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Warum Drake auf ‚What A Time To Be Alive“ von Future in den Schatten gestellt wird

Seine gemeinsame Platte mit Future Hendrix, ist Drizzys erste echte Niederlage seit langem.

Auf dem Papier gehört What A Time To Be Alive zum Besten, was 2015 im Bereich Rap passiert ist. Immerhin haben zwei Künstler, die in den letzten Jahren individuell sehr erfolgreich waren, dafür zusammen an ein- und demselben Langspieler gearbeitet. Drakes im Februar veröffentlichtes Album war die einzige Veröffentlichung aus 2015, die bisher Platinstatus erreicht hat und Future hat mit Beast Mode, 56 Nights und Dirty Sprite 2 drei exzellente Projekte herausgebracht, die seine Fans begeistert haben.

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Das Resultat ihrer Zusammenarbeit sind elf Songs, die wie B-Seiten von DS2 klingen, mit einem ordentlichen Dutzend Drake-Strophen als Bonus. Das Album wird eher von Future geprägt, da seine Produzenten des Vertrauens, Metro Boomin und Southside, einen großen Teil produziert haben; im Gegensatz dazu tauchen 40 und Boi 1da, mit denen Drake regelmäßig zusammenarbeitet, nur jeweils einmal auf. Drake hat vielleicht eines der kommerziell erfolgreichsten Alben des Jahres veröffentlicht, aber Future gehören die Herzen der Leute. Für einen Künstler, der so anpassungsfähig ist und so große Angst vorm Scheitern hat wie Drake, scheint ein Kollaborationsalbum ein sicherer Weg zur Stressfreiheit zu sein. Aber: Dieser Versuch ist gescheitert. Er hat es geschafft, Migos, I Love Makonnen und beinahe auch Fetty Wap für seine Zwecke zu vereinnahmen —und geht dabei stets als Sieger vom Feld. Seine Zusammenarbeit mit Future markiert das erste Mal seit Langem, dass Drake am Ende nicht auf der Sieger-Seite steht.

What A Time To Be Alive klingt nicht wie eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, der Reiz wird dadurch jedoch nicht geschmälert. Auch wenn es, mit Ausnahme von ein paar Zeilen auf „Diamond Dancing“ und „Big Rings“ kein großartiges Back and Forth zwischen den beiden gibt, ist die Platte eine spaßige. Ganz anders als Watch the Throne—das Kanye und Jay Z in verschiedenen Hotelzimmern ge,eomsa, aufgenommen haben—klingen die fertigen Songs auf What A Time To Be Alive fast so, als hätten die beiden getrennt recordet. Diese fehlende klangliche Einheit ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass das Album überhastet aufgenommen wurde, wie Drake selbst zugegeben hat, als er es bei OVO Sound Radio vorgestellt hat. „Ich bin vor ein paar Wochen für sechs Tage nach Atlanta gefahren, in der Hoffnung ein paar Songs mit Future zu machen. Wenn du auf Future triffst, dann ist das, wie in einen Strudel zu geraten, dieser Typ arbeitet schneller als jeder andere“, so Drake.

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Es kommt nicht oft vor, dass der normalerweise sehr kalkulierte Drake jemandem hinterherläuft, aber Futures unbändiger Arbeitsethos und seine Fähigkeit, relevante Geschichten aus dem Leben zu erzählen, haben beim 6 God offenbar für Anspannung gesorgt. Drake lädt Künstler, die ihm potenziell gefährlich werden könnten, (metaphorisch gesprochen) normalerweise zu sich nach Hause ein, um sie dort dann mit einem Kissen zu ersticken, um so sicherzugehen, dass er die Kontrolle über das Rap-Game behält. Diese Vorgehensweise wird aktuell dadurch deutlich, wenn er mal wieder einen Remix zu einem Underground-Hit einen noch unbekannten Künstlers auf seine OVO Soundcloud-Seite stellt. Immer, wenn Drake einem anderen Künstler die Hand reichte, dann war das ein kalkulierter Move. Bei What A Time To Be Alive jedoch hat Drake die Fähigkeiten von Future vielleicht unterschätzt: Bei jedem Song, auf dem sie zusammen zu hören sind, wird er von diesem in den Schatten gestellt. Ist Drake vielleicht doch nicht der Rap-Dominator schlechthin?

Die Beziehung zwischen Future und Drake scheint eine wechselseitige zu sein: Ein Album mit dem größten Rapper der Welt kann Future nur zugute kommen, damit er nach seinem Dämpfer mit Honest noch stärker zurückzukommen kann. Drake hingegen kann sich mit einem der gerade angesagtesten Rapper zeigen, während er die Veröffentlichung seines lange angekündigten Projekts Views From the 6 vorbereitet. Aber Drake hatte bei diesem Projekt mehr zu verlieren als Future und das Ergebnis ist, dass er aus Versehen Schwäche gezeigt hat.

