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Der Noisey Survival Guide für die Street Parade 2015

Am kommenden Wochenende geht die Street Parade in eine weitere Runde und Raver aus der ganzen Welt stürmen hierzu die Hochburg des Beat-Umzugs, der unter dem Deckmantel eines nicht allzu kreativen Mottos stattfindet: Magic Moments.Oh ja, Magic Moment

Alle Fotos von Evan Ruetsch

Am kommenden Wochenende geht die Street Parade in eine weitere Runde und Raver aus der ganzen Welt stürmen hierzu die Hochburg des Beat-Umzugs, der unter dem Deckmantel eines nicht allzu kreativen Mottos stattfindet: Magic Moments. Oh ja, Magic Moments wird es geben. Magic Moments gab es auch schon in den vergangenen Jahren. Es ist fast schon irrwitzig, wie positiv hier das Wort „magisch“ verwendet wird.

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Für einige mögen erstklassige Sets von erstklassigen DJs für magische Augenblicke gesorgt haben, für die anderen der Kater am nächsten morgen, der zauberhafte Kopfschmerzen beschert hat. Aber die Street Parade kann noch mehr: Sie kann dein im Technobeat schlagendes Herz fressen. Dich deinen zugeballerten Kopf verlieren lassen. Dein Untergang sein. Damit du als Rave-Frischling die Street Parade ohne schlimmere Verletzungen, toxische Vergiftungen oder einen ungewollten Penis in der Glutealregion überstehst, solltest du dich an unseren Survival Guide halten:

Alkohol

Dass du Alkohol trinken musst, ist eine logische Schlussfolgerung des Entscheids, einen Fuss an die Street Parade zu setzen. Es gibt auch keine Situation, in der du Alkohol notwendiger haben könntest, ausser vielleicht hochprozentigen Schnaps, wenn du deinen Arm in einer verzwickten Lage selbst amputieren musst. Wobei, die Szenarien sind doch eigentlich vergleichbare Notlagen.

Trotzdem solltest du dir die positive Wirkung von Alkohol zunutze machen und dich nicht von Anfang an vergiften. Starte mit Bier. Und bleib dabei, solange du kannst. Der Haken an der Sache ist, dass schon der blosse Bier-Konsum deine Geldbörse ordentlich bluten lassen wird, solltest du keinen reichen Papi haben, oder nicht mit deinem reichen Papi an die Street Parade wollen. Das gleiche gilt für reiche Mamis oder das Vergessen der elterlichen Kreditkarten. Also überleg dir, welcher deiner Freunde möglichst zentral wohnt, betone, ihm bis ans Lebensende etwas schuldig zu sein und bitte um einen Zweitschlüssel.

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Füll seinen Kühlschrank mit Bier und rave nicht allzu weit entfernt um die Häuser. Wenn dein Freund nicht mitmachen mag, solltest du dir ein verdammt gutes Bier-Versteck suchen. Keine Büsche, da wird reingepinkelt! Harten Alkohol kannst du dir nicht leisten. Wenn du trotzdem welchen trinken möchtest, bereite eine Portion Proviant in einer Petflasche vor. Vergiss die Stände, die Caipirinhas, Mojitos und sonstige Fusel-Schleudern verticken. Da ist im besten Fall ein Fingerbreit Alkohol drin.

Drogen

Ja, Drogen sind der wahre Grund dafür, dass ein relevanter Teil der Streetparade-Besucher so gut drauf ist. Nein, nicht die super offene Techno-Community, auch nicht die vielen Verkleidungen oder die Freizügigkeit. Der Grund für die verbreitete, gute Laune ist der, dass ein überdurchschnittlich grosser Anteil der Besucher dieses Grossanlasses auf chemischen Muntermachern ist. Jetzt kannst du kommen mit, wie offen Techno und aus der Schwulenszene und sowieso die freundlichste Musik der Welt ist und alles so international und friedliche Kultur und so weiter, da magst du auch Recht haben.

