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Noisey Blog

Die Grelle Forelle baut sich um

Erweitertes Konzept, neue Geschäftsführung, Halbierung der Clubfläche—die Forelle hatte uns im Interview einiges zu erzählen.

Foto: Stefanie Katzinger

Die Grelle Forelle ist jetzt mitten in ihrem vierten Jahr. Der Wiener Club an dem Teil des Donaukanals, an den man sich normalerweise nicht zufällig verirrt, hat sich dabei konsequent erneuert und an Schrauben gedreht. Gestartet als relativ monothematischer Techno-Club mit internationalem Anspruch, damit ein klein bisschen baden gegangen, das Team erweitert und sich geöffnet, den Chefbooker gewechselt und so weiter. Sowas ist wichtig. Wer stehen bleibt, fällt zurück.

Als uns letzte Woche Matthias Balgavy, der Geschäftsführer der Forelle (und ehemaliger VICE-Event-Chef) anruft und mitteilt, es gäbe Neuigkeiten, war dementsprechend auch schnell klar, dass das vermutlich kein leeres Gerede ist. Ein kurzes tl;dr für Leute, die keine Zeit haben, sich ein langes Interview über Gegenwart und Zukunft eines bedeutenden Wiener Clubs durchzulesen: Die Forelle wird sich quasi zweiteilen. Der Clubbereich am Mainfloor bleibt bestehen, im anderen Teil wird ein Restaurant mit Bar hineinkommen. Außerdem will die Forelle noch viel mehr auf Konzerte setzen. Für dieses Großprojekt, das wohl die nächsten zwei Jahre in Anspruch nehmen wird, wird Matthias nicht nur die Geschäftsführung an Johannes Piller-Giroud und Peter Balon übergeben. Sondern auch das gesamte Areal wird umgebaut. Die Grelle Forelle will damit „noch mehr auf Inhalte setzen“. Was das genau heißt, könnt ihr unten lesen.

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Noisey: Du hattest im Vorfeld angekündigt, dass es einige Neuerungen geben wird. Aber fangen wir trotzdem mal mit eurem Ist-Zustand an.
Matthias: Die Forelle ist jetzt im vierten Jahr, und wir haben in letzter Zeit sehr viel herumexperimentiert. Seitdem ich dabei bin, haben wir diverse Formate ausprobiert und Musikrichtungen ausgetestet. Wir haben auch die Gastronomie selbst übernommen, die im ersten Jahr noch ausgelagert war. Im letzten Jahr haben wir einen Testbetrieb gestartet, bei dem immer mehr Live-Konzerte umgesetzt wurden. Im Herbst beginnt unsere erste offizielle Konzertsaison. Diese ist eben ein deutlicher Unterschied zu unserer Club-Schiene. Das bedeutet einen ganz anderen Personalaufwand und ein anderes Publikum. Du öffnest dich—weg von diesem ursprünglichen Freitag, Samstag, Techno-Party, Vollgas-und-danach-sind-wir-wieder-weg-für-fünf-Tage—hin zu mehr Inhalten und Vielseitigkeit. Die Zusammenhänge sollen Sinn machen und nach Außen ein gewisses Bild abliefern. Wir haben uns in den letzten Monaten sehr viele Gedanken darüber gemacht, wo wir in den nächsten Jahren hinwollen, was wir darstellen möchten und wie wir eine Bereicherung für die Stadt sein können. Es ist viel Geld investiert worden, um einen Club mit internationalem Niveau nach Wien zu bringen. Das ist auch gelungen. Es gibt ein breites Spektrum, dem wir uns da geöffnet haben. Aber wo soll das hingehen? Was unterscheidet uns von anderen Clubs? Und was sind unsere Ziele? Wir wollen natürlich nie stehen bleiben, wir wollen nicht fad werden, wir wollen nicht irgendeinen Scheiß umsetzen, um schnell Geld zu machen und ohne Rückgrat da zu stehen. Natürlich müssen aber auch wir den „Spagat“ schaffen: Auf der einen Seite die vielen Rechnungen zahlen können und viele Leute in den Club bringen, auf der anderen Seite die zeitgemäßen, interessanten Inhalte liefern … und Spaß soll das Ganze auch noch machen. Das ist in Wien und Österreich sowieso schwierig.

