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Die Grammy-Jury ist nicht rassistisch, sie hat nur keine Ahnung von HipHop

Sieh dir die Geschichte an. Es ist peinlich.
Ryan Bassil
London, GB

Bis auf die Auszeichnung für Frank Ocean bei den Brit Awards 2013 liegen die Leute, die bei Award Shows die Gewinner wählen, fast immer falsch und die Leute, die sie kritisieren, fast immer richtig.

Dies ist schon seit Langem der Status Quo und auch der Grund, warum jeder so überrascht wie ein gleichgültiger Teelöffel war, als Macklemore die Grammy Awards für den besten Rapsong, das beste Rapalbum und die beste Rap-Performance gewonnen hat und dabei Leute wie Drake, Kanye, A$AP und Kendrick hinter sich gelassen hat.

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Natürlich ist das nicht richtig. Die Tatsache, dass Macklemore gewonnen hat, sollte ein Versehen, ein unabsichtlicher Fehler sein und wir sollten überrascht sein, zum Staples Center rennen und mit Mistgabeln in der Hand Vergeltung für so einen Mist üben. Kendrick Lamar ist der Gewinner der Herzen, Good Kid, M.A.A.D City ist das Illmatic unserer Zeit und natürlich hätte K Dot diesen Award gewinnen sollen. Zu hundert Prozent. Ist mir egal. Lasst mich in Ruhe. ICH HABE RECHT, ER IST DER BESTE.

*Tief Luftholen*

Aber das war keine Ausnahme und auch kein Versehen und egal, wie viele berühmte Leute, normale Leute und falsche Internet-Accounts sagen, dass Kendrick hätte gewinnen sollen, Macklemore ist am Morgen danach als Grammy-Gewinner aufgewacht. Und so wird es jeden weiteren Morgen sein.

Da Macklemore ein weißer, politisch korrekter Künstler ist, den deine Mutter mag, und Kendrick ein schwarzer Jugendlicher aus Compton, wäre es einfach, die 2013 so beliebte Rassismus-Keule zu schwingen und schreiende Ungerechtigkeit zu beklagen, oder einen Versuch von fetten Männern in Anzügen, dahinter zu vermuten, HipHop zu einem von weißen dominierten Metier zu machen. Macklemore hat jedoch nicht gewonnen, weil er weiß ist und er hat auch nicht gewonnen, weil die Strippenzieher bei den Grammys HipHop konservativer machen wollen. Macklemore hat gewonnen, weil die Verantwortlichen, obwohl einige von ihnen HipHop-Labels betreiben und mit Künstlern arbeiten, zu einem großen Teil absolut keine Ahnung von HipHop haben und „Thrift Shop“ sich 6 Millionen Mal verkauft hat—und somit offensichtlich das Größte ist, was ihrer Meinung nach im letzten Jahr im HipHop passiert ist.

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Tatsache ist, dass die Mehrheit der Grammy Academy schon immer ziemlich wenig über HipHop wusste. Damals, 1989, als das Genre zum ersten Mal bei den Grammys aufgenommen wurde, gab es nur die Kategorie für die beste Rap-Performance. Trotz solcher Platten wie Straight Outta Compton, It Takes a Nation of Millions to Hold us Back und The Great Adventures of Slick Rick, die alle in dem Jahr veröffentlicht wurden, wurde Rap von den Grammys als ein „Single-Genre“ angesehen und nicht als der Lieferant für bahnbrechende Alben, zu dem es wurde. Die Auszeichnung für die beste Rap-Performance ging dann an Will Smith und Jazzy Jeff mit ihrem Radio-Hit „Parent’s Just Don’t Understand“. Ihr wisst also Bescheid.

„Let’s Get It Started“ von den Black Eyed Peas bekam 2005 die Auszeichnung und ließ damit „Ch-Check It Out“, „Drop It Like It’s Hot“ und „Lean Back“ hinter sich. In dem Jahr, in dem Ready to Die, Illmatic und das Debütalbum von Outkast rauskamen, gewann Tony Bennett, ein alter, langweiliger Typ, der auf jeden Fall KEINE ganze Generation beeinflusst hat, den Preis für das Album des Jahres. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Grammy-Gewinner in der Regel die Leute sind, die die meisten Platten verkaufen, dann ergibt beides Sinn. The Black Eyed Peas haben die Charts dominiert, während Outkast ziemlich Underground waren und Illmatic und Ready to Die von Leuten außerhalb des HipHops gar nicht beachtet wurden, weshalb sie auch nicht nominiert waren.

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Die meisten Leute argumentieren, dass die Grammys nur Verkaufszahlen und Radiopräsenz wiederspiegeln und dass die Alben, die sich in dieser Hinsicht am besten gemacht haben, die meisten Stimmen aus dem Musikgeschäft bekommen. Das ist innerhalb der Rap-Kategorien richtig, die letzten Gewinner in der Kategorie Rapalbum des Jahres—Take Care, My Beautiful Dark Twisted Fantasy und Tha Carter III—haben sich alle auch mit am besten verkauft. Aber das Grammy-Team spielt nicht nach seinen eigenen Regeln, wenn es um andere Kategorien geht. 2001 verlor die The Marshall Mathers LP trotz 1,7 Millionen verkaufter Platten allein in der ersten Woche gegen Steely Dan. Ebenso verlor Tha Carter III gegen ein Duettalbum von Bluegrass-Sängerin Allison Krauss und Robert Plant. Es scheint, als sei das Ganze in der Rap-Kategorie ein Award für Verkaufszahlen, in den prestigeträchtigen Kategorien, die die Jury wirklich interessieren, ist jedoch persönlicher Geschmack ausschlaggebend. Das Resultat ist, dass bahnbrechende Meilensteine der Kunst bei den Awards gegen solchen Mist wie Mumford and Sons verlieren.

Das einzige Mal, dass ein Rapalbum den Preis für das beste Album des Jahres gewann, war 2004 Speakerboxx/The Love Below, eine Platte, die DIAMANTENSTATUS erreicht und ELF MAL PLATIN gewonnen hat. Es ist toll, das Outkast gewonnen haben, ich freue mich wirklich für sie und ich mache keine Witze darüber, ABER: Viele andere großartige, wertvolle und bahnbrechende Rap-Platten hätten danach Album des Jahres werden können und müssen.

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Das Macklemore-Debakel beweist, wie sehr die Herangehensweise, dass der gewinnt, der die meisten Platten verkauft, ausgedient hat. Die Grammys haben HipHop bislang genauso wenig verstanden, wie ich die Auftaufunktion einer Mikrowelle. Für sie ist Rap eine Nebenkategorie und kann sich noch nicht gegen den Musikgeschmack der meisten Academy-Mitglieder durchsetzen.

Was ist also die Lösung?

Bei den Grammys stimmen die Mitglieder der National Academy of Recording Arts and Sciences ab, wenn du also wirklich willst, könntest du beitreten, den kleinen Ausdruck lesen, die Kästchen ankreuzen und für den abstimmen, der deiner Meinung nach gewinnen sollte. Das einzige Problem dabei ist, dass das in der Realität kein so öffentlicher und einfacher Prozess ist, also gibt es im Grunde keine Lösung. Sorry. Stattdessen sind immer noch die gleichen Leute verantwortlich. Rapmusik verkauft sich in den USA millionenfach und letztendlich ist es ziemlich peinlich, wenn die öffentliche Meinung fortschrittlicher ist, als die von den Leuten, die die Awards übergeben.

Folgt Ryan bei Twitter: @RyanBassil (http://www.twitter.com/ryanbassil)

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