Ich kann dir einfach mit Sicherheit sagen, dass wenn ein proportional grösserer Teil des feiernden Volkes auf Drogen ist, die sie zu freundlichen und glücklichen Menschen machen, wird dir die gesamte Kultur und der ganze Anlass eher als freundlich und glücklich reinkommen. Während der Streetparade ist es in Zürich im Wesentlichen gesellschaftlich toleriert, Drogen zu nehmen. Das wissen aber auch die Oberländer Kleindealer, die in der Streetparade den idealen Zeitpunkt finden, ihr gepresstes Backpulver und die Medikamente von der Grossmutter zu horrenden Preisen an feierwütige Touristen zu verticken. Darum: Kauf deine Drogen vor der Streetparade bei einem guten Bekannten oder dem Dealer deines Vertrauens und niemals, keinesfalls an der Streetparade. UND: Wenn du Drogen nimmst, mach das verdammt nochmal verantwortumgsbewusst und nicht zum ersten Mal an einem Grossanlass. Trink genügend Wasser, häng nicht den ganzen Tag in der prallen Sonne rum und geh um Himmels Willen nicht schwimmen.

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Kommunikation

Lass dein Telefon zuhause, wenn dir was daran liegt. Du wirst es verlieren. Es wird nass werden. Zürich hat einen ziemlich grossen See und Raver sind nicht gerade dafür bekannt, ihresgleichen wie rohe Eier zu behandeln. Wahrscheinlich reicht auch einfach ihr Schweiss, um deinem Handy einen Wasserschaden zuzufügen. Sonst wird das Netz ohnehin überlastet sein. Hunderte Betrunkene werden ihre hundert Freunde verlieren und versuchen sie zu erreichen. Sei nicht so ein Idiot. Verabrede dich mit deinen Freunden zu einer genauen Zeit, an einem genauen Ort. Und wenn sie nicht da sind, dann atme durch. Auch alleine kann man Spass haben.

Wenn du Glück hast, lernst du sogar neue Leute kennen, es sind nicht nur Zürcher vor Ort!

Angemessene Kleidung

Kostüme sind ok, wenn du ein Tourist oder über Vierzig bist oder wenn du den Anschein machen willst, eines von beidem zu sein. Das zentrale Problem an den Kostümen ist nicht etwa, dass sie peinlich sind oder dass sie einen einer der beiden genannten Gruppen zuordnen. Das Problem mit den Kostümen ist, dass sie so verbreitet sind. Das Element des Kostümierten war ursprünglich als Abgrenzung gedacht, Leute die sich frei genug fühlten, sich vor „den anderen“ „den Spiessern“ „den Langweilern“ usw. abzugrenzen, zu sagen: Wir sind hier! Und erkennbar.

Darum haben sich die Subkulturen, die anfangs die Streetparade erkämpft haben wie die Neon-Nachgeburt von He-Man verkleidet—das waren Helden. Sich verkleiden war ein Statement der Abgrenzung und gleichzeitigen Zugehörigkeit. Die Technojünger von damals taten dies, weil sie sich was trauten, insbesondere weil sie sich trauten anders zu sein und zu diesem Anders-sein stehen wollten, es gar durch Spandex-und Bodypaint gewordene Geschmacklosigkeit in die Welt hinausschrien. Das ist heute anders, heute gehören Kostüme den Spiessern, die sich einmal im Jahr „so richtig gehen lassen“ wollen. Es ist nicht mehr so, dass jemand anders ist, der sich an der Street Parade verkleidet, sondern alle sind eben wieder gleich, weil verkleidet. Und genau das macht die Streetparade zur Fasnacht, die wir Zürcher sonst (aus gutem Grund) nicht haben.

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Es ist schon lange nicht mehr so, dass sich eine Subkultur für einen Tag die Stadt erobert, sondern das Spiessertum verkleidet sich und tut so, als wäre es die Subkultur. Wenn du dich allerdings da zugehörig fühlst, verkleide dich so feste wie du magst. Ansonsten und auch für Zürcher gilt: Vergiss deine Flipflops. Ausser du magst zerschnittene Füsse. Und benutz Deo, auch wenn Deo wohl keine offizielle Kleidung darstellt. Aber dieser Satz musste unbedingt irgendwo platziert werden.

Meide die Wagen

Ja, die Wagen sind sowas wie technoide Rattenfänger der Streetparade-Selbstlegitimation. Solange die Wagen Gefolgschaft haben, hat Tele Züri Bilder, haben die Leute was zu gaffen, haben die Oberländer Pole-Tänzerinnen jemanden, der ihnen zuschaut und der ganze Lebenszyklus der Technochilbi funktioniert. Davon willst du vermutlich kein Teil sein. Deshalb sei achtsam. Du wirst kaum durch die Stadt kommen, ohne mindestens zu trinken. Die Alternative wird dein wenigstens minimal geschmacksgewohnter Verstand einfach nicht mitmachen. Wenn du trinkst (also beispielsweise ein Bier in der Hand hast) und nur sehr langsam vom Fleck kommst, flanierst du bereits.

