FYI.

This story is over 5 years old.

Features

Die musikalischen Vorsätze der Noisey-Redaktion

Wir hören zwar nicht mit dem Rauchen auf oder wollen abnehmen, dafür haben wir wichtige musikalische Vorsätze für 2015.

Schreibtisch (Symbolfoto)

Der Jahreswechsel ist für einige Unternehmen eine wahrhafte Goldgrube. Was der Blumenladen an Muttertag ist, ist an Neujahr das Fitnesscenter, Läden die E-Dampfzigaretten verscherbeln und AA-Gruppen. Wir gehen erschöpft, geplagt, besoffen, übergewichtig aus dem endlich abgehakten letzen Jahr in eine Zeit voller Möglichkeiten.

Auch wenn wir dazu neigen uns Ziele zu stecken, die kaum bis nicht realistisch sind (was wahrscheinlich ein Grund ist, warum wir seit Jahren die gleichen haben) ist die Grundidee gar nicht mal so schlecht. Selbst wenn wir nur für zwei Wochen weniger Drogen konsumieren, nicht nur Schweinefleisch in uns reinpressen oder endlich mal die empfohlenen zwei Liter Wasser am Tag zu uns nehmen, haben wir unseren Körper zumindest soweit gut gestimmt, dass er uns darauffolgende Eskapaden nicht allzu übel nimmt. Da wir in der Redaktion aber wissen, dass wir es gar nicht erst versuchen müssen dem gesunden Lebensstil zu umarmen, haben wir Vorsätze anderer Art. Musikalischer. Auch wir sind in unserem Musikkonsum ein (ganz kleines bisschen) von der Perfektion entfernt und deshalb wollen wir dieses Jahr einige Dinge ändern. Hier ein paar Vorsätze.

Anzeige

Isabella Khom

photo credit: _ambrown via photopin cc

Öfters nüchtern auf Konzerte zu gehen

Besoffen auf einem Konzert zu sein hat durchaus seine Vorteile—zumindest wenn man en general eher einer dieser tendentiell schüchternen Menschen ist, die sich nicht trauen, so abzugehen wie es der innere, von Emotion gerüttelte Mensch verlangt. Oder wenn deine Lieblingsnummer von Bon Iver kommt und du hemmungslos heulen kannst. Aber mal ehrlich—what´s the point. Temporär hast du ein gutes Erlebnis, das am nächsten Tag nichts weiter als Rauchgestank in deinen Haaren, Tinitus und schlechter Atem ist. Nüchtern auf Konzerten zu sein ist deshalb sinnvoller, weil du dir dieses Erlebnis auf ewig (oder bis zum Alzheimer) merkst und außerdem die Musik selbst die Droge ist. Sobald eine Band (die du vorzugsweise auch magst) zu spielen beginnt, bist du ein Dopamin-getränktes Dali-Wesen, das aufgrund der Euphorie so sehr zerschmilzt, dass man dich locker über einen Ast hängen kann.

In der U-Bahn leiser Musik zu hören

Zuerst habe ich überlegt, ob ich das einzige Arschloch bin, das die warnenden, roten Balken bei meinem iPhone-Musik-Player ignoriert und so laut Musik hört, dass sie das Trommelfell so lange kitzelt bis ich einer der wenigen Menschen bin, die grinsend in der U-Bahn sitzen. Aber dann gab es Zeiten, in denen ich meine Kopfhörer vergessen/verloren/kaputt gemacht habe und gemerkt habe, dass es außer mir noch dutzende andere Arschlöcher gibt, die ihren MP3-Player mit einem Dolby Surround System verwechseln. Da kann man den Typen hören, der zwei Sitzreihen hinter dir sitzt, der zu Schranz einen Steifen bekommt, dass es tatsächlich Menschen gibt, die Bollywood-Soundtracks hören oder das der intensive Körpergeruch vielleicht von dem Typen kommt, der Speed Metal hört. Des öfteren musste ich mir von diversen Öffi-Nutzern sagen lassen, dass es „unerhört und inakzeptabel ist“ sich von meinem Lärm zwangsberieseln zu lassen. Fair enough. Wenn die 80-jährige Dame, der du gerade eben noch deinen Sitzplatz angeboten hast, wütend zu dir aufschaut und ihren Finger mahnend durch die sauerstoffarme Luft wirbelt, weißt du, dass sie entweder ein scheißgutes Hörgerät besitzt oder dass du es übertreibst. Eigentlich höre ich Musik im öffentlichen Raum ja deshalb so laut, weil er mir gestohlen bleiben kann, aber andererseits will ich mal versuchen weniger Egoist und mehr nicht grinsender, in gemäßigter Lautstärke Musik hörender Fahr- bzw Fadgast zu sein.