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Wenn du schon die Rechnungen ansprichst: Wie läuft es denn finanziell gerade bei euch?
Mittelmäßig. Es gibt viele Abende, an denen wir sehr zufrieden sind, aber auch einige, die nicht so funktionieren, wie wir sie uns vorstellen. Gerade auch bei anspruchsvolleren Geschichten im Avantgarde-Bereich und bei Sachen, die in die subversivere Ecke gehen, machst du kein Geld. Du kannst froh sein, wenn du mit Null aussteigst. Es funktioniert leider gerade nicht ausreichend, diese Dinge mitzufinanzieren, da wir weder Förderungen noch Subventionen in Anspruch nehmen.

Wie viele Leute arbeiten bei euch?
Ich habe derzeit etwa 40 Angestellte, plus noch etwa 20 Securitys, die aber von einer Partnerfirma kommen. Es ist schon sehr viel Verantwortung. Wenn du dir eben nicht nur zum Ziel machst zu existieren, dann ist es mitunter auch sehr hart. Und darum sind wir zu dem Punkt gekommen, dass wir weiter hinten an größeren Schrauben drehen müssen.

Was heißt das konkret?
Wir werden den Club umbauen und wollen noch mehr auf spitze Inhalte setzen. Wir haben das Architekturbüro Kohlmayr Lutter Knapp mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, um zu sehen, was wir mit der Immobilie anfangen und wie wir unseren Platz und unseren Raum bestmöglich ausnutzen können. Es muss ja nicht alles genauso bleiben wie es ist. Das Resultat der Studie zeigt, dass vieles möglich ist. Konkret heißt das: Wir werden den Club verkleinern und ihn quasi in zwei Teile spalten. Davon wird ein Teil—der Mainfloor—als Herzstück im Club bleiben, mit einer Kapazität von etwa 500 Leuten. Daneben werden wir einen neuen Gastronomiebetrieb mit einer angeschlossenen Bar entwickeln. All das, was wir in letzter Zeit ausprobiert haben, wird auf den Punkt gebracht. Wir haben einen vollwertigen Club und daneben ein Restaurant mit ausgeklügelter Getränkekarte. Mit der Verkleinerung der Venue habe ich weniger Personalaufwand und zahle weniger Miete. Dadurch nehme wir etwas Druck aus dem Club. Durch die Verkleinerung sind auch Veranstaltungen, die nicht auf Masse ausgelegt sind, besser finanzierbar.

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Wird der Mainfloor kleiner? Du musst ja zum Beispiel die Garderobe unterbringen?
Nein. Der Mainfloor bleibt von der Fläche her so wie er ist. Im Grunde werden Küche und Toiletten abgetrennt. Die riesige Terrasse mit 1500 Quadratmetern wird ebenfalls umgebaut. Der Zugang zum Club wird sich mit neuem Foyer und neuer Garderobe komplett verändern. Uns hat es auch sehr gefreut und überrascht, dass diese Vorhaben bewilligt wurden und wir unseren logischen, nächsten Schritt machen können. Da geht es auch um Gegensätze, die sich trotzdem ergänzen: Da wir uns seit etwa drei Jahren mit Essen beschäftigen, sind wir jetzt endlich so weit, dass wir mit einem Partner ein eigenes Restaurant-Projekt umsetzen werden. Das soll ebenfalls neue Maßstäbe setzen. Es soll sich alles gegenseitig beflügeln. Gleichzeitig können Konzerte veranstaltet werden, die schon um acht Uhr beginnen. Du hast ein viel größeres Spektrum an Leuten da. Konzert-Publikum trifft auf Restaurant-Publikum und Club-Publikum. Diese Mischung aus Dingen, die scheinbar nichts mit einander zu tun haben, aber trotzdem ein Gesamtbild ergeben, ist sehr spannend. Genau so stell ich mir einen Club vor. Ich glaube, da sind wir recht einzigartig in Wien.

