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Die Kantine bleibt erstmal offen

Wir haben mit den Machern darüber gesprochen, warum sie jetzt doch nicht zumachen müssen. Und welche Pläne sie jetzt haben.

So wirklich intensiv haben sie es ja nicht beworben. Und deshalb ist die Chance, dass es viele von euch nicht mitbekommen haben, recht hoch. Aber Die Kantine—der Club, der Ende September als temporäre Veranstaltung in der Kantine des alten Zollamts im dritten Wiener Gemeindebezirks eröffnete—hat weiterhin offen. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung, dass am 31.12. Schluß sein sollte. Und das wird auch erstmal weiterhin so bleiben. Warum sich die Tore für den Club doch noch nicht geschlossen haben, welche Umbaumaßnahmen und Pläne die Macher jetzt haben und welche Learnings sie gezogen haben, hat uns Bono Goldbaum bei einem Gespräch erklärt.

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Noisey: Die Kantine gibt es jetzt seit September. Und es wird sie offenbar auch erstmal noch ein wenig weiter geben.
Ja, das stimmt.

Mit welcher Vorlaufzeit erfahrt ihr, wie lange ihr bleiben dürft?
Wir erfahren immer drei, vier Monate vorab, wie lange wir den Raum noch nutzen können. Derweil haben wir die Zusicherung bis 2016 drinnen zu bleiben, da sich das Bauvorhaben verzögern wird.

Was waren die Learnings aus den ersten drei Monaten?
Wir haben vieles gelernt, vieles verändert und verändern auch stets weiter, denn ich glaube, dass es essenziell wichtig ist dass Bewegung herrscht, zumindest wird uns somit nie langweilig. Wir geben uns da schon Mühe auf unser Publikum einzugehen und sind generell offen für Verbesserungsvorschläge.

Zum Beispiel?
Die kleinen Probleme mit unserer früheren Securityfirma. Die waren teils schon ein wenig überfordert mit dem Ganzen. Wir haben das jetzt an Ante Portas übergeben, welche definitiv ein sehr gutes und eingespieltes Team haben, das merkt man jetzt schon nach einigen Wochen an der generell ausgelasseneren Stimmung im Club. Im Endeffekt steht und fällt alles mit einer guten Tür. Der zweite Floor wurde komplett umgebaut: Wir haben die Decke rausgerissen, das DJ-Pult verlagert: Der DJ spielt jetzt mitten im Raum, und die Leute stehen rundherum. Auch vom Booking her haben wir viel gelernt—was funktioniert, was funktioniert nicht? Wie weit erlauben wir uns ein spezielleres Booking zu machen, und wie finden wir da eine schöne Mittellinie? Wir haben ein gutes Team, in dem jeder irgendwie in der Szene verankert ist, sei es als DJ oder Veranstalter. Da ergänzt man sich gut.

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Was ist deine Rolle dort?
Als Art Director kümmere ich mich neben dem Booking mit meinem Team um das Design, Promo und generell alles, was nach außen hin geht.

Wie viele Leute seid ihr im Team?
Also vom Gastroteam, über Handwerker und Techniker bis hin zum Management sind wir schon circa 30 Leute.

Macht ihr die Bar selbst?
Ja, der Club macht die Gastro selbst.

Wie seid ihr damals eigentlich überhaupt an die Location gekommen?
Die wurde uns von der Soravia Immobiliengesellschaft unter der Leitung von Herrn Brauneder als Zwischennutzung für kulturelle Zwecke zur Verfügung gestellt, bis mit dem Abriss begonnen werden kann. Bis zum Abriss wird es noch einige Mehrfachnutzungen geben.

War es schwer, die Genehmigungen für den Club zu bekommen?
Ich glaube, das ist in Wien generell schwierig. Wir sind schon sehr bemüht, dass wir mit dem Magistrat im Klaren sind. Da versuchen wir so weit wie möglich mit und nicht gegen die Stadt zu arbeiten. Bislang gab es noch keine Probleme.

Vermutlich hat es auch den Vorteil, das die Kantine ziemlich weit draußen ist.
Ja, genau. Auf der einen Seite haben wir die verlassenen Hochhäuser vom ehemaligen Zollamt, auf der anderen die Autobahn, dennoch erreicht man die Kantine sehr leicht öffentlich oder mit dem Auto. Das ist schon ein gewisser Vorteil.