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Drakes Anziehungskraft ist zum Teil auf die kalkulierte Art zurückzuführen, mit der er sich Ideen nähert und sich auf sie bezieht, um sie zu etwas zu machen, das ganz einfach zu würdigen und zu konsumieren ist. Er versteht es wie kaum ein anderer Künstler, Worte so zu äußern, dass sie dir den Rest der Woche im Kopf bleiben. Future befindet sich am anderen Ende dieses Spektrums und nuschelt sich auf eine Art durch seine Texte, die absichtlich unzugänglich wirkt. Future ist es egal, ob du jede Zeile verstehst, die er rappt, oder nicht, aber er garantiert, dass du die Emotionen hinter den Worten fühlst, selbst dann, wenn sie fremd klingen.

Future vermittelt Gefühle von Verlust, Verzweiflung und Fatalismus in seinen Texten, während Drake einfach weiß, wie er diese Gefühle nachahmen und kopieren und mit einem glänzenden und leicht verkäuflichem Schimmer versehen kann. Wenn Future rappt: „Straight up out the gutter, never had shit / Now we got 90210 on our address”, dann willst du das mit ihm feiern, aber wenn Drake seine Strophe beginnt, indem er verkündet: „Reporting live from the gutter, I will buy this motherfucker / It’s not even a discussion”, dann ist das kitschig und eher zum Gähnen, obwohl es die gleiche Empfindung beschreibt. Drake ist in der Lage, halbgare Zeilen zu verstecken („I be in the club with the bands / Like I got the keyboard and the drums with me”“), indem er sie zwischen kraftvollen Beiträgen von Future begräbt. Nachdem du dir zehn der elf Songs des Albums angehört hast, bekommst du das Gefühl, dass Drakes Limitierungen mehr zum Vorschein kommen als seine Stärken. Drake weiß, wie er Gefühle zum Ausdruck bringt, aber Future hat den Vorteil, sich eines emotionalen Registers bedienen zu können, zu dem Drake keinen Zugang hat. Während Future bei „Digital Dash“ darüber rappt, auf dem Boden zu schlafen und seine Dämonen mit Medikamenten zu bekämpfen, erzählt Drake davon, dass er eine Frau datet, die mehr Geld verdient als er, aber: „That shit is all in the past“.

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Der Party machende, auf die guten Zeiten konzentrierte Drake von If You’re Reading This It’s Too Late ist auf diesem Projekt immer noch sehr präsent und ihm ist es zu verdanken, dass die Parts, bei denen er beschließt, seine Stimme und Ausdrucksweise in vollem Umfang zu nutzen, ein paar der zugänglichsten auf dem Album sind. „Jumpman“ ist so eingängig, dass du direkt anfängst, mit dem Kopf zu wippen, aber er wird getrübt von Drakes lahmer Bitte um Hustensaft, um mit seinem aufgesetzten „Husten“ fertig zu werden, besonders wenn man dies mit der sehr echten Codein-Abhängigkeit vergleicht, über die Future in der nächsten Strophe rappt. Obwohl Drake immer noch handwerklich geschickt ist, wenn es darum geht, chartfreundlichen HipHop zu produzieren, so macht es mehr Spaß, Future zuzuhören.

Nur auf „30 for 30“ kommt Drake dem emotionalen Level von Future nahe. Es ist der letzte Track des Albums und der einzige, der von 40 produziert wurde. Drake beginnt damit, von einem Illuminati-ähnlichen Treffen zu erzählen, das abgehalten wurde, um ihn zu stürzen. Es ist ein ergreifender Song, bei dem Drake darüber spricht, wie er seinem 19-jährigen Ich zuhört. Auf Comeback Season erzählte Drake damals davon, wie gerne er berühmt wäre, dabei hat er aber auch eine ziemlich oberflächliche Vorstellung von Berühmtheit („I'mma meet a lot of women I'mma do a lot of shoppin’“), die mittlerweile vielleicht albern wirkt, jetzt wo Drake gesehen hat, was das Berühmtsein mit sich bringt—Paranoia und so. Wenn Drake in der Lage ist, sich eingehender mit diesem Thema—seiner früheren Vorstellung von Berühmtheit verglichen mit der hässlichen Realität—zu widmen, dann gibt es vielleicht noch Hoffnung für Views From the 6. Ansonsten wird Drake vielleicht auch in Zukunft Künstlern wie Future hinterherlaufen. Leuten, die Musik machen, die einen vereinnahmt und etwas fühlen lässt. Es ist keine Niederlage für Drake, aber vor dem Hintergrund des Laufs, den er in letzter Zeit hatte, fühlt sich alles andere als ein überzeugender Sieg wie ein Schritt in die falsche Richtung an.

Slava Pastuk ist Redakteur bei Noisey Kanada. Folgt ihm bei Twitter.