Naja. Versuchen nicht viele Clubs gerade Ähnliches mit Food-Geschichten, Flohmärkten etc?
Nicht so, wie wir uns das vorstellen und hoffentlich jetzt auf den Punkt bringen werden. Ich glaube aber, dass jeder Club oder jedes Lokal hier seinen Platz hat und wir uns mit unserer noch stärkeren Positionierung noch mehr abgrenzen werden. Im Gegensatz zu Pop-Up-Events werden wir einen fixen Restaurantbetrieb und eine stark integrierte Konzert-Schiene fahren. Ab Oktober, November geht das ziemlich steil nach oben und wird ein fixer Bestandteil des Clubs. Dieser Live-Konzert-Betrieb ist wirklich etwas, wo wir viel Energie und Geld reinstecken, technisch viel adaptieren und Partnerschaften mit Agenturen wie Arcadia Live und Skalar eingegangen sind. Die ersten Termine sind schon fixiert. Es kommt eine Konzertwelle angerollt.

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Was für eine Kapazität werdet ihr für Konzerte haben?
Ich würde mal sagen 400-600 Leute. Damit schliessen wir auch eine Lücke bei den Wiener Konzert-Venues. Aber es soll eben auch ab 100 Leuten Sinn machen. Wir können bei sehr großen Veranstaltungen das Restaurant dazu nehmen und das ganze Areal aufsperren. Das passiert aber nur bei wirklich speziellen Anlässen, vielleicht vier bis fünf Mal im Jahr.

Wie ist da der Zeitplan?
Eigentlich stecken wir schon mittendrin. Im Oktober ist die Garage fertig und wir bekommen einen neuen Abgang von den Stadtbahnbögen runter. Der Zugang zum Club wird wieder wesentlich erleichtert. Ebenfalls ab Oktober übergebe ich die Geschäftsführung an Peter Balon und Johannes Piller-Giroud und werde mich dann nur mehr um das Projektmanagement des Umbaus, um die Struktur und Entwicklung kümmern. Im November beziehen wir unser neues Büro mit angeschlossenem Backstage-Bereich für Bands. Das Parkhaus bietet dann auch Platz für die oftmals benötigten Nightliner. Da gibt es mittlerweile eine gute Zusammenarbeit mit der P+R Spittelau. Umbauen werden wir voraussichtlich im Sommer nächsten Jahres. Wir sind gerade dabei alles einzureichen. Bis das Restaurant aufsperrt, vergeht aber noch einiges an Zeit.

OK, das geht jetzt ein bisschen schnell. Peter und Johannes übernehmen die Geschäftsführung? Wie ist die Aufteilung zwischen ihnen?
Peter wird sich eher auf den gewerberechtlichen Teil, also auf die Gastro und auf die Umsetzung der Produktionen konzentrieren. Johannes eher auf Booking, Buchhaltung und Rechnungswesen, also den handelsrechtlichen Teil. Beide arbeiten auf Augenhöhe miteinander und müssen das auch. Die Aufteilung macht Sinn, und mit dieser Doppelspitze wird vieles noch besser funktionieren. Es ist vor allem gut, dass die beiden schon da sind und diese Visionen verstehen und mittragen.