Für wie viele Leute ist die Kantine ausgelegt?
Also im Großen und Ganzen ist der Club recht überschaubar. Wenn man eine etwas speziellere Nacht geplant hat mit weniger Publikum fühlt man sich nicht so schnell einsam. Aber auch bei einem sehr starken Booking, wo es schon recht voll werden kann, wird er nicht all zu schnell zu einer Sardinenbüchse, da haben wir schon einen kleinen Buffer mit den Gängen und der Bakery (dem kleineren Floor). Natürlich variiert die Besucherzahl sehr wohl auch bei uns. Wenn wir einen sehr starken Act hatten, schauen wir, dass wir das durch ein etwas alternatives, spezielleres Programm ergänzen. Wir werden jetzt zum Beispiel auch das Mainframe mit Drum´n´Bass sowie die Cosmic Space Disco (Progressive - Goa/Psy Trance Veranstaltung) bei uns im Haus haben. Ich glaube, das ist eine schöne Ergänzung zum restlichen Programm.

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Wie hat das Wiener Publikum den Club angenommen?
Anfangs skeptisch, aber jetzt nach drei, vier Monaten gut. Die Wiener Community ist überschaubar, natürlich hat man sehr viele Leute aus anderen Szenen, die auch unseren Club besuchen. Wir versuchen uns aber schon ein Stammpublikum zu generieren. Mittlerweile respektiert man uns, und wir kommen auch wieder mit anderen Clubs ins Gespräch. Man muss ja miteinander auszukommen, und sich vor allem wegen dem Booking abzusprechen, immerhin will man ja gemeinsam etwas für die Szene machen.

Das war anfangs schwieriger?
Da war das natürlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Wie sehr hat euch der fast mythische Ruf der Function One geholfen?
Sicher viel. Ich war ja auch selber begeistert. Bei der Function One weiß man, dass sie funktioniert, sie ist verlässlich und natürlich großartig und druckvoll. Wir haben aber auch vier Nächte damit zugebracht, sie so einzustellen, dass es passt. Das ist gar nicht so einfach wenn man bedenkt, dass der Club zwei komplette Glasfronten hat. Eigentlich ein Sound-Horror und dennoch fantastisch gelöst.

Habt ihr eine Türpolitik?
Ja, wir hatten schon von Anfang an eine Türpolitik, welche zum Teil an der Security Firma gescheitert ist. Da haben wir natürlich viel daraus gelernt, mittlerweile sind wir da schon strenger…

Hattest du schon erwähnt: Ihr habt die Security-Firma gewechselt.
Mit Ante Portas haben wir eine sehr gute Wahl getroffen. Ich kenne die Jungs seit einigen Jahren. Man merkt auch beim Publikum, dass es sich wohler fühlt. Die Atmosphäre ist viel besser geworden. Die Jungs verstehen ihr Handwerk und gehen auf die Leute ein, das schätze ich sehr.

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Wie würdest du euer Publikum beschreiben?
Ich glaube das Publikum in Wien hat sich in den letzten Jahren sehr durchmischt. Man kann nicht mehr sagen „Das ist das Camera Club Publikum, das ist das Pratersauna Publikum.“ Unser Publikum ist älter als der Durchschnitt, wie wir merken—zwischen 19 und 30 Jahre alt. Drunter gar nicht, das ist auch gut so. Wir versuchen den Altersschnitt so weit wie möglich zu heben, um gewissen Sachen vorzubeugen. Wir haben Freaks da, Leute die sich mal verirren oder mal im Hemd daher kommen. Natürlich sind alle gerne willkommen, solange er die Stimmung nicht runterzieht. Ich würde jeden reinlassen, der motiviert ist und zum Feiern da ist. So soll das auch sein.

Was sind eure Pläne für das nächste Jahr?
Wir planen einen schönen kleinen Outdoor-Bereich, der so ab Mai kommen wird und im Sommer ein großes Thema sein wird. Auch die alternativen Nutzungsmöglichkeiten unter der Woche oder der „Neues Stück, Neues Glück“—Flohmarkt. Die Wiener Achse wird ein paar Ausstellungen machen und ein Konzert geben. Und wir haben natürlich noch ein paar sehr gute und große Namen wie Kink, Matador oder Aka Aka, die wir nach Wien bringen werden.

Gibt es in Wien Gerüchte über euch, die dich stören?
Das ist halt typisch Wien: Es wird immer sehr viel schlecht geredet, das ist unsere Kaffeehauskultur, aber im Endeffekt kann man sich ja nicht beschweren. Solange man noch über uns redet ist alles in Ordnung.

Was hast du dir persönlich vorgenommen?
Die Programmierung der Wochenenden noch besser zu machen und zu verfeinern. Acts nach Wien zu bringen, die hier seltener sind, und nicht immer nur sure shots zu machen. Außerdem will ich den Club wohnlicher und angenehmer machen. Es gibt nichts schöneres, als wenn man in einen Club kommt, sich wohl fühlt und am liebsten drei Tage drin bleiben würde. Das versuchen mein Team und ich umzusetzen.

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