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Die Abgründe meiner iTunes Mediathek

Mein Computer ist seit 2008 in meinem Besitz – in dieser Zeit trägt sich sehr viel Schreckliches zusammen.

Die eigene iTunes-Mediathek ist eine furchtbare Sache. Sie deckt schonungslos auf, was für schreckliche Verbrechen an der Musik man sich in den letzten Jahren gekauft, gesaugt oder – noch schlimmer – angehört hat. Menschen lügen, Mediatheken nicht.

Mein Computer ist seit 2008 Teil meiner digitalen Unterwelt, nicht mehr der Verlässlichste und voll mit Musik, von der ich nicht mehr weiß, wie sie überhaupt da drauf kam. Ich habe mich meiner iTunes Mediathek ausgesetzt und mir angsterfüllt angeschaut, worauf ich im Shuffle-Modus so treffe. Dabei habe ich mich teilweise gefühlt wie ein Astronaut in einem SciFi-Horrorfilm, der ein verlassenes Raumschiff durchstreift. Hinter jeder Ecke könnte ein schleimiger Space-Wurm oder ein Track von Alle Farben lauern.

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Meine ursprüngliche Idee war wohl etwas wahnsinnig: Mich 36,6 Tage in meiner Wohnung einzusperren, mir jeden einzelnen Track anzuhören und zu dokumentieren wie ich dabei durchdrehe, verkomme und von einem Mensch zu einer manisch-depressive Hülle werde, die nie wieder Musik hören möchte. Gut also, dass ich Kollegen habe, die mir nahegelegt haben, dass eine Stunde möglicherweiße reichen wird. Hier also das ungeschönte Protokoll einer Stunde Shuffle-Modus:

Fairmont – "Bikini Atoll"

Den Song höre ich gerade zum ersten Mal. Von Fairmont kenne ich nur "Flight of the Albatross". Wie "Bikini Atoll" in meine Mediathek kam, ist mir allerdings nicht klar.

Bon Iver – "Creature Fear (Daytrotter Session)"

Wie langweilig. Don´t get me wrong: Ich liebe Bon Iver, aber bei den 36,6 Tagen Musik, die ich horte, hätte gerne etwas abwegigeres kommen können. Wäre ich jetzt nicht im Büro, würde ich vermutlich losheulen, mich betrinken und mir die restliche Zeit nur noch extrem traurige Songs anhören. Noch eine ganze Minute…Nervt. Ach Bon Iver, du Dieb meines Herzens, du Weichspüler meiner kalten Seele, du nervst.

Hope of the States – "Everything for Everyone"

Holy Shit, ist das schlecht. Der Junge sollte mal Gesangstunden nehmen. Warum ich das drauf habe? Keine Ahnung, vielleicht hab ich das auf die CDs gebrannt, die ich heimlich den Leuten zugesteckt habe, die ich nicht ausstehen konnte oder die gemein zu meinen Freunden waren, um ihnen mit beschissener Musik zu sagen, wie beschissen sie sind. Ja, der Song war da bestimmt drauf.

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Björk – "The Modern Things"

Das mit Björk ist so eine Sache. Ich respektiere sie sehr, aber ich kann sie mir in der Regel nicht länger als zwanzig Minuten anhören. Dennoch habe ich mir ihre Alben jedes Mal, ähm, gekauft. The Modern Things ist nicht mein nächstes Lieblingslied. Löschen werde ich es danach vermutlich aber auch nicht, weil das eine schändliche Tat ist. Niemand darf Björk löschen.

DJ Jago meets Yoshy – "The Beat Goes Bam!"

Wie soll ich das nur erklären…Ich schätze mal ihr könnt das Thema der Bad Taste-Party erraten, für die ich dieses Lied damals besorgt habe.

The Beach Boys – "Hully Gully"

Danke Philipp. So heißt der Typ, der mir meine Mediathek mal mit Beach Boys-Sachen zugespamt hat, um mich zu überzeugen, dass meine Wut auf diese Band total ungerechtfertigt ist. Außerdem meinte er, dass ein Mensch, der die Beach Boys nicht mag, kein guter Mensch sein kann. Diese fröhliche Musik hat mich damals wirklich sehr genervt. Mittlerweile bin ich alt, koche so Zeug wie Spargel, fahre gerne aufs Land und mag die Beach Boys.

Kosheen – "Wasting My Time"

Kosheen mochte ich zu der Zeit, als ich noch Outfits im Stile Brian Molkos nachgekauft habe, um wie er auszusehen und das erste schwule Mädchen Kärntens war. Zurück zu Kosheen: dieser Song ist billiger als die Lugner City. Kosheen kann man löschen. Kosheen wird auch gelöscht. Für die letzte Minute drehe ich jetzt den Ton ab.

John Maus – "North Star"

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Ich vergöttere John Maus. Er ist der schärfste Musiker der Welt. Seine Texte sind urkomisch und bringen mich immer zum Lachen. Zum Beispiel wenn er singt: In disgust I watch the children play. Ach, Mausi…Ich bin sehr traurig, dass das Lied keine drei Minuten lang ist. Fuck you, iTunes.

Roll The Dice – "Swing"

OK, noch höre ich nichts. Shit, das Lied ist verdammte zehn Minuten lang. Ich habe mir mal eingebildet, dass ich Roll The Dice sehr gerne mag, leider habe ich mittlerweile vergessen, wie die überhaupt klingen. Vermutlich habe ich damals in meinem schwedische-Musik-Fieber runtergeladen. Einer der beiden heißt Pardon.

Herbert Grönemeyer – "1000 Mal berührt"

Das ist doch gar nicht von Grönemeyer? Oder? Weiß nicht, ist mir auch egal. Es ist schrecklich. Und falsch geschrieben.

Martyn – "Is this Insanity?ft. The Spaceape

Wff. Was soll das sein. Klingt nach Faithless für Arme. Einem Typ, der Spaceape heißt sollte man generell nicht trauen. Dubstep ist halt echt nicht meines. Ich will, dass es aufhört.

Atmosfear – "Dancing in Outer Space(Greymatter Rework)"

Bis jetzt der schlimmste Song. Wenn der Typ mich noch einmal zum Tanzen auffordert setzt es was. Daran ist alles falsch. Ich glaube aber, dass nur das Rework so schrecklich ist. Natürlich sind miese Lieder immer länger, als die Lieder die man mag.

INXS-Don´t Change

Casiotone For The Painfully Alone – "Cold White Christmas"

Warum? Schon der zweite Weihnachtssong. Casiotone For The Painfully Alone macht das aber ganz gut – ich merke kaum, dass es sich um ein Weihnachtslied drehen sollte, würde ich nicht auf den Text hören.

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Avenue D – "Do I look like a Slut?"

Damals mit 15 war das eines meiner Lieblingslieder – heute finde es schrecklich, finde aber, dass ich damals wirklich cool war.

JJ72 – "Formulae"

Wieder so eine Band von damals. Eine dieser Bands bei der man nicht weiß, ob da ein Mann oder eine Frau singt. Ich mochte die Band recht lange nicht, weil ich dachte, dass das eine Frau singt, kam dann aber drauf, dass ein Typ singt und fand sie großartig. Und ja: ich mag ich sie mittlerweile nicht mehr, weil ein Typ singt.

MGMT – "Kids"

Das ist das Universum, das mir sagen will, dass ich jetzt aufhören sollte, wenn ich von Songs wie "Kids" verschont bleiben möchte.

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