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Das klingt irgendwie nach einem Fünfjahresplan. Also ist die Forelle in Club-Dimensionen fast für die Ewigkeit gebaut.
Sie ist auf jeden Fall gekommen, um zu bleiben. Das ist ein neues Bekenntnis von Eigentümern, Investoren und Geschäftsführung. Diese Vision hier weiterzukommen trägt das gesamte Team. Es ist nicht leicht einen Kulturbetrieb zu führen, wenn du in Österreich lebst und nicht nur Plastik servieren willst, sondern zeitgemäße und knackige Inhalte, die international mithalten können. Die Zeiten sind nicht rosig und werden sicher auch nicht einfacher. Aber der Anspruch an uns selber, wirklich eine Bereicherung für die Stadt darzustellen, Inhalte zu liefern die nicht alltäglich sind, dem werden wir weiterhin versuchen gerecht zu werden. Bloß noch konzentrierter, noch ernsthafter, noch professioneller.

Und ihr wollt mehr Geld verdienen.
Naja… wir wollen wenigstens durchkommen. Die Verkleinerung bedeutet eine Erleichterung. Wenn wir bei jeder Veranstaltung etwas einsparen, und seien es nur 500 Euro, dann rechnet sich das aufs Jahr extrem hoch. Da ist noch viel an Potential vorhanden. Diesen Raum brauchen wir auch, weil wir eben sicher auch weiterhin viele Veranstaltungen umsetzen werden, die nicht unbedingt massentauglich sind. Und diese Veranstaltungen, die uns sehr am Herzen liegen, machen in einer Venue wenig Sinn, die dafür zu groß ist. Darum eben auch dieser Schritt.

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Foto: Veronique Giroud

Wo kommt die Kohle für diesen Schritt her?
Von unseren Investoren. Es ist ja schon zum Start einiges investiert worden. Wir zahlen immer noch jeden Monat einen Betrag zurück, wie bei einem Kredit, einem klassischen Investment. Hier wird auch Buch geführt. Es ist nicht, so wie viele Leute glauben, alles geschenkt und da gibt es Geld ohne Ende. Wir haben natürlich ganz klare Vereinbarungen. Und wir konnten unsere Partner wieder von dem Konzept überzeugen. Das heißt, wir verschulden uns natürlich noch mehr.

Das heißt konkret: Ihr nehmt euch neue Kredite bei den Investoren.
Anders wäre das auch nicht möglich. Gerade wenn du auf diesem Niveau arbeiten möchtest, dir die Bude nicht nach ein paar Jahren auseinander brechen soll und du eine Tonanlage haben möchtest, die wirklich gut und langfristig funktioniert, dann musst du Geld reinstecken. Das spielt sich sehr, sehr langsam über viele Jahre wieder rein. Aber natürlich wird und muss das wieder zurückfließen. Im Grunde können wir natürlich sehr froh sein, dass hier dieses Investment getätigt wird. Es ist sehr schön, dass wir dieses Vertrauen noch haben, dass wir auch ganz klar wissen, hier weiterarbeiten zu können.

Kannst du die Vorwürfe, ihr hättet es aufgrund euer privaten Geldgeber leichter, verstehen?
Ob ich das Geld von einer Bank oder einer Privatperson leihe—am Ende des Tages muss ich es zurückzahlen. Was bei einem Hochrisiko-Unternehmen wie einem Club nicht leicht ist. Natürlich ist es geschissener, eine Bank im Rücken zu haben. Aber auch wir müssen unser Geld zurückzahlen.

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Wird es noch weitere Änderungen geben? Ist das Fotoverbot noch zeitgemäß?
Bei Konzerten werden wir unser Fotoverbot nicht halten können. Bei Club-Veranstaltungen schon, das müssen wir noch entsprechend kommunizieren. Partyfotografen wird es aber trotzdem nirgends geben.

Stand es irgendwann mal zur Debatte, wieder eine strengere Türpolitik zu machen?
An der Tür hat sich alles sehr gut eingespielt. Es geht um die Mischung des jeweiligen Abends und es wird jeden Abend neu entschieden. Das kann man nicht auf ein Gesamtrezept oder unabänderliche Prinzipien runterbrechen.

