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Durch’s Schlafzimmer gezogen: Die besten Bedroom Producer-Coverversionen

Heute braucht man nicht mehr viel zum Produzieren. Man kann es quasi im Schlafzimmer tun.

Coverversionen waren mal das Normalste der Welt. Bis Mitte der Sechziger sangen berühmte Musiker so gut wie nie eigene Songs, die Rolling Stones oder Elvis spielten die ersten Jahre im Grunde ausschließlich Cover. Aber mit dem Siegeszug der Beatles, der nur auf eigenen Kompositionen basierte, wandelte sich die Musik massiv. Wer nur coverte, galt forthin als unkreativ.

Trotzdem verschwanden Cover nie ganz—schließlich beginnt jeder Musiker damit, dass er erstmal imitiert. Und so kommt es auch immer wieder vor, dass bekannte oder weniger bekannte Bands Songs ihrer Vorbilder covern und ihnen so Tribut zollen. Oder—was vor allem in den Neunzigern an der Tagesordnung war—irgendein gewiefter Produzent will mit einer Coverversion richtig viel Cash machen, ohne selbst kreativ sein zu müssen und erinnert sich an einen großartigen Song aus seiner Jugend.

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Der neueste Kreativ-Boost aus der Musikindustrie kam allerdings von Menschen, die durch die enorme Entwicklung, was Produktion angeht, nicht mehr brauchen als ein Computer und ein gemütliches Schlafzimmer. Die sogenannten Bedroom Producer haben dabei offenbar sehr viel Spaß am Covern und nicht selten fügen sie den Originalen eine Facette zu, die wir so nicht kannten, was die Sache extrem sexy macht. Hier also nun ein paar der besten Bedroom Producer-Coverversionen der letzten Jahre.

Jaymes Young—„What Is Love“ (Haddaway Cover)

Jaymes Young kommt aus dem sonnigen Los Angeles, muss aber ein verdammt melancholischer Typ sein. Und zwar mit der Art von Melancholie, die superschön ist, im Grunde viel schöner, als happy zu sein: Jaymes Young ist traurig, touching, vielleicht einen Hauch zu romantisch, aber mal ehrlich, wenn dich das kalt lässt, bist du innerlich längst tot. Viel besser als an seinem Cover des happy-happy Partykrachers von „What is Love“ von Haddaway lässt sich das kaum festmachen.

Chet Faker—„No Diggity“ (Blackstreet Cover)

Chet Faker. Unser aller Liebling und zwar spätestens seit diesem Cover von Blackstreets „No Diggity“. Schon das Original ist purer, in einen Song gegossener Sex, Chet Faker bremst das Tempo nun nochmal erheblich runter und haucht mit massiv viel Soul und Wärme in seiner Stimme „I like the way you work it“. Wer den Mann schon mal live gesehen hat, wird wissen, was passiert, wenn er die ersten Takte von „No Diggity“ spielt. Wer es noch nicht erlebt hat, mache sich auf was gefasst.

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Lo-Fang—„Boris“ (Boy Cover)

Dieser Junge, bzw. seine Musik, ist exakt das, was man als Grower bezeichnet. Du hörst dir das erstmal an und findest es alles ganz nett, ein, zwei Sachen findest du sogar richtig gut, daher hörst du es nochmal und findest es besser und besser und am Ende setzt sich seine Musik richtig fest. Einen Beitrag liefert dir Lo-Fangs Version von Boys „Boris“, dank Geige, Bass, Piccolo-Flöte und Sex-Gestöhne macht er aus einer deutlich negativen Antwort auf eine schlechte Anmache irgendwas, das zwar denselben Text hat, aber viel mehr nach Einladung klingt als nach Korb.

James Blake—„A Case Of You“ (Joni Mitchell Cover)

Als Joni Mitchell 1971 den Song „A Case Of You“ schrieb, fühlte sie sich laut eigener Aussage angreifbar und vor der ganzen Welt entblößt. Als James Blake den Song 2011 coverte, fühlte er sich wahrscheinlich nicht so, dafür hat er viele andere Menschen mit seiner Version dazu gebracht, sich ebenso zu fühlen. Dank dem wohl schönsten Video, das er je gemacht hat, und seiner eindringlichen Stimme saßen mehrere coole Großstadtkids vor dem Computer und sind hilflos in Tränen ausgebrochen, als sie merkten, dass James ihnen eben das Herz rausgerissen, in der Faust zermalmt und dann in die Ecke geworfen hat. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Joni Mitchell wäre mit dieser umgedrehten Wirkung wohl zufrieden, schließlich waren die Musikhörer der Grund dafür, dass sie sich vorkam, als hätte sie keine Geheimnisse mehr.

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Sofi De La Torre—„Yellow“ (Coldplay Cover)

Die Spanierin Sofi De La Torre geht wohl kaum als typische Bedroom-Produzentin durch, aber diese Cover-Version des Coldplay-Klassikers „Yellow“—der im übrigen aus einer Zeit stammt, in der Coldplay noch als cool galten—erfüllt alles, was ein Bedroom-Producer-Cover ausmacht: Langsame Beats, einfaches Klavier, gehauchte Lyrics, Synthie-Effekte und sehr viel Gefühl.

Låpsley—„Blue Monday“ (New Order Cover)

Als Ian Curtis 1980 Selbstmord begang, war Holly Lapsley Fletcher aka Låpsley noch gar nicht auf der Welt. Auch nicht als sich die Bandmitglieder als New Order neu formatierten und 1983 den Song „Blue Monday“ veröffentlichten. Dennoch hat die erst 17-jährige Låpsley dieses Jahr ihre Monday EP debütiert, die als Titeltrack das New Order-Cover trägt und viel ruhiger, romantischer und weniger tanzbar ist als das Original. So wie 17-jährige Mädchen heutzutage eben sind. Wir wissen eigentlich gar nicht, wie sie sind, wir kennen nämlich nur ein 17-jähriges Mädchen und das ist Lorde. Aber die würde die Coverversion von Låpsley bestimmt diggen, wie 17-Jährige so sagen.

Todd Terje—„Johhny and Mary“

Robert Palmers Mega-Überhit „Johnny and Mary“ kennt ihr natürlich, selbst wenn ihr vorher noch kurz hier klicken müsst, um eure Erinnerung aufzufrischen. Der norwegische Disco-Produzent Todd Terje kennt Robert Palmers Überhit natürlich auch, und ja, Todd Terje ist jetzt nicht unbedingt das, was man sich unter einem Bedroom Producer vorstellt. Aber hört euch diesen Song doch bitte mal an, wo soll er ihn aufgenommen haben, wenn nicht in seinem Schlafzimmer?

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*ja, Bryan Ferry muss ebenfalls in diesem Schlafzimmer anwesend gewesen sein.

Me and Oceans—„Polonaise Blankenese“ (Gottlieb Wendehals Cover)

Ja, es gibt auch in Deutschland so etwas wie Bedroom Producer und Fabian Schütze aka Me and Oceans ist wohl ein sehr gutes Beispiel für einen Musiker, der mit minimalsten Mitteln auf engstem Raum ergreifende Musik entstehen lässt. Als er den Partykracher „Polonäse Blankenese“ von Gottlieb Wendehals durch sein Schlafzimmer zog, kam dabei ein in Tränen getränktes Stück voller Moll-Akkorde heraus.

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