Anzeige

Musik wieder einmal ohne Ablenkung zu hören

Hört sich einfacher an als es ist. Wenn ich nicht gerade auf einem Konzert bin, höre ich Musik meist nur nebenbei. Entweder ich mache irgendeinen wichtigen oder sehr unwichtigen Mist am Laptop, sehe mir daneben noch einen Film an, streite mit irgendjemandem darüber, dass es ihm egal sein kann, ob ich das Lied schon zum zehnten Mal höre, randaliere durch die Wohnung (aka räume auf) etc. Sehr oft frage ich mich, wo die kindlich-neugierigen Zeiten hin sind, als man noch in seinem Zimmer lag und jede Songzeile aufgesogen hat, über den Weltschmerz nachgedacht hat, an die erste große Liebe gedacht hat oder am besten: an gar nichts gedacht hat. Wir sind die Generation auditiv gestörter Zappelphillipps, die verlernt hat zuzuhören. Ich werde mich am Wochenende einfach mal auf mein Bett drapieren und nichts tun, außer Musik zu hören. Vielleicht ist das ja wie Rad fahren und ich kann es ja doch noch.

Mein musikalischer Wunsch: Dass internationale Acts seltener auf Österreich scheißen

Gerade gestern habe ich mich maßlos darüber geärgert, dass Ariel Pink heuer (Stand heute) nicht nach Österreich kommt. Aber hey, er spielt in Berlin. Im März. Unter der Woche. Berlin wäre ja nicht das Problem, März auch noch nicht wirklich, aber unter der Woche—das ist schon eher zum Heulen, Kotzen oder beidem. Liebe Bands, auch wir haben ein Recht viel zu viel Geld für eure Konzerte auszugeben.

Anzeige

Tori Reichel

photo credit: pocuswhiteface via photopin cc

Songtexte genauer zu lesen

Ja sicher, meistens versteht man den textlichen Inhalt rein technisch gesehen schon. Aber wie oft checkt man eigentlich doch nicht so wirklich, was uns die Musiker mit ihren Texten letztendlich eigentlich sagen wollen? Fehlintepretierte Songtexte stellen—ähnlich wie heilige Schriften und ein guten Teil der deutschsprachigen Wikipedia-Einträge—ein äußerst gefährliches Halbwissen dar. Ich habe zum Beispiel einige Zeit geglaubt —und das ist mir im Nachhinein fast ein bisschen peinlich—dass „Take Me To Church“ von Hozier eine Art Loblied an die Katholische Kirche sein muss, und dass Hozier wahrscheinlich so eine Art Christian Rock-Artist ist, oder so. Hätt ich mir den Text mal früher ordentlich durchgelesen.

Dabei wird’s einem 2015 eh schon so leicht gemacht – zu so ziemlich jeder Single werden Lyric-Videos veröffentlicht, die ungefähr genau so aufwendig produziert sind wie die Musikvideos selbst, und bei denen es sogar Spaß macht, sich mit den Texten auseinanderzusetzen. Und auf Genius sind selbst die einzelnen Zeilen eines Songs oft so absurd detailliert erklärt, dass man sich gut mal einen verkaterten Tag lang nur mit Lyrics auseinandersetzen kann. Genau das habe ich 2015 öfter vor.

Seltener die musikalische Macht im Freundeskreis an mich reißen

Vielleicht ist dieses teuflische Verlangen, seine Freunde Abend für Abend systematisch zum Hören seiner neuesten Lieblingsmusik zu nötigen, einfach nur menschlich. Trotzdem frage ich mich immer öfter, warum ich mich freiwillig am Krieg um das Auxkabel beteilige. Ich meine, natürlich ist mein persönlicher Musikgeschmack meiner Meinung nach der Shit, aber muss ich es permanent jedem reindrücken? Letztendlich ist es beim Hobby-DJ-Krieg doch ganz ähnlich es bei den meisten Kriegen: Es geht hauptsächlich ums Ego und um postpubertäre Selbstdarstellung.