Schauen wir mal gerade ein bisschen zurück. Gab es Entscheidungen, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt haben?
Ich bin ja ein großer Fan des Scheiterns—auch wenn in Österreich die Leute dazu neigen, mit dem Finger auf dich zu zeigen, denke ich, dass man gerade auch aus Fehlern viel lernt. Wir haben ja sehr viele Beispiele und machen laufend viele Fehler. Ein delikates Beispiel für einen Sprung gegen die Wand: Die erste Terrassen-Saison, wo wir gedacht haben, das funktioniert schon einfach. Hat es aber überhaupt nicht und uns ein im Gegenzug ein saftiges Minus beschert. Das waren aber schmerzhaft-wertvolle Erfahrungen, die uns eben dann schlussendlich zu den FOODIEDAYS gebracht haben, von denen wir diesen Sommer allein 20 unterschiedliche haben.

Wie funktionieren die?
Unterschiedlich gut, aber in jedem Fall als bunte Erweiterung. Die Richtung ist auf jeden Fall gut, und wir können recht unkompliziert das Thema Essen bedienen. Wir haben eine Küche und stellen sie Leuten, die wir interessant finden, zur Verfügung. Und diese jungen Köche, die meistens kein eigenes Lokal haben, können herumprobieren und sich präsentieren. Das ist eine Plattform und macht Sinn. Davon haben wir natürlich auch was, weil wir auch hier spannende Inhalte liefern können und ein Publikum ziehen, das wir sonst nicht hätten. Und die Terrasse und das Riesen-Areal stehem nicht ungenutzt herum.

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Foto: Lukas Gansterer

Imagemäßig ist bei euch sicher immer noch ein bisschen Luft nach oben. Ist da in der Anfangszeit etwas schief gegangen?
Ich glaube, grundsätzlich ist sehr viel richtig gemacht worden. Die Vision war immer schon eine sehr gute. Die Ansprüche haben sich mit dem Team, das ich installiert hab, verändert. Aber das ist bei jedem Projekt so: Du fängst irgendwo an und dann entwickelt es sich. Aber ich weiß natürlich, worauf die Frage abzielt. Die Forelle war halt plötzlich da und sowas gab es in Wien so noch nicht. Vor allem auch von den Investments her. Und das hat vermutlich viele Leute überrascht. Das Konzept des ersten Jahres war extrem konzentriert darauf einen großen Knall auszulösen, was ja definitiv geschafft wurde. Man war sofort in aller Munde. Es war natürlich um einige Genres und Schattierungen schlanker als jetzt. Seit ich dabei bin, habe ich das konstant weitergesponnen und rumgedreht und zu dem gemacht, was es heute ist.

Konnte die Forelle als reiner Techno-Club nicht überleben?
Wie gesagt: Man entwickelt sich immer weiter. Ich bin auch sehr froh, dass ich den Platz eingeräumt bekommen habe, nicht einfach der bestellte Geschäftsführer zu sein, der den Kopf hinhält, sondern hier auch meine Visionen umzusetzen konnte. Die Jungs haben den Club mal aufgesperrt und diesen ersten extrem schweren Schritt gemacht. Dann bin ich eh schon nachgekommen, und seither hat sich konstant etwas geändert. Es ist eine lebende Baustelle.

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Wo zeigt sich dein „Vermächtnis“ noch?
Vermächtnis klingt etwas übertrieben… ich gehe ja nicht in den Ruhestand. Aber ich habe zum Beispiel versucht, den Betrieb grüner zu bekommen. Unsere Gastro dahin zu kriegen, dass wir ordentlich Müll trennen, ein Elektroauto angeschafft und beim Öko-Business Plan mitgemacht. Wir wollen unser Umweltbewusstsein nicht nur vordergründig auf Facebook zeigen, sondern auch innerbetrieblich umsetzen. Weiters gab es ja oftmals schon politische Statements, die manchmal besser, manchmal schlechter angenommen wurden. Die werden natürlich auch fortgeführt werden. Wenn unsere Politiker weniger dilettantisch und die öffentliche Meinung—man muss sich nur mal die Foren oder Social Media anschauen—nicht so latent rechts wäre, würden wir uns ja auch nicht bemüßigt fühlen, uns zu Themen wie der Flüchtlingspolitik oder der FPÖ melden zu müssen. Der Mut, sich auch als Unternehmen für eine menschlichere und offenere Welt einzusetzen, wird aber auch weiterhin bestehen müssen.

