studios fingen an zu verstehen, wie man ein Album dieses Genres produziert, das über die Tonqualität von kruden Demoaufnahmen hinausgeht, und schon bald merkten auch größere Plattenfirmen, dass man sich eventuell auch mit Death Metal das Koks für die nächste Woche finanzieren kann.

TREND, KOMMERZIALISIERUNG UND SWANSONG

Zu Beginn der 90er war Death Metal bereits ein fest etabliertes Genre in der Metalwelt. Viele der Bands hatten bereits mehrere Alben veröffentlicht, der berühmte englische Radio-DJ John Peel ließ Napalm Death, Bolt Thrower und Co regelmäßig live in seiner Show auftreten. Merch und Tonträger waren nicht mehr nur exklusiv bei den Musikern selbst erhältlich, sondern wurden auch anderweitig vertrieben. Die bekanntesten Bands konnten ihre Vans gegen Tourbusse umtauschen. Kurz gesagt: Death Metal war der heißeste Scheiss. Neue Bands schossen schneller aus dem Boden als der frische Heroinschuss in Kurt Cobains Venen und fluteten den Markt mit immer neuen und oft mittelmäßigen Veröffentlichungen. Auch Majorlabels nahmen erstmals Death Metal Bands unter Vertrag. Währenddessen versuchten viele der bereits etablierten Bands, sich aus diesem Einheitsbrei abzuheben, indem sie ihren eigenen Stil mit anderen Genres mischten oder sich generell immer weiter vom Death Metal entfernten.

Am besten lässt sich diese Entwicklung anhand des Albums Swansong der Goregrind Pioniere Carcass aus Birmingham darstellen:

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Carcass begründeten mit ihrem ersten Album Reek of Putrefaction einen Sound, der heute als Goregrind bekannt ist. Auf den folgenden Alben erweiterten sie ihren Stil immer weiter, die Songstrukturen wirkten weniger chaotisch und unberechenbar, dafür klarer. Die Band fing an, mit vielen melodiösen Hooks zu arbeiten. Ihr 1993er Release Heartwork schlug in die Szene ein wie eine Bombe. Die Erwartungen an das nächste Album, welches gleichzeitig ihr Majorlabel-Debüt werden sollte, waren monströs. Doch durch interne Differenzen über die Ausrichtung der Band und durch Unstimmigkeiten mit dem Label wurde am Ende ein Album auf den Markt geworfen, das weder Fisch, noch Fleisch war. Zu simpel und kraftlos, um in der Szene Anklang zu finden, gleichzeitig zu extrem, um rund um die Uhr im Radio gespielt zu werden. Auch die Musiker selbst waren dementsprechend enttäuscht von der CD, also wurde das Album Swansong getauft. Die Band ging kurz darauf getrennte Wege.

WAS GEHT IM DEATH METAL HEUTE?

Ende der 90er war also die Luft raus, aus dem einst so vielseitigen Genre voller Gewalt und Zombos. Angemalte Pandas aus dem Norden, die sich gegenseitig abstechen und Kirchen anzünden waren einfacher zu vermarkten und viele „Fans" suchten sich ein anderes Genre, welches besser in die aktuelleste Definiton von Coolness passte. Obwohl Death Metal also fast vollkommen aus der Öffentlichkeit verschwand, drehten sich die Räder im Underground ununterbrochen weiter. So dauerte es nicht lange, bis eine neue Generation an Bands für frischen Wind sorgte. Musiker wurden immer versierter an ihren Instrumenten und genrefremde Einflüsse wurden immer passender in die Death Metal-Ursuppe eingeflochten.

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Diese Kombination aus zig Subgenres, alten Platzhirschen, die nie wirklich weg waren, und natürlich dem Internet zeigt, dass die Vielfalt, die dieses Genre zu Beginn so spannend machte, immer noch vorhanden ist. Arch Enemy, In Flames und Konsorten haben ihre Formel für leicht zugänglichen und melodiösen Extrem-Metal schon lange gefunden während Undergroundbands wie Disgorge oder Defeated Sanity immer noch versuchen, die Grenzen musikalischer Brutalität komplett auszuloten.

Kurzum—Im Death Metal gibt es heutzutage nichts, was es nicht gibt. Du suchst eine Band mit orientalischen Melodien, Grindcore-Passagen und philosophishen Lyrics? Kein Problem:

Oder vielleicht braucht ihr ja einfach nur den Soundtrack fürs nächste große Geschäft:

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