FYI.

This story is over 5 years old.

Noisey Blog

Das Schlimmste am Fortgehen ist das Einschlafen in den Öffis

Es ist die Hölle. Aber ich komme nicht davon weg.

Foto: Flickr | Jose Antonio Navas | CC-BY 2.0

Mein Name ist Jonas, ich bin 30 Jahre alt und Narkoleptiker. Also eigentlich bin ich natürlich nicht Narkoleptiker, aber meine Freunde nennen mich gerne so, weil ich in schöner und beachtlicher Regelmäßigkeit auf dem Weg nachhause vom Fortgehen in den Öffis einschlafe. Ich könnte behaupten, ich hätte mich in den letzten 15 Jahren ein bisschen daran gewöhnt. Aber es stimmt nicht. Es suckt eigentlich genauso wie am ersten Tag.

Anzeige

Als ich noch bei meinen Eltern gewohnt habe, musste ich am Wochenende, wenn ich in Köln ausgehen wollte, immer mit dem Nahverkehrszug zurückfahren. Ich wohnte im Speckgürtel, und es war eigentlich echt überhaupt kein Problem: drei Stationen, zehn Minuten Fahrzeit. Das kann man eigentlich problemlos wach bleiben. Also „man“ eh. Ich nicht. Ich pendelte also zumindest zweite Wochenende fröhlich zwischen den beiden Endstationen hin- und her, wurde gelegentlich geweckt, brummte vor mich hin und schlief wieder ein, bis ich irgendwann durch Zufall bei meiner Haltestelle aufwachte. Nachdem der Zug insgesamt nur eine Fahrzeit von 45 Minuten hatte, war das Problem zwar existent, aber nicht lebensbedrohlich. Ich bin zwar gelegentlich auch an sehr obskuren Plätzen und in anderen Bundesländern aufgewacht, ohne mich an das Umsteigen erinnern zu können, insgesamt war das überschaubar.

Als ich nach Wien kam, verschärfte sich das Problem aus irgendwelchen Gründen. Ich weiß auch nicht warum. Vielleicht schlafe ich zu wenig. Vielleicht trinke ich zu viel. Vielleicht bleibe ich zu lange. Vielleicht sind die Wege in Wien auch zu „weit“ (haha, ich weiß eh). Wahrscheinlich ist es ein bisschen was von allem. Aber aus irgendwelchen Gründen laden mich die Wiener Öffis, sei es die U6, sei es der 2er oder der 48a, immer wieder dazu ein, doch einfach mal sinnlos 1,5 Stunden schnarchend meine Runden zu drehen.

Anzeige

Ja, auch hier bin ich schon aufgewacht

Grundsätzlich passiert da (zumindest als Mann) eher wenig. OK, mir ist jetzt schon zwei Mal das Handy geklaut worden, aber da bin ich ja auch irgendwie selber schuld. Beim ersten Mal war es ein Klassiker: Ich schaute noch irgendwelchen Mist auf Facebook, schlief mit dem Handy in der Hand ein und wachte mit leerer Hand auf. Beim zweiten Mal hatte ich mehr Glück: Als ich gegen 6:30 Uhr aus dem Bus geschmissen wurde (ja, die Mitarbeiter der Wiener Linien werfen einen normalerweise beim 2. Aufwecken raus, was eh voll verständlich ist) waren alle meine Taschen leer. Nur den Schlüssel hatte ich noch. Ich beschloss, das Problem vorerst zu irgnorieren, und legte mich ins Bett. Als ich um 14:30 Uhr aufwachte, hatte ich schon ein freundliches Mail von der Polizeistelle im Zweiten Bezirk: Man hätte zwei Typen mit meinen Sachen am Praterstern aufgegriffen, ich könnte mir alles abholen kommen. Wirklich sehr viel Glück und sehr gute Polizeiarbeit.

Seitdem die Stadt Wien die U2 bis Seestadt verlängert hat, ist mein Leben deutlich komplizierter geworden. Ich war schon mehrfach in der Seestadt, allerdings kann ich mich daran nur dunkel erinnern. Und der Weg von dort zurück ist auch immer lang genug, um wieder einzuschlafen. Ich kenne die Endstationen der verschiedenen Wiener U-Bahn-Linien sehr gut. Ich warte auch nur noch auf den Tag, wo mich mal einer der Fahrer mit Namen begrüßt. Was hier alles so lustig klingt, ist in Wahrheit irgendwie ziemlich nervig. Es verlängert das Fortgehen nämlich immer um 2-3 Stunden, in denen man zwar schläft, aber eben nicht gut. Und man sitzt dann gerne schon zwischen Menschen, die ihrem normalen Tagwerk nachgehen und schämt sich.

Ich glaube, die einzige Lösung dafür heißt: sich nicht mehr hinsetzen. Nicht mehr anlehnen. Nur noch ein Taxi nehmen. Handyvideos schauen. Oder einfach ganz auf der Couch bleiben. Was ich aber eigentlich damit sagen möchte: Öffi-Schläfer—ihr seid nicht allein.

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.