Was sind politische Prinzipien, auf die sich jeder bei euch einigen kann?
Ich glaub jeder Einzelne, der bei uns fix im Team ist, hat eine weltoffene Anschauung und strebt nach mehr Toleranz in der Gesellschaft. Dass wir alle Faschismus, Sexismus und Homophobie ablehnen, sollte klar sein.

Wo sind die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede zu anderen Wiener Clubs?
Zum einen haben natürlich alle irgendwo die selben Probleme. Sei es die Vergnügungssteuer, die Quellsteuer, Anrainerbeschwerden oder die tückische Auflagen diverser Magistrate. Da gibt es natürlich einen Austausch. Am Ende des Tages kocht trotzdem jeder sein eigenes Süppchen und geht seinen eigenen Weg. Fluc, Auslage, Pratersauna, Werk, Arena, Flex und wie sie alle heißen sind alle auf ihre eigene Art großartig und sollen auch bestehen.

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Wer überlebt die nächsten fünf Jahre?
Du glaubt nicht ernsthaft, dass ich hier jetzt Namen nenne, oder? Die Clublandschaft wird in fünf Jahren auf jeden Fall anders ausschauen als jetzt. Es werden Clubs zusperren. Es werden aber auch wieder welche aufmachen. Da ist schon einiges in Planung, von dem ich weiß. Wir werden aber garantiert bleiben.

Glaubst du, dass das Gebiet um die Spittelau aufleben wird?
Darüber haben wir uns natürlich auch Gedanken gemacht. Die Entwicklung des Donaukanals im Zentrum ist quasi abgeschlossen. Die Stadt breitet sich aber aus, und das wird auch vor Spittelau nicht haltmachen. Es ist jetzt schon spürbar. Es gibt den Dachsbau, es gibt die 4youreyes, es gibt das Werk, es gibt uns. Die Gegend hat sich in den letzten Jahren schon immens verändert und wird dies auch weiterhin. Die Bespielung der nächsten vier Stadtbahnbögen neben dem Werk ist auch schon in Arbeit.

Die Entscheidung zum Umbau ist ja quasi auch deine letzte Entscheidung als Geschäftsführer. Scheißt du dich an?
Nein, eigentlich nicht. Auch weil ich sehr realistisch bin. Das sind natürlich sehr langwierige Prozesse, aber ich freue mich darauf. Wenn der Umbau nächstes Jahr startet und wir das übernächstes Jahr am Boden bringen, dann bin ich schon sehr zufrieden. Wenn wir dann in zwei Jahren sagen können: „OK, passt, das war der richtige Schritt“, die Umsetzungen funktionieren und angenommen werden, ist das noch besser. Aber das dauert und wird vermutlich nie ein Ende nehmen. Aber im Grunde bin ich völlig überzeugt von dem großen Ganzen. Wir können alles, was wir in den letzten Jahren angefangen haben, jetzt noch überzeugender umsetzen und hoffentlich auch endlich ein bissi ankommen.

Jonas ist auf Twitter: @L4ndvogt

Mehr über Wiener Clubkultur aus unserem Archiv? Gerne doch. Hier ein Ausschnitt:

Ein Interview mit der Pratersauna

Ein Interview mit dem Booker der Grellen Forelle

Ein Interview mit der Kantine

Die vollständige Geschichte des Flex der letzten 20 Jahre

Wiens schwule Partyszene

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