Während dem flanieren wird dir auffallen, wie die Sounds durchmischt werden, also du keinen ganzen Track zu hören bekommst. Das wird mindestens deinem Unterbewusstsein arg auf die Nerven gehen. Dann läuft plötzlich ein Track den du magst. Du wirst dich, ohne es zu merken, in dessen Richtung bewegen, schon alleine da du eh in die Richtung musst. Dann hast du zum ersten Mal einen ununterbrochenen Track gehört und es gibt einen Übergang, den du mitbekommst, unzerrissen nicht verscheppert. An dem Punkt läufst du vermutlich schon irgendeinem Wagen hinterher und dein torkelnder Hinterkopf ist Teil des Streetparade-Recaps von nächster Woche, das gefühlte 80% des Programms ausmachen wird. Beware!

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Pipi-Gelegenheiten

Männlein: Lucky you!

Weiblein: Vergiss es… Auch Kellner zu bestechen, wird an der Streetparade nicht funktionieren. Ein paar Restaurants verlangen 2 Franken für den Klo-Gang. Es sind die Fränkli aber allemal wert, wenn sie dich überhaupt reinlassen!

Sehenswerte DJs

Musikalische Leckerbissen hat die Street Parade doch zu bieten. Um wirklich gute Musik um die Ohren gehauen zu kriegen, muss man allerdings wissen, wo diese gespielt wird. Und man muss sich vom Glauben verabschieden, dass die Parade ganz im Zeichen des Technos steht. Wer Deep House mag ist bestens bedient. Mit Animal Trainer, Nina Kraviz, Tale of Us und Jimi Jules sind nur ein paar Namen genannt. Natürlich geht es auch richtig kommerziell: So ist Robin Schulz das Aushängeschild des poppigen und melodiösen Deep Houses. Härter spielen Tujamo und Fedde le Grand und irgendetwas zwischen drin hat vor allem Oliver Heldens mitgeprägt: Den Future House. Wenn du also Präferenzen hast: Bereite dich vor. Google kennt die Stage und die Playtime jedes DJs. Wenn du dich einfach an den Strassenrand stellst, dann jammere nicht, dass du zu viel EDM abbekommst.

Vermeide deinen Tod

Die grösste Wahrscheinlichkeit zu sterben, hast du bei unkontrolliertem Drogenkonsum. Was du hierbei berücksichtigen solltest, hast du aber mittlerweile unter „Drogen“ nachgelesen. Ansonsten solltest du es vermeiden, auf Kletterausflüge zu gehen. Auch während der Street Parade stehen die Fahrleitungen des Öffentlichen Verkehrs nämlich unter Starkstrom. Die Musik sollte ausreichend elektrisierend sein. Auch Schwimmen ist keine tolle Idee. Vor allem nicht unter Drogeneinfluss (nochmal: „Drogen“ ist der wichtigste Abschnitt!).

Street-Parade-Alternativen

Diese Überschrift klingt so, als bräuchte man für die Streetparade Alternativen, weil es ohne Alternativen ja kaum möglich ist, nicht an die Streetparade zu gehen. So, als ob man an dem Tag aufstehen würde, in den Spiegel schaut, sich fragt: „Hab ich Alternativen zur Streetparade?“ dann herausfindet, dass man keine hat und deshalb gezwungenermassen die Federboa umschmeisst und ans Zürcher Seebecken trampelt. Die ganze scheiss Welt ist eine Alternative zur Streetparade! Aber du erwartest unter diesem Titel vermutlich Tipps, um deinen Nachmittag zwar mit elektronischer Musik, aber nicht mit dem Kevin aus dem Entlebuch zu verbringen. Da seien dir die diversen privaten Roof Top Partys ans Herz gelegt. Die bringen wegen ihrer Privatheit bereits die wichtigsten Grundfaktoren mit dem Design mit. Selbstredend gibt es auch im öffentlichen Raum Veranstaltungen, die sich lohnen, wie beispielsweise das Strandbad Mythenquai, wo ab 17 Uhr u.a. Animal Trainer und Jimi Jules spielen. Abends sei dir das Kulthotel Helvetia ans Herz gelegt.