Anzeige

Ich habe mir deshalb vorgenommen, mich öfter zurückzunehmen, und ich kann all den Auxkabel-Kriegern unter euch nur empfehlen es mir gleichzutun. Lasst los. Ihr werden es genießen, nicht bei jeder Autofahrt mit Freunden und bei jedem Vorglühen permanent auf der Suche nach dem perfekten nächsten Song zu sein. Und ganz nebenbei werdet ihr einen Haufen neuer Songs entdecken, wenn ihr euren Freunden das Auxkabel-Zepter übergebt. Dieser Schritt wird eure Lebensqualität 2015 definitiv erhöhen.

Weniger Opening Acts auf Konzerten und in Clubs zu verpassen

Wien ist, nicht nur aber auch, wenn es zum Konzert- und Nachtleben kommt, eine Hochburg der Gemütlichkeit und in Folge auch des chronischen zu spät kommens—nicht umsonst sind die Schlangen vor den Saunas und Forellen um zwei Uhr morgens am längsten und die Konzertsäle erst dann voll, wenn der Mainact schon zu spielen begonnen hat. Diese Tatsache kommt zwar einerseits dem Gemütszustand des klassischen Studenten sehr entgegen. Der verheerende Nachteil ist aber, dass man immer und immer wieder dazu neigt, die oft ebenso grandiosen Bands und DJs, die aber die undankbare Rolle des Voracts inne haben, versäumt.

Mit den Voracts, die ich in den letzten Jahren so verpasst habe, könnte man wahrscheinlich ein Festival-Lineup füllen, für das man heute einen dicken Patzen Geld zahlen müsste. Ich will es mir gar nicht genau durchrechnen, sonst fühle ich mich wie ein Raucher, dem bewusst wird, dass er mit seinem Zigarettengeld vermutlich schon eine Weltreise hätte machen können. Stattdessen nehme ich mir einfach von meinen Arsch in Zukunft zeitiger hochzubekommen, ab und zu mal eine Stunde früher aufzukreuzen und dadurch einen Haufen neuer Musik zu entdecken.

Anzeige

Mein musikalischer Wunsch

Mich endlich von Moneyboys Live-Qualitäten überzeugen , und nebenbei versuchen den Boy ein für alle mal zu durchschauen zu tun.

Nicole Schöndorfer

photo credit: rcourtie via photopin cc

Es mehr schätzen, in Presseverteilern zu sein

Ich freue mich ja immer irrsinnig, wenn mich Labels und Veranstalter in ihre Presseverteiler aufnehmen wollen. Ich fühle mich dann vor allen Dingen wichtig. Dass ich die Mails dann meist nur ganz kurz anklicke, damit die Ungelesen-Anzeige verschwindet und ich sie später nie wieder aufmache, ist eigentlich bescheuert. Was da alles drinstehen könnte. Wie viele tolle Bands und Events ich da schon verpasst haben könnte. Und was, wenn das jeder von uns macht? 2015 lese ich also alle Mails und werde somit viel mehr wissen, als ihr alle. Hah!

Songs nicht so oft hören bis ich sie nicht mehr hören kann

2014 waren es Songs wie Sias „Chandelier“ oder Rustie feat. Danny Browns „Attak“, die ich so oft gehört habe, dass mich mittlerweile schon die ersten Takte erschaudern lassen. Sie waren bestimmt unter meinen liebsten Songs des Jahres, obwohl ich sie im Dezember schon lange nicht mehr hören wollte. Dass sie auch in diversen Playlists zum Putzen und Duschen waren, macht die Sache nicht unbedingt besser. Ich nehme mir für dieses Musikjahr also vor, Lieblingssongs nicht mehr bis zum absoluten Gehtnichtmehr zu hören, sondern mir schon vorher eine Art Mahnung zu erteilen, damit ich sie länger gut finden kann und nicht sofort in Panik gerate, wenn sie irgendwo laufen.

Anzeige

Videos zu Ende ansehen, Songs zu Ende hören

Erscheint ein neues Musikvideo in meinem Newsfeed, klicke ich es sofort an. Ich schaue mir dann die ersten eineinhalb bis zwei Minuten an, bin begeistert/überrascht/enttäuscht, pausiere es, poste es auf Facebook oder Twitter und bin im nächsten Moment schon wieder ganz woanders. Das Video steht immer noch bei 2:03, nach ein paar Stunden schließe ich das Tab. Dass ich dabei den wahrscheinlich wichtigsten Teil verpasse, nämlich das Ende, die Auflösung quasi, ist mir in dem Moment zwar bewusst, aber seltsamerweise auch genauso wurscht.

