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RBMA Weekender

Ein Bussi nach Detroit—Eine Liebesbekundung an Theo Parrish

Die Detroit-Legende stattet Wien dieses Wochenende für den Red Bull Music Academy Weekender einen seiner raren Besuche ab.

Ich bekenne mich schuldig. Ja, ich bin auch einer dieser DJs Schrägstrich Producer Schrägstrich Veranstalter Schrägstrich Nerds, die dir und deinen Freunden seit Jahren mit Lobeshymnen auf Theo Parrish in den Ohren liegen.

Meine Liebe zu dem Detroiter Elektronikermusiker und DJ ist zeitweise unangenehm groß. Deswegen kann ich nicht anders und muss dir auch gleich noch aufbinden, dass ich Theo Parrish gemeinsam mit meiner Bebop Rodeo Crew und der Grellen Forelle schon einmal nach Wien gebucht habe. Anfang 2013 war das und es war erwartbar unvergesslich spitze. Sprich, ich nerve dich in den folgenden Zeilen nicht nur mit meinem überschwänglichen Fantum sondern on top of that auch mit Bromance-Stories. Brace yourself.

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Aber alles der Reihe nach. Dass Theo Parrish ein Detroiter Techno- und House-Produzent und DJ ist, weißt du ja vermutlich bereits. Sonst lies das bitte einfach auf Wikipedia nach. Dort steht auch geschrieben, dass Theo Parrish Labelbetreiber von Sound Signature ist und gemeinsam mit Rick Wilhite, Marcellus Pittman und Kenny Dixon Jr. Aka Moodymann die Detroit-Supergroup „3 Chairs“ bildet. Soweit so super. Was dort nicht steht, ist, dass Theo zu den DJs und Produzenten gehört, die mehr wollen als nur Platten abspielen, Clubhits raushauen, die Leute bei Laune halten und im Club durchfeiern. Er ist kein herkömmlicher Plattenunterhalter, er ist mehr so etwas wie ein Teacher. Oder besser gesagt ein Preacher. Einer, der ohne Worte auskommt.

Theo betrachtet das Auflegen als verantwortungsvolle Lebensaufgabe. Er will dich in seinen stundelangen Sets auf eine Reise abseits ausgetrampelter sonischer Pfade mitnehmen. Worte, die schwer nach Verklärung klingen. Worte, die Theos Mund entstammen. Worte, die wohl jede/jeder (sic!) DJ in ähnlicher Form schon einmal gesagt oder, noch schlimmer, in tranige Pressetexte gekritzelt hat. Theo Parrish ist einer der wenigen, der hier keine Pose reitet. Seine Geschichte, seine Haltung, seine DJ-Sets und natürlich seine eigene Musik sind Beweis genug dafür. In seinen Marathon-Sets verknotet er Disco, House, Funk, Soul, Techno, Electronica, Hip Hop und Jazz zu einem eigenständigen Sound. Er baut stundenlange Spannungsbögen auf und setzt sich so logischerweise über Genre-Grenzen hinweg. Der punktgenaue Beatmix ist hier nicht Oberbefehlshaber. Nein, es ist der Groove und die Stofflichkeit der Musik. Tempi- und Taktwechsel sind so oftmals kein Hindernis sondern eine Chance.

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Theo Parrish umgibt eben diese ganz bestimmte fast schon mythische Aura, die ein Priester braucht. Er lebt seinen Schäfchen quasi vor, wie man im Club inhaltlich und menschlich auf dem richtigen Pfad und dadurch spannend bleibt. Er wählt den schwierigsten, aber hingebungsvollsten Weg. Ja, er ist einer dieser DJs, die Vinyl predigen und CDs, USB, SD-Card und Laptop kategorisch ablehnen. Viel mehr noch, er ist einer dieser Plattendreher, die im Übergepäck sogar ihren eigenen Rotary-Mixer zum Auflegen mit einfliegen, sich vertraglich mindestens 4 Stunden Spielzeit zusichern lassen und trotzdem mit 14 Stunden Musik in Form von vielen schweren Plattenkoffern ankommen. Aber er plustert sich darüber nicht groß auf, sondern pflegt Understatement. Selbstbeweihräucherung ist ihm fremd. Er lässt lieber Taten statt Worte sprechen. Social Media kennt er nur vom Hörensagen. Poser handeln anders.

Ein verwackeltes Foto vom besagten Rotary-Mixer, aufgenommen an jenem Abend in der Forelle

Seine Tracks sind klarerweise auch keine easy DJ-Tools, die sich locker in jeden Mix einfügen, sondern vielschichtige, verjazzte, großartig dahinrumpelnde House- oder Techno-Tracks. Er produziert auch anders. Unter anderen Vorzeichen und mit einem anderen Ziel. Das hört man. Das spürt man. Die Klangfarbe seiner Tracks klingt teilweise wie die von Songs. Er ist eben Musiker und nicht nur ein Typ mit Software-Skills.

Der Mensch Theo Parrish ist ebenso einnehmend und herzerwärmend wie seine Musik. Er ist ruhig, freundlich und bestimmt. Er ist einer dieser Musiker, die schon vor dem Gig in den Club kommen und den Veranstalter gleich mal brüderlich umarmen. Weil man ihm mit dem Booking Vertrauen geschenkt hat und auf seine Sache setzt. Er überlässt den Warm-Up-DJs des Abends gerne seinen Rotary-Mixer, wenn diese damit spielen wollen und er erkundigt sich, wer hinter den Support-DJs steckt und welche Musik diese so auflegen. Er will wissen, warum genau man ihn gebucht hat und was die Promoter in ihrer Tätigkeit antreibt. Er ist ehrlich interessiert an den Geschichten, die hinter den unzähligen Club-Gesichtern stecken. In der Grellen Forelle war das zumindest so. Clublegenden der Leidenschaft oder so. Apropos Leidenschaft: Theo Parrish selbst spricht gerne von Leidenschaft und Hingabe. Denn das ist es was ihn antreibt. Okay, das ist pathetisch. Aber im Fall von Theo Parrish fühlt sich sogar das irgendwie richtig und real an. Er macht eben keine Kompromisse. Mehr Jazz geht nicht, echt nicht.

Für den Red Bull Music Academy Weekender in Wien, bei dem auch Theo Parrish am Samstag aufspielen wird, verlosen wir übrigens immer noch Tickets.

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