Ähnlich, wenn auch nicht ganz so extrem, ist es übrigens bei Songs. Yeah, Action Bronson hat einen neuen Song veröffentlicht, den höre ich mir doch gleich einmal an. Freude, gefälliges Nicken, dann pausieren. Nach ein paar Stunden schließe ich das Tab. Habe ich tatsächlich keine drei bis vier Minuten Zeit, sondern nur zwei? Was für ein Schwachsinn.

Musikalischer Wunsch für 2015

Am 1. April spielen Bilderbuch in der Arena und obwohl ich da unbedingt hin wollte, habe ich es natürlich verpasst, mir rechtzeitig ein Ticket zu besorgen. Wie so oft. Das ist jetzt also nicht nur ein Wunsch, sondern ein weiterer Vorsatz für 2015. Tickets immer sofort checken! Jedenfalls will ich auf das Konzert gehen. Wer also eine Karte übrig hat, der wende sich doch bitte an die Noisey-Redaktion. Danke.

Jonas Vogt

photo credit: dwhartwig via photopin cc

Anzeige

Mehr Alben hören

Ja, das Album verliert an kultureller Relevanz. Diese Analyse ist zwar mehr gähn als spannend, aber nichtsdestotrotz halt einfach wahr. Singles müssen performen, Songs müssen performen, sogar Snippets von Songs müssen performen. Auch ich erwische mich oft genug bei der „Skipperitis“, also dem Springen zwischen Songs und hin zu den Flaggschiffen eines Albums. Lass uns jetzt nicht zu romantisierend werden: Das war früher auch schon in Ansätzen so. Aber in der (auch gar nicht mal so) guten alten Zeit hatte ich zumindest immer einen versteckten Lieblingssong auf jeder Platte. Heute besteht die Gefahr, viele diese Perlen einfach zu übersehen. Das Album als Kunstform ist zu wichtig und zu gut, um es langsam auslaufen zu lassen. Es sollte gerettet werden.

Mehr Konzerte am Gürtel von Bands besuchen, die ich nicht kenne

In einer Musikredaktion zu arbeiten hat ein paar unbestreitbare Vorteile. Man hört früh von Bands, die irgendwann mal sehr groß werden (könnten), erfährt zeitgerecht von Konzertterminen dieser Bands—und muss dafür sogar oft nichts bezahlen. Das führt aber ein bisschen zu dem Problem, dass der Konzertkalender irgendwann sehr voll mit Hypebands ist—die man sich im schlimmsten Fall auch nur anschaut, um sie „mal gesehen zu haben“. Und dazu, dass man denkt, man würde eh alles kennen. Das ist natürlich völliger Schwachsinn. Allein in Wien spielt jede Woche eine Unmenge an lokalen oder kleineren internationalen Bands, von denen ich noch nie gehört habe—das merke ich immer, wenn ich mir die Termin-Plakate des Rhiz, Chelseas etc. anschaue. Das liegt sicher teilweise an mangelnder Pressearbeit, teilweise sicher auch an meiner Ignoranz. Deshalb mein Vorsatz: Öfter einfach mal abends an den Gürtel gehen und sich eine Band anschauen, die ich vorher nicht kannte. Life is like a box of chocolate.

Mehr in „die Bundesländer“ (welch furchtbarer Ausdruck)

Manchmal denke ich, dass ich der allerschlimmste Mensch der Welt bin. Eigentlich bin ich nur ein (mittlerweile) prototypischer Bewohner Wiens, aber das reicht ja eigentlich: Mein Leben spielt sich vollständig innerhalb der Grenzen der Bundeshauptstadt ab, und ich verlasse sie quasi nur, um mal zum Flughafen und ein, zwei mal im Jahr nach Graz zu fahren. Es gibt sehr viele Locations, Festivals und Orte, von denen ich aus sicheren Quellen weiß, dass sie nicht nur lokale Bedeutung haben, sondern auch einfach objektiv gesehen wahnsinnig großartig sind: Das Conrad Sohm und der Spielboden in Dornbirn, die Tante Emma in Innsbruck, die Cselley Mühle in Oslip etc pp. Popkultur passiert, auch abseits der beiden größten Städte Österreichs. Heuer werde ich mir das öfter anschauen.

Mein musikalischer Wunsch: Nachdem er für ein Konzert zu teuer ist, soll bitte irgendein ein Festival Kendrick buchen. Bitte.

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.